Qualitätsjournalismus – ein weißer Schimmel steigt auf?

Von Sebastian Köhler

1.) Betrachten wir die Verhältnisse von tradierten Medien und Netzverkehr und die Rolle des Journalismus da wie dort, finden wir im ohnehin höchst lesenswerten Universal-Nachdenkbuch „Der Implex“ von Dietmar Dath und Barbara Kirchner über sozialen Fortschritt (Suhrkamp Frankfurt/M. 2012, S.317) einen feinen Impuls: Erklärungskräftiger als Walter Benjamins Motiv, wonach in den alten Medien die neuen steckten, erscheint den Autoren – bei aller sonstigen Nähe zu Argumenten Benjamins – die These von Herbert Marshall McLuhan, der zufolge der Inhalt neuer Medien die alten seien (seinerzeit Theater im Fernsehen, Fortsetzungsroman in der Zeitung etc.). Kein Wunder daher, dass sich der Netzverkehr am tradierten Journalismus bedient und ihn in den neuen Formen und Verbreitungswegen des Internets zum Inhalt macht. Der hier freilich in der Turing-Galaxis, gemessen an den Maßstäben aus Print-Ära und Gutenberg-Galaxis, viel schwerer einzeln verwertbar erscheint denn bisher als Doppelcharakter von Ware und Kulturgut überwiegend aus privatwirtschaftlichen Verlagshäusern. So lässt sich medientheoretisch zum Beispiel der Kern der aktuellen Konflikte zwischen Konzernen wie Google und Konzernen wie Springer besser verstehen.
2.) Google rief in dieser Woche die Nutzer auf, „Dein Netz“ zu verteidigen insbesondere gegen die aufziehenden Bezahl-Ansprüche tradierter Zeitungsverlage in Deutschland unter dem gerade im Bundestag debattierten verlegernahen Label „Leistungsschutzrecht“. (http://kress.de/mail/alle/detail/beitrag/119052-grosse-kampagne-gegen-das-leistungsschutzrecht-google-ruft-nutzer-auf-ihr-netz-zu-verteidigen.html, Aufruf am 28.11.12, 17.30 Uhr). Nun wäre es ja schön, wenn das Netz „unser“ wäre – aber wie die Dinge liegen, ist es doch weit mehr und eher das Netz von Google als z.B. „meines“. Die beiden großen Verlegerverbände in Deutschland reagierten erwartbar: Sie verurteilen das Agieren des – bei den allgemeinen Suchmaschinen mit Abstand marktbeherrschenden – Internet-Konzerns Google als eine „Kampagne gegen das Leistungsschutzrecht“ und „üble Propaganda“ . Google arbeite mit perfiden Methoden, um Angst zu verbreiten ( http://kress.de/mail/alle/detail/beitrag/119061-reaktion-auf-google-kampagne-zum-lsr-bdzv-und-vdz-sprechen-von-uebler-propaganda.html, Aufruf am 28.11.12, 18.09 Uhr). Zwischen der Scylla der neuen Konzerne wie Google oder Facebook und der Charybdis der alten Verleger-Platzhirsche versucht Berufsvertreter Michael Konken zu segeln, der DJV-Vorsitzende: Wichtig sei, dass die Interessen der Journalistinnen und Journalisten als der Urheber der publizistischen Leistungen fair berücksichtigt werden.
3.) Der Vorstandsvorsitzende des Springer-Verlages, Mathias Döpfner, schreibt in der „Welt“, der Journalismus habe seine besten Zeiten noch vor sich (http://www.welt.de/debatte/article111363883/Der-Journalismus-hat-das-Beste-noch-vor-sich.html, Aufruf am 28.11.12, 18.20 Uhr): Döpfner meint dort: „Unabhängig recherchierter Journalismus hat seinen Preis und seinen Wert.“ Abgesehen von Fragen nach Gebrauchswert oder Tauschwert erhebt sich hier das Problem des „weißen Schimmels“: Denn was sollte Journalismus sonst sein, wenn nicht von vornherein und jedenfalls recherchiert, und das bitte auch möglichst unabhängig? Das sind Aspekte der journalistischen Basis-Arbeit, die anscheinend weder die Chefs von Springer noch die von Google besonders interessieren.
4.) In der 14-Uhr-Ausgabe vom Do., 22.11.2012, der „Tagesschau in 100 Sekunden“ hieß es, beide Konfliktparteien in Nahost „halten sich scheinbar an die Waffenruhe“. Mir schien, dort war ganz klar „anscheinend“ (oder „offenbar“ etc.) gemeint – „scheinbar“ hieße ja, es wäre nicht so, und der An-Schein trüge. Doch das war hier anscheinend nicht gemeint, oder? Ich schrieb eine Mail an die Redaktion von „ARD aktuell“ in Hamburg, und der Erste Chefredakteur Dr. Kai Gniffke antwortete „mit herzlichem Gruß: „Bingo, Herr Professor Köhler, anscheinend haben wir hier ungenau formuliert.“. Und wenn der Schein nicht trügt, ist es nicht sinnlos, sich auch per Rückmeldung am Journalismus zu beteiligen – Interaktivität und Austausch auf Augenhöhe hier nicht nur als trügererischer Schein.

