- Nach Anschlagswarnungen und Wiki-Lecks dürfte uns die Debatte erhalten bleiben: Siegfried Kauder (CDU), der Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses (das ist nicht das Gegenteil von Linksausschuss), kam erstmals so richtig in die Schlagzeilen mit seinem Vorschlag, die Pressefreiheit einzuschränken. Er hatte am 23.11. gefordert, die Medien müssten „verpflichtet“ werden, „sich zurückzuhalten, wenn die Gefährdungslage wie jetzt hoch“ sei. Kauder regte gesetzliche Regelungen dafür an (oder die Einführung einer Selbstverpflichtung der Medien), über bestimmte Ereignisse nicht zu berichten. Glück für Wikileaks, könnte man da sagen, dass die Internetplattform nicht in Deutschland basiert ist (BLZ 24.11.2010, S.5)
- Kulturstaatsminister Bernd Neumann scheint sich nicht nur um die Zukunft der Verlage, sondern auch um die der Journalisten zu sorgen: In einem „Eckpunktepapier“ ( SZ 29.11., S.15) für ein künftiges Leistungsschutzrecht im Internet fordert er nicht nur bessere Rahmenbedingungen für die Presseverlage (die ja zum Teil, siehe Springer-Verlag, derzeit sogar auf geschäftlichen Rekordkursen sind), sondern auch für Journalisten als den Urhebern von Inhalten. Da deren Einkommen momentan kaum auf Rekordkurs sind – fair genug wäre eine solche Beteiligung für die Journalisten.
- Bezahlzeitung in den neuen Medien – während die New York Times für 2011 ein neues Modell von „Paid Content“ per „Paywall“ versuchen will, scheint Rupert Murdochs Konzern auf dem Weg zu einer Art Tageszeitung fürs iPad – zu lesen exklusiv dort. „The Daily“ soll wöchentlich 99 Cent kosten. Wenn, dann dürfte sich Murdoch ein solches Experiment gegen die Gratis-Kulturen leisten können – „seine alten Medien machen ja noch genügend Profit“, schreibt Jörg Hantzschel (SZ, 23.11.2010, S.17).
- Der Schweizer Verleger Michael Ringier (u.a. Cicero) fordert hingegen Rück-Besinnung: „Wir erreichen Millionen, weil wir Inhalte verkaufen, die wir den Journalisten verdanken.“ In diese Inhalte und deren Urheber zu investieren, statt in den „Schrott im Netz“, hält er für die Zukunft: Man müsse den Journalismus „mit den ältesten Regeln des Handwerks achten“ und zugleich „mit den neuesten Technologien fördern“ (BLZ 21.11., S.37)
- Die Berliner Zeitung schreibt auf Seite 1 vom 29.11.: „Wikileaks zeigt Amerikas Bild von der Welt“. Wessen Bild?
Archiv für den Monat November 2010
- Es scheint wie eine Neuauflage von Ödipussi – der Sohn-Vater-Konflikt in einem der mächtigsten deutschen Verlagshäuser, nämlich Neven DuMont Schauberg (Köln); zwischen Senior-Chef Alfred Neven DuMont (83 Jahre alt) und Sohn Konstantin (41). Zum Verlag gehören neben Express und Stadt-Anzeiger in Köln sowie der Mitteldeutschen Zeitung in Halle seit einiger Zeitunter anderem auch die linksliberalen Tageszeitungen Frankfurter Rundschau und Berliner Zeitung. Seit Wochen brachte sich der Junior mit „schrägen Internetmeldungen“ und gerne auch per „BILD“ kommunizierter Interviews (SZ vom 23.11., S.17) ins Gerede, in denen weder der eigene Konzern noch der eigene Vater übermäßig geschont wurden. Der Aufsichtsrat beurlaubte den jungen Neven DuMont daraufhin als Konzernvorstand. Dass der Springer-Verlag dem Nachwuchsverleger aus dem Konkurrenzhaus in dieser Phase eine Plattform bietet, überrascht wenig – ebenso, dass nun die Kölner Gruppe sowohl juristisch als auch per Presserat gegen Springer vorgehen wollte. Version DuMont Köln: Springer blase eine „interne Personalie“ zur Staatsaffäre auf. Version Springer Berlin: „absurd“. Und man sieht mal wieder – Geld allein macht auch nicht glücklich.
