1. „Es wird zurechtgebogen und zurechtgestutzt, was der Gesinnung der eigenen Vorgesetzten nicht entspricht“. Das sagte der Tagesspiegel-Journalist und Wirtschaftsexperte Harald Schumann am Rande der Verleihung des Berliner Journalistenpreises „Der Lange Atem“ auch mit Blick auf sein früheres Medium, den „Spiegel“. Die mangelnde innere Pressefreiheit der Medien in Deutschland, also im Verhältnis der Journalisten zu den Eigentümern oder Vorgesetzten, sei ein gewaltiges Problem, das Aufklärung verhindere (http://jvbb-online.de/Preisverleihung-2010.2695.0.html vom 8.11.10, vgl. BLZ 5.11.10, S.30)
  2. Das Soziale Netzwerk MySpace wird nach eigenen Angaben zur Unterhaltungsplattform (Musik, Video). Experten sehen darin das Eingeständnis, dass der Rivale Facebook das Rennen um die Nutzerzahl gewonnen hat – dort ging man im Oktober 2010 von mehr als 500 Millionen Nutzern aus, bei MySpace von gut 110 Millionen. Studien in den USA weisen auf eine eher hellhäutige Facebook-Klientel mit höherer formaler Bildung hin, während sich bei MySpace mehr die Unterprivilegierten aus Minderheiten (Afroamericans, Hispanics) zu treffen scheinen. MySpace gehört dem umstrittenen Medien-Großunternehmer Rupert Murdoch und will seine Angebote nun auch mit denen von Facebook, Twitter und YouTube synchronisieren (vgl. BLZ vom 28.10.2010, S.34)
  3. Facebook ist klarer Weltmarktführer bei den sozialen Netzwerken, geriet aber jüngst wieder in die Schlagzeilen wegen etwaiger Sicherheitslücken: Offenbar können über Facebook auch Mail-Kontakte von Menschen herausgefunden werden, die bei dem Onlinedienst gar nicht angemeldet sind – Voraussetzung scheint nur die Kenntnis und Verwendung einer bestimmten Mailadresse, woraufhin Facebook zahlreiche Mailkontakte dieser Adresse preisgebe. Darauf wies die FAS bereits am 17.10.2010 hin. Die Ministerinnen für Verbraucherschutz und Justiz, Ilse Aigner (CSU) und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), kritisierten solche Praktiken (vgl. auch BLZ 18.10.2010, S.30). Insgesamt ist Facebook laut Medienwissenschaftlern wie Mathias Mertens ein Komplex aus bekannten Formen (Mail, Chat, Blog, Forum, Newsletter), die neu kombiniert werden und Aufmerksamkeit wecken (vgl. Freitag vom 7.10.2010, S.15). Netzwerke werden hier nicht aufgebaut, sondern aus schon bestehenden „realen“ Netzwerken eher „abgebaut“ – also in neuer Form übertragen ins Netz (Schulkameraden, Nachbarn, Freunde, Kollegen aus Vergangenheit und Gegenwart). Wesentliches Moment bei Facebook ist der schon von Denis Diderots Theater-Gemeinschaften bekannte „Treppenwitz“, also die verzögerte Schlagfertigkeit: Der witzige Kommentar ist die „Währung“ bei Facebook, welche gegenseitige Kenntnis der Teilnehmer voraussetzt. Die frühere Treppe Diderots im Anschluss an den Salon ist nun zeitlich verlängert, fast schon endlos geworden. Druckreife spielt hier kaum noch eine Rolle, es geht um Anschlussfähigkeit und Reaktionsfreude.
  4. Die beiden großen privatrechtlichen TV-Sendergruppen in Deutschland, RTL und ProSiebenSat.1, wollten ihre geplante gemeinsame Internetplattform „durch Werbung finanzieren“ (Reuters in BLZ, 27.10.2010, S.30), sprich: mittels journalistischer oder anderweitig unterhaltsamer Angebote Publika generieren, die an die Werbe-Industrie verkauft werden sollen. Dies ist das klassische massenmediale Modell von Medienunternehmen (Printmedien, privat-rechtliche Rundfunksender), in dem Journalismus nicht primärer Zweck ist, sondern vor allem ein Mittel, um zahlungskräftige und aufmerksame Konsumenten für Werbebotschaften zu versammeln. Tauschwert schlägt Gebrauchswert – was an konkreten (zum Beispiel journalistischen) inhaltlichen Angeboten erscheint, ist nicht so wichtig: Hauptsache, es wirkt und weckt die Aufmerksamkeit der werberelevanten Zielgruppe insbesondere der 14- bis 49-Jährigen. Das Bundeskartellamt wollte nach Hinweisen der EU-Kommission genau prüfen, ob der Wettbewerb auf den Märkten für Internet-Fernsehen und Internet-Werbung beeinträchtigt würde, käme es zur Gründung dieser Plattform, die kostenlos verschiedenste Sendungen und Formate bis zu sieben Tage nach der TV-Ausstrahlung anbieten wollte. Die Zeitschriftenverleger wiederum monierten (vgl. BLZ 3.11.2010), dass die Öffentlich-Rechtlichen online expandierten und damit die Pressevielfalt gefährdeten, gerade auf Basis der neuen Haushaltsabgabe. Den Anstalten ARD, ZDF und Deutschlandradio seien „Markt und Marktpreise egal“ (sic!). Dem ließe sich im Sinne der Vielfalt sicher entgegenhalten, dass „Markt und Marktpreise“ weder „egal“ noch „alles“ sein sollten.
  5. Im RBB-Inforadio lautete am 6.11.10 ein Satz der Meldung zum Castor-Transport: „Die Polizei rechnet mit einem friedlichen Verlauf der Proteste.“ Besser hätte es in der Pressemitteilung der Polizei als Schlagzeile – pardon: hier muss es „Überschrift“ heißen – auch nicht lauten können. Doch wie können wir den Sachverhalt journalistisch möglichst professionell ausdrücken? Und warum ist das wichtig?

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