Marktbeherrschung oder Insolvenz?

Von Sebastian Köhler
1.) In der deutschen Tageszeitungslandschaft scheinen derzeit nicht nur einzelne Länder zu verschwinden (wie die Frankfurter Rundschau und die Financial Times Deutschland), sondern sich ganze Kontinente zu verschieben. So wollen, trotz oder wegen aller Kürzungsbestrebungen wie im Verlagshause DuMont Schauberg (Köln), acht deutsche Regionalzeitungsverlage einen Mega-Vermarkter gründen: (http://kress.de/mail/alle/detail/beitrag/118946-acht-regionalverlage-gruenden-medienhaus-deutschland-mega-vermarkter-soll-tageszeitungen-staerken.html, Aufruf am 21.11.12, 17.02 Uhr). Zu den sieben regionalen Tageszeitungsverlagen, die seit neun Monaten eine gemeinsame nationale Vermarktung planten, stieß der (nicht gerade typische Regionalzeitungs-) Verlag Axel Springer (mit „Hamburger Abendblatt“ und „Berliner Morgenpost“) noch hinzu zum „Medienhaus Deutschland“. Eine ganzseitige Anzeige soll bei rund 5 Millionen Gesamt-Exemplaren Auflage und damit einer Reichweite von etwa 14 Millionen Nutzern ca. 625.000 Euro kosten. Dabei sind viele der wichtigen deutschen Verlage (neben Springer also DuMont, WAZ-Gruppe, Rhein Main, Madsack, Zeitungsgruppe Stuttgart, ACN Düsseldorf und Pressedruck Augsburg), womit sich die Zustimmung durch das Bundeskartellamt nicht ganz einfach gestalten dürfte. Denn das Motto sollte ja nicht sein: „Entweder wir arbeiten quasi marktbeherrschend – oder wir melden Insolvenz an.“
2.) Doch es geht printmedial auch anders, wie der Verlag Burda beweist: Die Zeitschriftensparte soll dort im Jahr 2012 für eine Rekord-Rendite sorgen. Vorstand Philipp Welte wird vom „Handelsblatt“ zitiert, dass die Umsätze stabil blieben, während die Profitabilität steige und im Bereich von 15 bis 20 Prozent liege (vgl.http://kress.de/mail/tagesdienst/detail/beitrag/118941-zeitschriftenerloese-von-rund-650-mio-euro-burda-soll-rekordrendite-erzielen.html, Aufruf vom 21.11.12, 17.20 Uhr). Das heißt auch hier nichts anderes, als das Kosten nicht zuletzt für die Ware Arbeitskraft gesenkt worden sein dürften – anders sind solche Ergebnisse kaum zu erzielen. Laut „Handelsblatt“entfällt übrigens bei Burda insgesamt mehr als die Hälfte der Gesamterlöse auf digitale Geschäfte, bei den deutschen Verlagen des Medienkonzerns mache dieser digitale Anteil immerhin bis zu 15 Prozent aus.
3.) In der „Berliner Zeitung“ vom 8.11. steht auf der Titelseite zum Thema, dass deutsche Inflationängste unbegründet seien, dann in der Meldung: „Die Wirtschaftsweisen betonen in ihrem Jahresgutachten, dass derzeit kaum Gefahr für die Preisstabilität bestünde.“ Da sich die BLZ seit einiger Zeit leider auch bei ihren Meldungen auf Seite 1 jede Quellenangabe „spart“ (also gestrichen hat), weiß ich nicht, woher der Fehler stammt – jedenfalls bestehe beim Verbmodus meinerseits Erklärungsbedarf.

