Wozu noch Print?

Online ist in – Print ist out! Diesen Eindruckt bekommt man zumindest, wenn man die Veränderungen des Nutzerverhaltens von Onlinemedien in den letzten Jahren betrachtet. Die nachstehende Statistik zeigt deutlich, dass von 2007 bis 2011 die Nutzung von Online-Zeitungen/Nachrichtenmagazinen bei den Personen im Alter von 6 bis 74 Jahren in Deutschland von ca. 20% auf über 50% angestiegen ist.

(Quelle: Statista)

Doch warum ist dieser Zuwachs zu verzeichnen? – Zum einen erfreuen sich die Newsportale einer wachsenden Beliebtheit da sie neben Text ebenso Bild, Ton- und Video-Aufnahmen zur Verfügung stellen. Diese geben dem Leser die Möglichkeit sich die beschriebene Situation noch deutlicher zu veranschaulichen.
Zum anderen spielt der Faktor der Aktualität eine ausschlaggebende Rolle. Tages- und Wochenzeitungen können dies nur in einem begrenzten Maße erfüllen. Tagesaktuelle Geschehen werden direkt auf der jeweiligen Plattform publiziert und der Leser kann sofort darauf zugreifen. Außerdem hat der dieser die Möglichkeit über RSS-Feeds, Pop-Ups oder Push-Notifications immer und überall „up to date“ zu sein.

Ein ebenfalls wichtiger Punkt der darüber entscheidet „Print oder Online?“ sind die Kosten, die das jeweilige Medium erhebt. Die Kosten einer Tageszeitung belaufen sich auf ca. 1€, wobei im Gegensatz dazu nur wenige Anbieter von Online-Nachrichten für ihre Dienste Kosten fordern. Oftmals wird es dem Leser selbst überlassen, ob er für den angebotenen Content bezahlt, oder nicht (beispielsweise taz.de). Da jedoch der Großteil der Nutzer nicht dazu bereit wäre zukünftig für Online-Nachrichtendienste zu zahlen (1), werden diese Medien sich weiterhin hauptsächlich durch Online-Werbung finanzieren müssen.

Das große Zeitungssterben?

Von 1991 bis 2013 verringerten sich die verkauften Auflagen von Tageszeitungen von 27,3 Millionen verkauften Exemplaren, auf 17,5 Millionen. (2)

Diesem Rückgang sind neben der Frankfurter Rundschau auch der Prinz und die Financial Times Deutschland zum Opfer gefallen. Nun kann man darüber spekulieren, ob der tatsächliche Grund die erhöhte Onlinenutzung ist, oder sich das allgemeine Leseverhalten in den letzten Jahren verändert hat.

Rettung in Sicht?

Auch wenn der Rückgang von Printerzeugnissen deutlich erkennbar ist, gibt es trotzdem noch viele Leser die Print als Informationsquelle vorziehen. Da es Online primär darum geht Content schnell zu „konsumieren“, steht Print immer noch für ein hohes Maß an Qualität und erzeugt das Bild einer hochwertigen Aufbereitung von Informationen.

Stefan Plöchinger, früherer Chef vom Dienst bei Spiegel Online, jetzt Mitglied der SZ-Chefredaktion sagte im Januar 2009: „Ich entdecke morgens an normalen Tagen extrem wenig Neues in der Zeitung. Das ist das Problem der Zeitungen, das die Zeitungen lösen müssen.”

Was Stefan Plöchinger im Jahre 2009 sagte, ist heute, 2014, noch deutlicher zu erkennen. Immer weniger Meldungen sind für den User „neu“, weshalb es für Nachrichtendienste bald unerlässlich sein wird neben den Printerzeugnissen ebenso einen Onlineauftritt vorzuweisen. Und nicht nur das: Der Onlineauftritt müsste sich bestenfalls noch von anderen Online-Nachrichtendiensten abheben und „unique“ sein.

