Deutschsprachige Medien weltweit – ein Interview mit Björn Akstinat, Gründer der international agierenden Organisation Internationale Medienhilfe (IMH).
Von Franziska Döring
Wer und was genau ist die Internationale Medienhilfe?
Kurz gesagt ist es der Verband der deutschsprachigen Medien im Ausland und der fremdsprachigen Medien im Inland. Diese Medien bekommen Hilfe und Beratung durch die Internationale Medienhilfe (IMH) und sind gleichzeitig Mitglieder und Träger. Ich bin der einzige hauptberufliche Mitarbeiter, der sich quasi rund um die Uhr damit beschäftigt. Zehn weitere Helfer sind ehrenamtliche Mitarbeiter, die von Berlin und Köln aus agieren.
Wie funktioniert die Mitgliedschaft der Medien genau?
Die Mitglieder sollen sich untereinander helfen und sie bekommen von der Zentrale in Berlin Unterstützung und Hilfe, hauptsächlich durch Beratung. Damit sind keine Geldzuwendungen gemeint. Wir versuchen von staatlichen Stellen manchmal Geld einzuwerben, was an die Medien weitergegeben wird. Manchmal werden auch Seminare für die Medienmitglieder durch Spendengelder finanziert. Eine direkte Geldunterstützung gibt es jedoch nicht.
Die IMH tritt also oftmals als Vermittler auf?
Genau. Es gibt beispielsweise für große Werbeagenturen die Möglichkeit einen Ansprechpartner zu haben, eben die IMH in Berlin, und über diesen einen Ansprechpartner eine Anzeige in z.B. zehn Mitgliedszeitungen zu einem etwas rabattierten Preis zu schalten.
Wann wurde die IMH gegründet?
Das war in meiner Studentenzeit. Ich habe selbst als Student Praktika bei deutschsprachigen Medien im Ausland absolviert – in Israel, in Russland, in Prag, in London. Damals habe ich gemerkt, dass die deutschsprachigen Medien, die es im Ausland gibt, kaum zusammenarbeiten. Daraufhin habe ich ihnen eine Kooperation vorgeschlagen. Die angefragten Medien waren begeistert, jedoch fehlte ihnen die Zeit, sich darum zu kümmern und jemand, der alles koordiniert. Daraufhin habe ich die Koordination und den Aufbau des Netzwerkes übernommen. Begonnen hat alles Anfang der Neunziger.
Die Mitgliedsmedien sind laut Online-Recherche in über fünfzig Nationen vertreten. Wie viele sind es ungefähr?
Zunächst sind alle bedeutenden deutschsprachigen Medien aus dem Ausland Mitglied. Zum Beispiel die großen Tageszeitungen, die Allgemeine Zeitung in Namibia oder Der Nordschleswiger aus Dänemark. Zu den ganz kleinen Medien gehören mitunter Gemeindebriefe und Mitteilungsblätter. Wenn man diese mit einbezieht gibt es im Ausland etwa zweitausend deutschsprachige Publikationen und noch etwa dreihundert Radioprogramme sowie fünfzig Fernsehprogramme.
Wie haben Sie all diese Auslandsmedien ermittelt?
Mittlerweile kommen viele Medienmacher auf mich zu und sagen: „Hey, ich habe etwas Neues gegründet.“ Zum Beispiel in Kambodscha. Dort ist komischerweise vor Kurzem eine neue Zeitung gegründet worden. Wobei ich selbst nie gedacht hätte, dass es dort genügend deutschsprachige Leser existieren. Oder in Vietnam ist ein neues deutschsprachiges Kurzwellenradioprogramm entstanden.
Aber grundsätzlich ist es so, dass ich einfach ein großes Interesse an diesen deutschsprachigen Medien im Ausland habe. Es ist auch einfach eine tolle Sache, dass es sie gibt. Es macht wahnsinnig viel Spaß, mit ihnen gemeinsam zu arbeiten und mit ihnen Kontakt zu haben. Nachdem ich selbst Praktika bei den verschiedensten Medien gemacht habe, begann ich im Internet zu recherchieren, um zu sehen, wo es noch deutschsprachige Medien im Ausland gibt, die ich bislang noch nicht kannte.