Viele Enttäuschte? Der Journalist als Fan

Von Sebastian Köhler
1.) Mit der traditionsreichen „Frankfurter Rundschau“ scheint es zuende zu gehen. Einer der früheren Chefredakteure, der ausgewiesene Linksliberale Wolfgang Storz (leitete das Blatt von 2002 bis 2006), sieht das besondere Problem der „FR“ darin (vgl. junge Welt, 14.11.2012, S.2), dass gerade unter den neuen Mehrheitseigentümern seit 2010, der Verlagsgruppe Dumont-Schauberg, ein ziemlich aussichtsloser Spagat versucht worden sei: Sowohl die regionale Berichterstattung im Rhein-Main-Gebiet als auch die überregionale sollten mit sinkenden Ressourcen sogar ausgebaut werden – Storz sieht darin die FR-Krankheit, auf zwei schwachen Beinen stehen zu sollen. Zudem habe es unter den Kölner Verlegern eine Abkehr von der klar linksliberalen Profilierung gegeben: „Stammleser wurden vertrieben, neue aber nicht hinzugewonnen“ (kann man denn auch weggewinnen? Aber okay – hier nicht der Hauptpunkt – SeK). Die „Berliner Zeitung“ aus demselben Großverlag scheint nun auch zu wackeln, der Financial Times Deutschland geht es ebenfalls schon länger kaum gut. Läuft es in der Tendenz auf die Print- oder Online-Modelle von Wochenzeitungen wie „Zeit“ und „Freitag“ hinaus? Mehr Zeit, mehr Hintergrund, mehr Meinung? Als Slow-Journalism, während die schnelle Variante über Internet-Plattformen oder TV-Nachrichtenticker geschieht? Der Journalismus als demokratisierende, kritische Tendenz dürfte neue Finanzierungs- und Organisationsmodelle benötigen, jenseits der klassischen privat-unternehmerischen Strukturen, die vor allem auf monetären Umsatz und Gewinn zielen. Denn – Ironie dieser Geschichte – auch die SPD-nahe Holding DDVG als Minderheiten-Gesellschafter hat die „FR“ nicht gerettet.
2.) Gerade war sie, am 18.10., 90 Jahre alt, da steckt die BBC in einer der tiefsten Krisen ihrer Geschichte (vgl. BLZ, 12.11.12., S.8). Sie gilt weltweit vielerorts noch immer als Vorbild eines öffentlichen Rundfunks (Radio, TV, Internet), der relativ unabhängig von Konzern-Chefs und Regierungs-Politikern journalistisch vermittelt. Nun hat die BBC den Generaldirektor und die beiden Nachrichtenchefs verloren durch eine weiterhin ziemlich unübersichtliche Reihung mehrerer Skandale : Der Konkurrent ITV hatte seit 3.10. den jahrelangen Kindesmissbrauch durch den 2011 verstorbenen BBC-Star-Moderator Jimmy Savile enthüllt, der sich während seiner aktiven Zeiten anscheinend sogar fast vor laufenden Kameras der Pädophilie schuldig gemacht haben dürfte. Aber bis zum 3.10. wollte es keiner gesehen haben, auch und gerade bei der BBC nicht. Wie um diesen Lapsus wieder auszugleichen, sendete das TV-Nachrichtenmagazin „Newsnight“ einen offenbar falschen Bericht über einen früheren Tory-Politiker, der nun in der BBC als Kinderschänder dargestellt wurde. Das war dann des Schlechten zu viel. Die BBC am Tiefpunkt. Und kaum einer spricht noch von den Skandalen um Rupert Murdochs Medienkonzern News International….
3.) Die deutsche Nachrichten-Agenturlandschaft zeigt sich weiter heftig bewegt (http://kress.de/mail/alle/detail/beitrag/118880-nachrichtenagenturen-ap-und-dpa-vereinbaren-langfristige-kooperation.html, Aufruf am 14.11., 18.01 Uhr): AP und dpa gaben bekannt, langfristig kooperieren zu wollen. Das dürfte weder Reuters noch AFP freuen, aber erst recht nicht die in Insolvenz befindliche dapd: Die hatte bisher intensiv mit AP zusammengearbeitet, war dapd doch 2010 aus der Fusion von deutschem Dienst von AP mit der Agentur ddp hervorgegangen. Und dapd hatte sich ganz deutlich gerade gegenüber der dpa zu profilieren versucht.
4.) Im „Spiegel“ stand neulich (43/2012, Seite 163): “In diesen Tagen wurde der Bundestrainer in einer Pressekonferenz gefragt, ob er „ein anderer“ geworden sei, wie Kritiker nach der für viele enttäuschenden Europameisterschaft behauptet hatten.“ Dieser Satz wirft nicht unbedingt „viele“, aber doch zumindest eine Frage auf: Worauf bezieht sich das Wort „viele“? Auf die Kritiker? Das wäre vom Satzbau her (also syntaktisch) naheliegend, erscheint aber mit Blick auf die Bedeutung (also semantisch) kaum sinnvoll. Bezieht es sich uneingeschränkt und über den Satz-Kontext hinaus auf „alle“? Nein, sicher nicht auf – zum Beispiel – die vielen Fans der spanischen oder italienischen Auswahl. Denn die dürften von Verlauf und Ergebnis der EM kaum enttäuscht gewesen sein. Vermutlich sind einfach viele Fans der deutschen Mannschaft gemeint. Sollte Autor Jörg Kramer selber auch einer sein und ihm deswegen an dieser Stelle ein wenig die professionelle Distanz zum Gegenstand fehlen? Viel-leicht ein Fall für den Zwiebelfisch im Hause Spiegel? Oder dürften Spiegel-Leser an der Stelle nicht mehr als „viele“ wissen?