Bleibt also abzuwarten, ob sich die Entwicklung von Online zu Print weiter vollzieht und welche Anbieter es schaffen, dass Print und Online eine Symbiose eingeht.

(1) http://de.statista.com/statistik/daten/studie/76715/umfrage/bereitschaft-der-internetnutzer-fuer-paid-content-zu-zahlen/
(2) http://de.statista.com/statistik/daten/studie/72084/umfrage/verkaufte-auflage-von-tageszeitungen-in-deutschland/

Kommentieren wie ein Profi

Wie Facebook einen Journalisten aus dir machen kann

Von Kevin Santa

Wer heutzutage auf Facebook unterwegs ist, weiß wieviel Spaß man beim Lesen der unzähligen literarischen Ergüsse haben kann. Was einem immer wieder kostbare Zeit beim Durchforsten der Beiträge auf der Hauptseite (dem News-Feed) raubt, ist das Lesen der Kommentare der Nutzer. Man kann sich auch nur schwer zusammenreißen es nicht zu tun, denn unsere Neugier siegt fast jedes Mal. Viele Beiträge wollen ein journalisitsches Niveau besitzen, andere hingegen ein Niveau, bei dem man sich nicht mehr sicher sein kann ob dieses Niveau überhaupt existiert. Aber schließlich geht es doch sowieso am Ende nur um eines: Daumen hoch !!
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Von Diskussionen und Diskurs – die Nutzungsmöglichkeiten von Kommentaren

Die zunehmende Digitalisierung zwingt nicht nur Zeitungen zum Umdenken. Auch der Nutzer steht vor der Aufgabe das Rezipieren und vor allem das Interagieren und Diskutieren neu zu überdenken.

Durch Kommentarspalten auf Homepages oder Social-Media-Kanälen ist die Interaktion mit dem Nutzer erheblich vereinfacht worden. Doch diese Vereinfachung bringt leider nicht nur fruchtbare Diskussionen mit sich. Die Anonymität des Internets verleitet so manchen Leser heutzutage seine Meinung unmittelbar und unverblümt zu einem bestimmten Thema kundzutun.

Oft ist diese nicht immer gerade fundiert, in manchen Fällen sogar beleidigend oder diskriminierend. Die Unmittelbarkeit des Internets und auch die schiere Masse an Nutzern und Beiträgen bringen gerne kritische und direkte Äußerungen hervor. Denn wo es früher noch Redaktionen für Leserbriefe gab, die von Hunderten eingesandter Briefe eine Handvoll wohlwollender Meinungen abdruckten (oder gleich selbst schrieben), ist es heute zunehmend schwerer geworden den Input der Nutzer auf Kommentarseiten zu selektieren.

Pro forma unterliegt der Kommentar übrigens, obgleich welchem Kanal entsprungen, den gleichen Regeln wie der Leserbrief, so der Deutsche Presserat. Dies bedeutet keine Diskriminierung seitens der Nutzer sowie die Gültigkeit der Unschuldsvermutung.

Auch wenn der Ton bei Kommentaren zum Teil ein sehr rauer ist, müssen wir diese Art von Interaktion und Diskussion als essentiell für die Zukunft des Journalismus erachten. Nutzer messen dem Austausch über Nachrichten einen enormen Wert zu.

Im Idealfall entsteht eine fruchtbare Diskussion zwischen Nutzern (und Verfasser), bei der es Pro und Kontra gibt und bei der Meinungen und Hintergrundinformationen aufeinander treffen und Fehler aufgedeckt werden. Durch solche Diskussionen hat der Nutzer die Möglichkeit sich ein noch ausgereifteres Meinungsbild zu machen und bis daher unentdeckte Zusammenhänge zu erkennen.