- Horst Pöttker, Journalismus-Professor an der Dortmunder Uni, will für Journalisten im Interesse ihrer öffentlichen Aufgabe die professionelle Autonomie gestärkt sehen. Dazu müsse aber klar werden, dass Journalismus nicht unbeteiligter Beobachter der Gesellschaft ist, sondern „als strukturelle Bedingung realer Gegebenheiten wirkt“ (vgl. Publizistik, Heft 2/2010, S.107ff.). Ebenso wirken reale Gegebenheiten (wie Produktionsverhältnisse, politische Ordnungen etc.) als strukturelle Bedingungen von Journalismus. Journalismus sollte daher nach professioneller Unabhängigkeit streben, aber nicht als unbeteiligte Fremdbeobachtung, sondern, so mein Konzept, als teilnehmende Selbst- und Fremdbeobachtungen im Plural der Perspektivenwechsel (vgl. philosophische Anthropologien von Helmuth Plessner oder Hans-Peter Krüger). Journalismus ist beteiligt am sonstigen gesellschaftlichen Verkehr. Daher müssen auch Pöttker zufolge Journalisten abwägen zwischen eher gesinnungsethischer Publikationsorientierung und mehr verantwortungsethischer Folgenorientierung – mit Blick auf die Gesellschaft.
- Der Jurist und Medienrechtsexperte Christian Zappe rät Journalisten (vgl. Zeitschrift Fachjournalist, Heft 4/2010, S.22ff.), sie mögen in jedem Falle die Persönlichkeitsrechte und die Urheberrechte Dritter beachten und ihre eigene journalistische Sorgfaltspflicht wahrnehmen. Das betrifft angesichts unterschiedlicher Rechtsspruch-Praxis in Deutschland gerade die „Verbreiterhaftung“, die der Bundesgerichtshof entwickelt hat – denn prinzipiell sind für den Inhalt von publizistischen Beiträgen alle Personen mitverantwortlich, die an deren Entstehung und Veröffentlichung mitgewirkt haben. Ein Beispiel dafür ist der legendäre Streit 2002 um die Haarfarbe des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder. Dieser setzte seinerzeit vor dem Hamburger Landgericht eine Unterlassungsverfügung gegen die Nachrichtenagentur ddp durch, die mit Zitaten aus der Friseur- und Imageberater-Zunft dem Gerücht Nahrung gegeben hatte (es „verbreitet“ hatte), Schröder lasse sich die Haare färben.
- Die Zeitung „Die Welt“ vom 23.11. schrieb wie viele andere mit Blick auf die Massenpanik in Kambodscha: „Ministerpräsident Hun Sen entschuldigte sich beim Volk für die größte Tragödie …“ (http://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article11169161/Massenpanik-groesste-Tragoedie-seit-Pol-Pot.html, 24.11.2010, 13.21 Uhr). Bei aller asiatischen Höflichkeit des Premiers – das geht einfach nicht. Schon rein sprachlich. Was ginge?
1.) Frauen scheinen soziale Netzwerke wie vor allem Facebook und Youtube deutlich mehr als Männer zu nutzen. Laut dapd ergab eine Studie von Tomorrow Focus Media mit 1099 Teilnehmern im Oktober 2010, dass knapp 70 Prozent aller Netzwerker Nutzerinnen sind. Weniger überraschend, dass die Nutzerschaft überwiegend jung ist – die Unter-30-Jährigen machen mehr als 60 Prozent aus. Sagen die Befragten (vgl. BLZ 16.11.2010, S.30).
2.) Der Axel-Springer-Verlag, der sich laut Kress-Mediendienst 2010 auf wirtschaftlichem Rekordkurs befindet, will neue Messungen der Nutzerzahlen zur besseren Festlegung der Anzeigenpreise. Vorstandschef Mathias Döpfner sagte, ihn interessiere die „multimediale Reichweite einer Marke und ihrer Inhalte auf allen Plattformen.“ Darüber verhandele Springer mit der IVW, der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern. Springer strebe an, 2017 die Hälfte seiner Umsätze im digitalen Bereich zu erwirtschaften (vgl. BLZ 9.11.2010, S.26).