Pressefreiheit durchgewunken?

Von Sebastian Köhler

1.) Der griechische Journalist Kostas (manche Quellen schreiben auch Costas) Vaxevanis wurde in der vorigen Woche in Athen angeklagt, nachdem er in seinem Wochen-Magazin „Hot Doc“ die Namen von mehr als 2000 Griechen veröffentlicht hatte, die mutmaßlich geheime Konten in der Schweiz führen, um Steuern zu hinterziehen (vgl. Printausgabe The Guardian, England, 2.11.2012, S.3). 2010 hatte die damalige französische Finanzministerin Christine Lagarde ihrem griechischen Amtskollegen eine Liste mit solchen Namen übergeben, um mögliche Fälle von Steuerhinterziehung zu untersuchen. Die jetzige Veröffentlichung dieser Liste durch „Hot Doc“ hatte die Politik- und Wirtschaftseliten Griechenlands aufgescheucht. Das griechische Gericht sprach den Journalisten frei, und der sagte zu dem Fall in Anlehnung an Georg Orwell: „Journalismus bedeutet, etwas zu veröffentlichen, was jemand anderes nicht veröffentlicht sehen möchte. Alles andere ist Öffentlichkeitsarbeit“ (Übersetzung aus dem Englischen SeK). Es gibt zum Glück also beides noch in Griechenland – unabhängige Journalisten und unabhängige Richter. Das Land scheint mir alles andere als verloren.
2.) Keine gute Nachricht für die insolvente Nachrichten-Agentur dapd: Die WAZ-Gruppe, die als drittgrößtes Verlagshaus Deutschlands gilt, hat sich laut Mediendienst kress entschieden, wieder zur Nutzung der dpa-Angebote zurückzukehren und somit dapd den Rücken zu kehren. Das ist besonders spannend, weil die WAZ-Gruppe 2009 im Zuge von Ausgaben-Kürzungsvorhaben recht spektakulär von der dpa hin zu dapd gewechselt war. Dort firmiert der Essener Konzern als prestigeträchtiger Kunde, der für etwa vier Prozent des Umsatzes der Agentur sorgen soll (vgl. http://kress.de/mail/tagesdienst/detail/beitrag/118734-post-aus-essen-waz-gruppe-will-dapd-den-laufpass-geben.html, Aufruf am 7.11.12 um 16.13 Uhr).
3.) Gute Nachrichten, was die eigenen Bilanzen angeht, hingegen aus dem Hause „Springer“: Vorstandschef Mathias Döpfner hat angesichts der dritten Quartalsbilanz dieses Jahres erneut ein Rekordergebnis für das Gesamtjahr in Aussicht gestellt (siehe http://kress.de/mail/alle/detail/beitrag/118745-axel-springers-neun-monats-bilanz-digital-geschaeft-traegt-immer-staerker-zum-konzernergebnis-bei.html, Aufruf am 7.11.12 um 16.24 Uhr): Vor allem die Digitalgeschäfte scheinen sehr gut zu