Außerdem kann man als Journalist die Kommentarfunktion als eine Art Selbstkontrolle zu nutzen. Denn durch die Schwarmintelligenz von Hunderten von Nutzern können etwa falsche Fakten oder unbeleuchtete Aspekte aufgedeckt werden und tragen somit sogar zu einem besseren Journalismus bei. Der Journalist als Einzelner kann das Wissen gar nicht aufbringen, welches eine Masse der Online-Community, durch Diskussion erreicht.

Der Diskurs mit dem Leser zeigt dem Journalisten auch den Zeitgeist auf. Was ist die öffentliche Meinung zu einem Thema? Welche Themen sind für die Öffentlichkeit relevant? Der kleine Mann auf der Straße ist dem Mann am Bildschirm gewichen.

Daher sollte die Interaktion mit Nutzern weiterhin genutzt und ausgebaut werden. Es gibt bereits von Blättern wie Krautreporter und ProPublica erste Ansätze, welche die Online-Community in die Recherche mit einbinden und somit diese Tendenz bestätigen. Jedoch liegt es auch an uns Nutzern dieser neuen, wichtigen Rolle im Journalismus gerecht zu werden und diese mit Respekt zu behandeln um einen Dialog auf Augenhöhe zu ermöglichen.

 

Vier Augen sehen mehr als zwei – Wie Journalisten Social Media für sich nutzen

Vor einiger Zeit galten Journalisten noch als Social-Media-Muffel. Doch inzwischen wird es für sie immer wichtiger den „digitalen Anschluss“ nicht zu verlieren und sich die neuen Entwicklungen zunutze zu machen. Aber wie verwenden sie die neuen Möglichkeiten?

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Journalismus-Praktikum in Amerika, Afrika, Asien oder sonst wo gefällig?

Deutschsprachige Medien weltweit – ein Interview mit Björn Akstinat, Gründer der international agierenden Organisation Internationale Medienhilfe (IMH).

Von Franziska Döring

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© Björn Akstinat

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Wie bringe ich den Stein ins Rollen?

Oder auch: Wie überleben die Printmedien mit dem Internet?

Immer wird geklagt, Printjournalismus hätte keine Chance neben den ganzen Online-Medien zu überleben. Doch ist dieses wirklich eine Tatsache oder hat man einfach nur Angst vor der Digitalisierung? Der Rolling Stone Deutschland zeigt, wie ein Printmedium durchaus mit dem Internet profitieren kann. Weiterlesen

„Ich schaue die WM 2014 nicht!“ – schön, und jetzt?

„Der Preis der Fußball-WM“ – ein Artikel, der zur Zeit auf Facebook für Furore sorgt. Viele liken ihn, die ganz Engagierten teilen ihn sogar. Unzählige Kommentare dazu tragen denselben Tenor: „Ich schaue die WM 2014 nicht!“ Viele nutzen den Moment der WM, um sich als gute Menschen darzustellen und sich mit ihrem Mitgefühl für die Bewohner Brasiliens zu brüsten. Zu mehr reicht es schlussendlich dann aber auch nicht. 

Von Danielle Müller

Der Artikel „Der Preis der Fußball-WM“ fasst die Vorkommnisse zusammen, die der Dänische Journalist Mikkel Jensen während seins Aufenthalts in Brasilien 2014 angetroffen hat. Der Schwerpunkt liegt auf der Ermordung von Straßenkindern. Jensen sieht den Auslöser dieser Morde in der Fußball-WM, die von der Fifa 2007 an Brasilien vergeben wurde. Der Journalist veröffentlichte seine Erfahrungen zunächst privat auf seinem Facebook-Profil, schnell wurden sie aber weiter verbreitet und werden nun in Form eines Blog-Eintrages von vielen Facebook-Nutzern geteilt und geliked. Dabei ist den meisten nicht bewusst, dass nicht die Fußball-WM das große Übel ist, dass das Land plötzlich Straßenkinder ermorden lässt. Wenn man sich wirklich für die Thematik interessierte, würde nicht als erstes der „share-Button“ auf Facebook gedrückt werden. Der erste Schritt wäre, sich über die wirkliche Situation im grössten Staat Südamerikas zu informieren.