3.) Volker Lilienthal, seit 2009 Augstein-Stiftungsprofessor an der Universität Hamburg und einer der angesehensten investigativen Journalisten in Deutschland, sieht die wichtige „rezeptive“ Seite des Journalismus unter Druck (vgl. Freitag, 2.9.2010, S.15): Journalisten sollten zunächst fragen und zuhören, also mit verschiedenen relevanten Quellen reden können. Diese rezeptiven Anteile werden laut Lilienthal immer mehr verkürzt – „weil Mitarbeiter fehlen und weil das Produzieren wichtiger wird“. So müssen mittlerweile viele Journalisten gleich (in des Wortes doppelter Bedeutung) für mehrere Plattformen oder Kanäle produzieren. Andererseits wirken neben diesen vor allem betriebswirtschaftlichen Veränderungen auch technologische: Galten die Journalisten früher klar als Gate-Keeper, als Torwächter der gesellschaftlichen Themensetzung (des „Agenda Setting“), hat sich dieses Hierarchieverhältnis mit Blick auf das Publikum „umgedreht“ (so Lilienthal) oder doch zumindest eingeebnet (SeK). Allerdings springt auch Volker Lilienthal zu kurz, wenn er meint, unsere „Wertehierarchie“ stimme nun insofern nicht mehr, als wir Nutzer erwarteten, „dass journalistische Produkte, die Gehirnschmalz verlangen, bevor sie gut und genießbar sind, im Internet umsonst zu haben sein sollen.“
Denn journalistische Beiträge sind seit langem (spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts) durch ihren widersprüchlichen Doppelcharakter als Kulturgut und als Ware bestimmbar (worauf unter anderem Medienökonomen wie Klaus-Dieter Altmeppen oder Marie-Luise Kiefer hinweisen). Und deshalb sind journalistische Beiträge schon lange wesentlich „Werbeträger“. Das dürfte auch im Internet leidlich funktionieren, wenn zum Beispiel vor den von „Reuters“ für die Online-Seite der „Financial Times Deutschland“ produzierten aktuellen journalistischen AV-Bericht seitens der FTD ein Werbespot für eine Versicherung geschaltet wird. Das Problem liegt damit historisch und systematisch tiefer als auf der aktuellen Ebene technischer Digitalisierung – es geht um die Frage, ob Journalismus in demokratisch verfassten Gesellschaften primär selbst Zweck oder aber primär Mittel zu anderen Zwecken (Erwerb und Erhalt von Geld/Macht/Ansehen etc.) sein soll. Ökonomisierung und Digitalisierung machen diese Widersprüche sichtbarer, lassen sie drängender erscheinen als zu früheren Zeiten, da deutsche Tageszeitungen gut damit leben konnten, etwa zwei Drittel ihres Umsatzes durch Werbeflächenverkauf und nur den Rest durch Verkauf ihrer Inhalte an Leserinnen und Leser zu erzielen. Damit waren diese journalistischen Medien eben auch (zu etwa Dritteln) abhängig von der werbetreibenden Wirtschaft. Dass sich dies ändert, kann durchaus als Chance für unabhängigeren Journalismus begriffen werden: Wenn wir den Kulturgut-Aspekt des Journalismus – im Vergleich zum Waren-Aspekt – auf vielfältige Weise (wieder) stärken könnten.
4.) Die Info-Radio-Moderatorin (vom RBB) Sabine Porn sagte am 14.11. im Rahmen einer Diskussion zu Wirtschaftsfragen zu ihren Gesprächspartnern: „Lassen Sie uns nach Indien schauen, weil dort steht das Problem ganz massiv.“ Lassen Sie uns noch mal durchatmen und das ins Deutsche übersetzen, weil das ist wichtig! Weil der Fehler wird häufig gemacht!