laufen, aber auch die inländischen Printmedien (z.B. BILD) spielen laut Döpfner – trotz sinkender Werbe-Einnahmen, also durch Kostensenkungen und entsprechend höhere Verkaufserlöse – Gewinne vor Steuern und Abschreibungen in Höhe von mehr als 20 Prozent ein. Die Konzernoberen sprechen von weiterhin hoher Ertragskraft und sehen als ein weiteres Mittel dazu die angekündigte „Redaktionsgemeinschaft“ von Welt-Gruppe, Hamburger Abendblatt und Berliner Morgenpost.
4.) Zum sprachkritischen Kaleidoskop: Die Kollegen des deutschen Textdienstes von Reuters berichteten am Montag, 5.12., um 13.41 Uhr, die spanische Regierung lege sich bei der Nominierung des Luxemburger Notenbankchefs Yves Mersch für das EZB-Direktorium quer: Im Text hieß es weiter hinten: “Die Euro-Staaten waren sich in der Personalfrage eigentlich bereits seit Juli einig. Nun versagte Spanien einem „schriftlichen Verfahren“ seinen Segen, in dem Mersch eigentlich durchgewunken werden sollte.” Ein Wunk mit dem Zaunpfahl sprachlicher Schmalspuren? Der Duden rät mittlerweile online zur Hauptvariante “durchgewinkt”. “durchgewunken” sei auch, aber vor allem umgangssprachlich möglich, mittlerweile sogar häufig anzutreffen (http://www.duden.de/rechtschreibung/winken, Aufruf am 5.11.12, 14.24 Uhr).
Viel strenger winkt der philologische Zeigefinger von Bastian Sick: “Das Verb „winken“ wird regelmäßig konjugiert: ich winke, ich winkte, ich habe gewinkt. Die Form „gewunken“ ist landschaftlich verbreitet, aber streng genommen ein Irrtum. Zwar heißt es „sinken, sank, gesunken“ und „trinken, trank, getrunken“, doch nicht „winken, wank, gewunken“. Die Formen von „winken“ werden wie die Formen von blinken, hinken und schminken regelmäßig gebildet. http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-abc-gewinkt-gewunken-a-311683.html, Aufruf am 5.11.2012, 14.18 Uhr)” Dasselbe gilt laut Sick für Zusammensetzungen wie eben: Der Lastwagen wurde durchgewinkt. Mir scheint ein ähnliches Argument mit Blick auf die sprachliche Vielfalt wichtig: Sofern die deutsche Sprache folgerichtig und formenreich mit schwachen und starken Verben aufgebaut ist, ist der Leitformen-Weg von “winken” über “wank” oder “wankte” zu “gewunken” schon besetzt durch ein anderes regelmäßiges, schwaches Verb: wanken- wankte – gewankt. Kurzschlüssige Verengungen unserer sprachlichen Möglichkeiten sollten nicht einfach “durchgewunken” werden.