Diese sieht folgendermaßen aus: Die Existenz von Straßenkindern ist in Brasilien traurige Tatsache. Sie sind die Folge der großen Armut, von welcher in Brasilien viele betroffen sind. Laut einem Bericht von Amnesty International, lebten 2012 mehr als 16,2 Millionen Brasilianer mit weniger als 40 Dollar im Monat. Familien können so ihre Kinder nicht ernähren und diese landen auf der Strasse, wo sie auch oft ein Leben lang bleiben. Weltweit liegt die Zahl der Straßenkinder bei 80-100 Millionen. Eine aktuelle Zahl für Brasilien zu geben, ist unmöglich. Denn die von der Regierung veröffentlichten Zahlen sind meist nicht real und dienen lediglich zur „Verschönerung“ der dramatischen Realität.

Die Gier der lokalen Geschäftsmänner

Hand in Hand mit der Existenz der Straßenkinder geht auch deren Ermordung. Diese blickt in Brasilien auf eine lange, traurige Tradition zurück. Sie fand ihren Anfang in der Gründung von „Death Squads“ 1960. Dies ist die Bezeichnung für Gruppen, welche das Gesetz in die eigene Hand nehmen. Sie sind der Meinung, dass die Regierung nicht schnell genug Gewaltverbrechen und Drogendelikte verurteilt. Also ermorden sie Menschen, die in ihren Augen Gefahren für die Politik oder Religion sind. Die Death Squads machen dabei bis heute auch keinen Halt vor Straßenkindern. Stephen Brookes schrieb zu diesem Thema 1991 (also 16 Jahre bevor Brasilien als Austragungsland der WM gewählt wurde) eine Reportage für das „Insight Magazine“. Darin beschreibt er den Fakt, dass 1990 alleine schon über 400 Straßenkinder ermordet wurden und diese Zahl über die Jahre hinweg steigen würde. Denn laut der Polizei verdienen Death Squads 40-50 Dollar pro getötetem Straßenkind. Bezahlt werden sie meist von Geschäftsmännern, die in den sozialen Missständen des Landes eine Gefahr für den eigenen Profit sehen.

Dass die von Death Squads ausgeführten Morde während eines Events im Lande aufgrund blühender Geschäfte und medialer Aufmerksamkeit steigen, ist also kein Wunder. Die WM treibt solche Umstände voran und kann sicherlich nicht nur positiv betrachtet werden. Aber dass Menschen so naiv sind, fälschlicherweise anzunehmen, dass die Morde alleine wegen der Weltmeisterschaft existieren, ist tragisch. Viele Facebook-Aktivisten haben folglich keine Bewunderung für ihr anscheinend tiefes Mitgefühl für die Straßenkinder Brasiliens verdient. Denn haben 90% von ihnen vor der WM nie ein Gedanke daran verschwendet, sich für die Kinder, durch bspw. das Unterstützen einer Hilfsorganisation, einzusetzen. Und werden dies wohl auch nach der WM nicht tun. Viel schlimmer: die meisten gucken nicht über ihren Facebook-Tellerrand hinweg und denken, alle Straßenkinder würden vermutlich nach Ende der WM verschont.

Die Weltmeisterschaft nicht zu gucken, ist also das einzige, was sie zur vermeintlichen Änderung der Situation in Brasilien beitragen. Und natürlich ein Daumen-hoch für die getöteten Straßenkinder auf Facebook zu spenden. Dass diese dadurch aber nicht wieder lebendig werden und ihre noch lebenden Leidensgenossen sich davon auch kein Dach über dem Kopf leisten können, verdrängen die meisten selbsternannten Samariter mit Bravour. Facebook mag zwar mächtig sein, doch hat nicht die Macht, die Welt zu verändern.