- „Es wird zurechtgebogen und zurechtgestutzt, was der Gesinnung der eigenen Vorgesetzten nicht entspricht“. Das sagte der Tagesspiegel-Journalist und Wirtschaftsexperte Harald Schumann am Rande der Verleihung des Berliner Journalistenpreises „Der Lange Atem“ auch mit Blick auf sein früheres Medium, den „Spiegel“. Die mangelnde innere Pressefreiheit der Medien in Deutschland, also im Verhältnis der Journalisten zu den Eigentümern oder Vorgesetzten, sei ein gewaltiges Problem, das Aufklärung verhindere (http://jvbb-online.de/Preisverleihung-2010.2695.0.html vom 8.11.10, vgl. BLZ 5.11.10, S.30)
- Das Soziale Netzwerk MySpace wird nach eigenen Angaben zur Unterhaltungsplattform (Musik, Video). Experten sehen darin das Eingeständnis, dass der Rivale Facebook das Rennen um die Nutzerzahl gewonnen hat – dort ging man im Oktober 2010 von mehr als 500 Millionen Nutzern aus, bei MySpace von gut 110 Millionen. Studien in den USA weisen auf eine eher hellhäutige Facebook-Klientel mit höherer formaler Bildung hin, während sich bei MySpace mehr die Unterprivilegierten aus Minderheiten (Afroamericans, Hispanics) zu treffen scheinen. MySpace gehört dem umstrittenen Medien-Großunternehmer Rupert Murdoch und will seine Angebote nun auch mit denen von Facebook, Twitter und YouTube synchronisieren (vgl. BLZ vom 28.10.2010, S.34)
- Facebook ist klarer Weltmarktführer bei den sozialen Netzwerken, geriet aber jüngst wieder in die Schlagzeilen wegen etwaiger Sicherheitslücken: Offenbar können über Facebook auch Mail-Kontakte von Menschen herausgefunden werden, die bei dem Onlinedienst gar nicht angemeldet sind – Voraussetzung scheint nur die Kenntnis und Verwendung einer bestimmten Mailadresse, woraufhin Facebook zahlreiche Mailkontakte dieser Adresse preisgebe. Darauf wies die FAS bereits am 17.10.2010 hin. Die Ministerinnen für Verbraucherschutz und Justiz, Ilse Aigner (CSU) und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), kritisierten solche Praktiken (vgl. auch BLZ 18.10.2010, S.30). Insgesamt ist Facebook laut Medienwissenschaftlern wie Mathias Mertens ein Komplex aus bekannten Formen (Mail, Chat, Blog, Forum, Newsletter), die neu kombiniert werden und Aufmerksamkeit wecken (vgl. Freitag vom 7.10.2010, S.15). Netzwerke werden hier nicht aufgebaut, sondern aus schon bestehenden „realen“ Netzwerken eher „abgebaut“ – also in neuer Form übertragen ins Netz (Schulkameraden, Nachbarn, Freunde, Kollegen aus Vergangenheit und Gegenwart). Wesentliches Moment bei Facebook ist der schon von Denis Diderots Theater-Gemeinschaften bekannte „Treppenwitz“, also die verzögerte Schlagfertigkeit: Der witzige Kommentar ist die „Währung“ bei Facebook, welche gegenseitige Kenntnis der Teilnehmer voraussetzt. Die frühere Treppe Diderots im Anschluss an den Salon ist nun zeitlich verlängert, fast schon endlos geworden. Druckreife spielt hier kaum noch eine Rolle, es geht um Anschlussfähigkeit und Reaktionsfreude.
- Die beiden großen privatrechtlichen TV-Sendergruppen in Deutschland, RTL und ProSiebenSat.1, wollten ihre geplante gemeinsame Internetplattform „durch Werbung finanzieren“ (Reuters in BLZ, 27.10.2010, S.30), sprich: mittels journalistischer oder anderweitig unterhaltsamer Angebote Publika generieren, die an die Werbe-Industrie verkauft werden sollen. Dies ist das klassische massenmediale Modell von Medienunternehmen (Printmedien, privat-rechtliche Rundfunksender), in dem Journalismus nicht primärer Zweck ist, sondern vor allem ein Mittel, um zahlungskräftige und aufmerksame Konsumenten für Werbebotschaften zu versammeln. Tauschwert schlägt Gebrauchswert – was an konkreten (zum Beispiel journalistischen) inhaltlichen Angeboten erscheint, ist nicht so wichtig: Hauptsache, es wirkt und weckt die Aufmerksamkeit der werberelevanten Zielgruppe insbesondere der 14- bis 49-Jährigen. Das Bundeskartellamt wollte nach Hinweisen der EU-Kommission genau prüfen, ob der Wettbewerb auf den Märkten für Internet-Fernsehen und Internet-Werbung beeinträchtigt würde, käme es zur Gründung dieser Plattform, die kostenlos verschiedenste Sendungen und Formate bis zu sieben Tage nach der TV-Ausstrahlung anbieten wollte. Die Zeitschriftenverleger wiederum monierten (vgl. BLZ 3.11.2010), dass die Öffentlich-Rechtlichen online expandierten und damit die Pressevielfalt gefährdeten, gerade auf Basis der neuen Haushaltsabgabe. Den Anstalten ARD, ZDF und Deutschlandradio seien „Markt und Marktpreise egal“ (sic!). Dem ließe sich im Sinne der Vielfalt sicher entgegenhalten, dass „Markt und Marktpreise“ weder „egal“ noch „alles“ sein sollten.