Gibt es in anderen Ländern ähnliche Verbände wie die IMH hier in Deutschland?
Mir ist so etwas nur aus Russland bekannt. Dort gibt es eine Institution, sie heißt Ruskimir, übersetzt: „Russische Welt“. Die Institution kümmert sich um Auslandsrussen und um russische Medien im Ausland. Aber er konzentriert sich eben nicht nur auf die Medien, sondern auf Russisches im Ausland allgemein. Außerdem ist er staatlich und nicht privat, wie etwa die IMH. Die IMH ist staatlich unabhängig.
Spielt die politische Ausrichtung der zu unterstützenden Medien eine Rolle?
Wenn wir merken, dass ein Medium eine undemokratische Arbeitsweise oder Berichterstattung hat, dann wird das jeweilige Medium nicht bei der IMH aufgenommen. Bisher ist das aber noch nie vorgekommen.*
Wie genau finanziert sich die IMH?
Es gibt einmalige Aufnahmebeiträge. Diese sind sehr gering. Monatliche Mitgliedsbeiträge gibt es nicht, das wäre viel zu schwer diese immer einzutreiben. Dadurch allein könnte ich die ganze Arbeit und mich selbst jedoch nicht finanzieren. Das funktioniert hauptsächlich durch die Überschüsse meiner Firma.
Die IMH vermittelt auch Praktikumsstellen bei Ihren Mitgliedsmedien. Wie funktioniert das und welche Ansprüche stellen Sie an die Bewerber?
Man muss mindestens zwanzig Jahre alt sein und sollte schon etwas Medien- und am besten auch Marketing-Erfahrung haben. Marketing-Erfahrung ist meistens sogar noch besser als Medien-Erfahrung, weil jemand der etwas gut vermarkten kann und zum Beispiel gut Anzeigen reinholen kann, ist für die Auslandsmedien, die natürlich auch auf Werbeeinnahmen angewiesen sind, oft noch wertvoller als jemand, der nur in Anführungszeichen gut schreiben kann. Am besten ist eigentlich ein Werbefachmann mit guten journalistischen Kenntnissen.
Weshalb liegt das Mindestalter gerade bei zwanzig?
Die Altersgrenze gab es nicht immer. Wir bemerkten, dass sich sehr viele Abiturienten bewarben. Diese sind einfach zu jung und sie waren teilweise zuvor auch noch nie für längere Zeit allein im Ausland gewesen. Oft gab es dann Probleme, dass diese sich nicht allein zurechtfinden konnten und um die sich die Medienmacher zusätzlich kümmern mussten, sodass die Praktikanten eher eine Be-, als eine Entlastung waren.
Melden sich die Medienmitglieder bei Ihnen und sagen „Hey, wir brauchen jemanden“ oder gibt es auch so etwas wie Initiativ-Bewerbungen?
Beides. Es gibt Medien, die explizit sagen „Bei uns ist was frei, bitte vermittelt uns Leute“. Die berücksichtigen wir natürlich. Aber es gibt auch Bewerber, die sagen „Ich möchte unbedingt nach Kanada“, und das kann dann sein, dass zu dem Zeitpunkt keine Stellen aus Kanada ausgeschrieben sind, dann sagen wir dem Bewerber einfach zwei, drei Medien, die in Frage kommen könnten, die grundsätzlich Praktikanten aufnehmen.
Wie genau läuft das Bewerbungsverfahren ab?
Zunächst einmal meldet man sich telefonisch bei uns. Die Nummer ist auf der unserer Internetseite unter dem Menü-Punkt „Praktika“ zu finden. Auf der Seite wird alles Grundsätzliche erklärt und es gibt einige Kommentare von ehemaligen Praktikanten zu lesen. Telefonisch bekommt man noch einmal das Wichtigste mitgeteilt und schickt dann eine Kurzbewerbung, quasi eine kleine Kurzvorstellung von sich mit Adresse, Altersangabe und einer Übersicht über seine Medienerfahrungen, an die IMH. Einige Zeit später, nachdem wir die Kurzbewerbung prüfen konnten, sollte sich der Bewerber dann abermals telefonisch melden. Beim zweiten Gespräch bekommt dieser schließlich mitgeteilt, welche Medien für ihn in Frage kommen. Dort kann er sich ausführlich bewerben.
