Der Milliardär hat´s manchmal schwer

„Der Milliardär und Potsdam-Mäzen Hasso Plattner hatte das Museum mit insgesamt 2200 Quadratmetern Ausstellungsfläche hinter der Fassade des 1945 zerstörten Palais Barberini in drei Jahren Bauzeit wiedererrichtet.“ Hier das Original aus der Zeitung „PNN“ vom 30.1.2017.
Hofberichterstattung gut und schön – aber hatte Plattner nicht, wie seinerzeit wohl auch der große Cäsar bei seinem Sieg über die Gallier, wenigstens einen Koch dabei? Um hier mal Bertolt Brecht und seine „Fragen eines lesenden Arbeiters“ ins Spiel zu bringen? Es ist die alte Leier – Geschichtsschreibung aus der Sicht der berühmten „großen Männer“. Und solcher Journalismus sei nicht länger viel zu sehr elitär? Wer bezahlt denn auch heute die Spesen? So viele Berichte, so viele Fragen. „Plattner hat das Museum wiedererrichten lassen“. Ließe sich doch ziemlich einfach sagen.

Hochgeschwindigkeitsfehler – entschuldigen? Hinterfragen?

1.) Am Dienstagmorgen, ganz kurz nach 10 Uhr morgens, lagen viele große Medien in ihren Onlineportalen hierzulande so falsch, wie man bei der Verkündung eines wichtigen BVG-Urteils nur liegen kann: Spiegel, Zeit, Das Erste, Stern, NZZ, n-tv etc: „BVG verbietet NPD“, hieß es. Falsch und erstaunlich unisono.

Hier zu einem Überblick von „meedia.de“

Wie kann so etwas passieren? In einer ziemlich relevanten Angelegenheit? Der Vorsitzende Richter hatte eingangs nochmals die Anträge verlesen. Und das auch angesagt. Aber es dauert eben ein wenig, das zu verstehen und abzuwarten. Hier statt dessen höchst dynamische Oberflächlichkeit zum Quadrat: Über-Hören und Ab-Schreiben (so ähnlich hieß es mal kritisch bei „Titanic“ über journalistische Basis-Defizite). Onlinejournalismus at its worst. Und zwar ganz ohne Fake News oder Hackerattacken von sonstwoher.

2.) Die veröffentlichte Reaktion von „Spiegel online“ wirft locker noch zwei Vorlagen für Sprachkritik ab: „Wir entschuldigen uns für den Vorfall – und nehmen ihn zum Anlass, unsere Abläufe und Arbeitsweisen zu hinterfragen, damit sich ein solcher Fehler nicht wiederholt.“

Hier zum SPON-Text, Aufruf am 19.1.2017, 21.40 Uhr

a) Nein, wofür auch immer kann sich die Redaktion NICHT SELBST entschuldigen – sie kann die Geschädigten (die Nutzer) aber um Entschuldigung bitten. Und die dürften dann so frei sein, das mutmaßliche Fehlverhalten von SPON zu verzeihen (oder auch nicht). Wer das nicht versteht, Entschuldigung, dem ist dann solche Ignoranz auch nicht zu verzeihen.

Ein netter Text aus der SZ zum Thema

b) „hinterfragen“ erscheint mir als aufgeblasenes Wort: Oft wäre schon geholfen, wenn wir fragten, befragten oder auch infragestellten. „Hinterfragen“ soll wohl auf scheinbare Scharfsinnigkeit und Komplexität hindeuten, hat aber bereits viel von einer Tautologie an sich. Wenn wir das Wort und seinen Gebrauch mal genau hinterfragen.

Das darf Satire!

1.) Satire darf einiges hierzulande. Das hat dieser Tage der Bundesgerichtshof in Karlsruhe auf neue Weise klargestellt. Ja, ich freue mich darüber, denn in dem Falle stärkt es eine meiner Lieblingssendungen, „Die Anstalt“ im ZDF. Zu den Fakten:

Aufruf am 12.1.2017 15.25 Uhr

Der BGH hat eine Klage von Zeit-Herausgeber Josef Joffe und einem Redakteur der Wochenzeitung abgewiesen. Es ging um eine Ausgabe der Satire vom April 2014. Darin kritisierten Claus von Wagner und Max Uthoff mehrere prominente Medienleute für deren Verflechtungen mit bestimmten Lobby-Organisationen im Bereich Sicherheitspolitik.

Joffe bemängelte, dass ihm in einem Schaubild fälschlicherweise acht Verbindungen zu transatlantischen Organisationen nachgesagt worden waren. Redakteur Joachim Bittner kritisierte zudem, in der Sendung sei wahrheitswidrig behauptet worden, er habe wohlwollend über eine Rede von Bundespräsident Joachim Gauck berichtet, an der er selbst mitgewirkt habe.

In letzter Instanz hieß es nun dazu: Kabarettisten müssen sich für den Inhalt ihrer Beiträge nicht bis in kleinste Detail rechtfertigen. Entscheidend ist der Gesamteindruck, der beim Zuschauer zurückbleibt. Das heiße, es sei in den Blick zu nehmen, „welche Botschaft bei einem unvoreingenommenen und verständigen Zuschauer angesichts der Vielzahl der auf einen Moment konzentrierten Eindrücke ankommt“. Für das Gericht zählte die Hauptaussage, also dass es solche Verbindungen gibt – und das sei zutreffend. (Az.: VI ZR 561/15, VI ZR 562/15).

2.) Sprachkritisch gesehen: Es ist Winter hierzulande, und viele Medien schreiben über „kalte Temperaturen“, wie zum Beispiel die Rheinische Post.

Aufruf am 12.1.2017, 15.09 Uhr

Temperaturen aber geht es wie Preisen und Geschwindigkeiten – sie sollten in der Regel hoch oder niedrig etc. sein, weil sie in Zahlen mit Einheit gemessen werden. Luftmassen hingegen mögen relativ kalt oder warm erscheinen, Waren teuer oder billig und Läuferinnen schnell oder langsam. Sieht auch Bastian Sick so.

Aufruf am 12.1.2017 15.15 Uhr