- Im RBB-Inforadio lautete am 6.11.10 ein Satz der Meldung zum Castor-Transport: „Die Polizei rechnet mit einem friedlichen Verlauf der Proteste.“ Besser hätte es in der Pressemitteilung der Polizei als Schlagzeile – pardon: hier muss es „Überschrift“ heißen – auch nicht lauten können. Doch wie können wir den Sachverhalt journalistisch möglichst professionell ausdrücken? Und warum ist das wichtig?
- Der Fernseh-Sender RTL ist weiter auf quantitativem Erfolgskurs: Der Oktober 2010 wird dank Formaten wie „Supertalent“ und „Bauer sucht Frau“ als bisher erfolgreichster Monat in die Annalen des Kölner Senders eingehen. RTL darf sich bei der von der Werbeindustrie so genannten „werberelevanten“ Zielgruppe (14 bis 49 Jahre) über einen historischen Rekord-Marktanteil von 19,3% freuen. Im Jahrestrend bewegt sich der Sender derweil auf 18% zu, die er 2003 zuletzt übersprungen hatte. 2009 hatte es nur für 16,9% gereicht. Auch im Gesamtpublikum gibt RTL im Oktober den Ton an. Mit 14,8 % verweist RTL hier das ZDF (12,4%) und das Erste der ARD (11,9%) auf die Plätze. Sollten die Kölner ihren Höhenflug fortsetzen, könnten sie auch im Jahres-Gesamttrend erstmals seit 2003 wieder die öffentlich-rechtliche Konkurrenz schlagen. (Quelle: http://kress.de/tagesdienst/detail/beitrag/107058-der-tv-markt-im-oktober-rtl-erreicht-historischen-marktanteilsrekord.html vom 1.11.2010, 8.58 Uhr)
- Die Bundesregierung hat ihren Gesetzesentwurf zum Thema „Journalisten und Geheimnisverrat“ einen Schritt voran- und nun in den Bundestag gebracht: Laut Bundestagspressestelle soll durch dieses Gesetz die Beihilfe zum Verrat von Dienstgeheimnissen nicht mehr strafbar sein, sofern sich Journalisten – gleichsam passiv – auf die „Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung“ des Geheimnisses oder der Nachricht beschränkten. Das Strafgesetzbuch soll in §353 anscheinend im Nachgang der Cicero-Affäre 2005 (als Staatsanwälte wegen des Verdachtes des Geheimnisverrates aus dem Bundeskriminalamt eine Zeitschriften-Redaktion durchsuchen ließen) und in Reaktion auf ein BVG-Urteil von 2007 nun zugunsten der Pressefreiheit verändert werden (Quelle KNA vom 28.10.2010, vgl. BLZ 29.10.2010, S.30).
- Der Deutsche Presserat rechnete für 2010 mit einem neuen Beschwerde-Rekord von 1600 Einsendungen (2009 waren es 1268). Das sagte Rats-Sprecher Bernd Hilder (Chefredakteur Leipziger Volkszeitung) laut dapd vom 28.10.2010. Am häufigsten waren Beschwerden wegen der Darstellung von Katastrophen-Opfern. Soziale Netzwerke wie Facebook, MySpace oder Twitter geraten von zwei Seiten in die Debatte: Nutzer senden sich Links für Online-Beschwerden zu, was laut Hilder einen Teil des Anstiegs erklärt. Andererseits nutzen Journalisten solche Netzwerke, um Fotos und andere Daten von Opfern zu finden und dann zu veröffentlichen. Das findet Hilder „bedenklich“. Allerdings bewegt sich die Zahl der Rügen (die strengste Form der Kritik nach Hinweisen und Missbilligungen) auf dem Niveau von 2009: Bisher gab es 2010 21 öffentliche und 7 nicht-öffentliche Rügen.
- Die Agentur dapd (vgl. BLZ vom 1.11.2010, S.17) meldete mit Blick auf eine anstehende Arbeitszeitangleichung im öffentlichen Dienst im Ost- und im Westteil Berlins, die unterschiedlichen Regelungen seien dann „überwunden“. Fakt ist: alle in Ost und West sollen bald im Schnitt 39 Stunden Vollzeit arbeiten. Allerdings hatten die im Osten bisher 40 Stunden, die im Westen bisher 38,5 Stunden zu arbeiten. Geht es also sachlicher, professioneller als mit „überwunden“? Was schwingt mit (was konnotiert) bei „überwinden“?