Welches sind die skurrilsten und spannendsten deutschsprachigen Auslandsmedien?
Es gibt schon sehr abgedrehte Medien und auch besondere Orte, an denen Medien herausgegeben werden. Beispielsweise auf den deutschen Polarstationen. Es gibt sie nicht mehr als Print-Version, sie erscheinen inzwischen nur noch als elektronische Rundbriefe. Für die, die aktiv an der Zeitung mitwirkten, diente sie wohl vermutlich in gewisser Weise als Ablenkung und Ausgleich zur eigentlichen Forschungsarbeit. Das half ihnen die Einsamkeit dort oben zu ertragen.
Waren auf den Polarstationen ebenfalls Praktikanten willkommen?
Nein, dort musste man wohl vermutlich gleichzeitig auch Polarforscher sein (lacht). Alles in allem gibt es wirklich viele Orte auf der Welt, wo man nicht glauben würde, dass dort deutschsprachige Medien publiziert werden. Zum Beispiel erscheinen deutschsprachige Zeitschriften in der Pampa von Paraguay. Dort existieren deutschsprachige Dörfer von Mennoniten und diese geben ziemlich gut gemachte Zeitschriften heraus und haben auch deutschsprachige Radiosender. Diese Dörfer, die die Mennoniten aufgebaut haben, sind ziemlich gut entwickelt, mit eigenen Krankenhäusern und eigenen Schulen und man kann sich dort mit fast jedem auf der Straße auf Deutsch unterhalten.
Es gibt eben in ganz abgelegenen Regionen deutschsprachige Medien. In Schottland hat man gerade damit begonnen ein neues deutschsprachiges Hochglanzmagazin zu publizieren. Auch sehr interessant, dass dort überhaupt etwas deutschsprachiges gegründet wird, weil man grundsätzlich denken könnte, dass es in einer englischsprachigen Region keine deutschsprachigen Medien benötigt, da ohnehin alle Deutschen, die dort leben, Englisch können. Aber dieses Magazin konzentriert sich hauptsächlich auf den Tourismus, d.h. das Magazin ist für deutsche Touristen, die in diese Gegend kommen, gedacht. Auch in London gibt es eine deutschsprachige Quartalszeitung. Oder in Sibirien, in ganz abgelegenen Gegenden gibt es noch deutschsprachige Radio-Stationen und Zeitungen, dorthin wurden früher viele Russlanddeutsche deportiert.
Wie alt sind die ältesten deutschsprachigen Auslandsmedien?
Auf Madagaskar wurde vor einiger Zeit auch etwas gegründet, jedoch nur kurzzeitig. Viele Auslandsmedien bestehen nur vorübergehend. Aber andere halten sich inzwischen schon seit ein paar hundert Jahren. Die ältesten Zeitungen der USA sind beispielsweise deutschsprachig: die New Yorker Staats-Zeitung ist schon rund 200 Jahre alt. Sie existiert seit 1834 ohne Unterbrechung.
Gibt es auch Medien, die bilingual publizieren?
Ja klar, das gibt es ziemlich oft. In Amerika ist beispielsweise gerade eine neue deutschsprachige Zeitung bzw. Zeitschrift gegründet worden, in deutscher und englischer Sprache. Sie heißt German World. Dort stehen die Artikel auf Deutsch und Englisch nebeneinander, sodass viele Deutschamerikaner die Zeitung kaufen und damit auch die Sprache erlernen können. Das weiß hier in Deutschland kaum jemand, dass in den Vereinigten Staaten die Deutschamerikaner die größte Bevölkerungsgruppe darstellen.
* Es werden keine Propaganda-Medien von Staaten aufgenommen. Es gibt beispielsweise in China den Sender Radio China International. Das ist ein staatlicher Sender und dieser macht Propaganda für die kommunistische Regierung. Oder es gibt eine deutschsprachige Zeitung in Kuba, die Granma, diese ist ebenfalls von der Kommunistischen Partei in Kuba und propagiert den Kommunismus und die Castro-Politik. Sie steht zwar im Handbuch der deutschsprachigen Presse im Ausland von der IMH, jedoch nur der Vollständigkeit wegen.