Abbruch oder Abtreibung?

Auch eher progressive Medien und JournalistInnen reden viel mehr von „Abtreibung“ als von „Abbruch“ (der Schwangerschaft), zum Beispiel hier: https://www.buzzfeed.com/julianeloeffler/diese-petition-will-dass-frauen-sich-legal-uber-abtreibung?utm_term=.vtANPAjpE#.ixa3NdPG7; Aufruf am 13.12.2017, 21.30 Uhr). Aktueller Kontext ist der Fall einer Ärztin aus Gießen: Sie wurde verurteilt wegen ihrer Website mit „Abtreibungsinformationen“ (so „Zeit Online“). Kristina Hänel muss demzufolge 6.000 Euro Strafe zahlen. Sie hatte „Informationen über Abtreibungen bereitgestellt“, das ist gesetzlich verboten.

Ich finde, „Abtreibung“ klingt klar negativ und wirkt auf mich sehr abwertend. Was treiben die dort? Treibt es bloß nicht zu arg! Und so weiter.

In der DDR wurden Schwangerschaftsabbrüche beschönigend „Unterbrechungen“ genannt, was sicher nicht nur verharmlosend, sondern sachlich falsch war und ist. Aber der rationale Kern dieses Sprachgebrauches bleibt, dass in jener Gesellschaft seit 1972 die Frauen (und ihre Familien) dank einer „Fristenlösung“ (zwölf Wochen) ganz legal schon weit eher und weit mehr als in der (alten) BRD mitbestimmen konnten, wie ihr Leben verlaufen soll.

Auch insofern ist die Behandlung des sicher komplexen und kontroversen Themas durch die deutsche Justiz und viele deutsche Medien bis heute nicht gerade frauenfreundlich. Solange überwiegend von „Abtreibung“ die Rede ist, werden Frauen juristisch und moralisch von oben herab behandelt. Warum nicht in informationsbetonten Texten viel mehr schlicht von „Abbruch“ reden? Vielleicht wäre das auch ein Beitrag, den merkwürdigen Paragraphen 219a des Strafgesetzbuches viel mehr in die gesellschaftliche Kommunikation einzubeziehen? Denn Geschichte und Gesetze werden ja von (uns) Menschen gemacht, und also nicht nur von „großen Männern“ bzw. „den Vätern des Grundgesetzes“. Ironie der Geschichte übrigens, die wir auch hier als dialektisch aufgehoben betrachten können: Im Straf-Paragraphen selbst wird ausschließlich von „Abbruch“ geschrieben und damit an keiner Stelle von „Abtreibung“.

Ein Gedanke zu “Abbruch oder Abtreibung?

  1. Ich sehe es genauso: dem Wort Abtreibung haftet etwas Negatives an , irgendwie fast als wenn der Frau das Schlechte „ausgetrieben“ werden muss! Schwangerschaftsabbruch sagt alles über diesen Vorgang aus und man muss es nicht noch anders umschreiben! Jeder, der dies tut, hat seine Beweggründe und sollte sich das vorher wohl überlegt haben! Es gibt sicherlich Frauen, die dieses auch als Verhütungsmethode sehen aber darum geht es ja nicht, sondern um die Wortwahl!
    Unterbrechung war, glaube ich, eher volkstümlich der lateinische Begriff Interruptio übersetzt!
    Jedenfalls soll den Frauen, die diese Maßnahme in Anspruch nehmen müssen, indirekt immer noch ein schlechtes Gewissen gemacht werden….jede Frau, die dies wohl überlegt tut, wird sich sowieso mit ihrem schlechten Gewissen lange, vielleicht auch für immer auseinander setzen! Sylke K.