Mit Facebook Spotted auf Flirtkurs – Von der Suche nach dem roten Engel

Von Annelie Neumann

Dank Facebook Spotted gibt es für den verpassten ersten Eindruck nun eine zweite Chance. Zumindest wenn es ums Flirten geht. Mit anonymen Anzeigen auf der Suche nach der großen Liebe – oder dem „jungen adretten Kerl mit dem Batman-Pulli in der Mensa.“[1]

Das Dilemma der verpassten Gelegenheiten …

Da steht er an der Supermarktkasse: der Traummann, auf den Frau schon immer gewartet hat. Oder plötzlich sitzt sie in der Bahn gegenüber: das Sinnbild von Traumfrau aller schlaflosen Nächte. Doch so schnell sie gekommen sind, so schnell entschwinden sie oft wieder. Und mit den vermeintlichen Traumfrauen und –männern die Gelegenheit und der Mut sie anzusprechen. Abhilfe aus dem Dilemma verspricht nun ein Trend namens Spotted. Per virtuelle Kontaktanzeige – anonym versteht sich – können Inserenten auf speziellen Spotted-Seiten bei Facebook ihre potenzielle bessere Hälfte suchen. Die Seitenbetreiber veröffentlichen dann die Anfragen. Wichtig ist eine möglichst genaue Beschreibung der Begegnung und des Gesuchten. Erkennt sich der oder die Gesuchte wieder, kontaktiert er die Administratoren. Einer zweiten Begegnung stets nun nichts mehr im Wege.

Spotted-Gruppe der Glasgower Universitätsbibliothek als Vorkämpfer

Seinen Ursprung hat das virtuelle Anbändeln in den USA und in England. Seit Mitte Dezember letzten Jahres verhilft die Spotted-Gruppe der Universitätsbibliothek Glasgow Verliebten zu einer zweiten Chance. Sie gilt als eine der ersten Spotted-Gruppen weltweit.[2] Mittlerweile ist der Trend des Erspähens, so die Übersetzung des Begriffes, auch in Deutschland angekommen. Vor allem Studenten haben die virtuelle Kontaktanzeige via Facebook für sich entdeckt. Besonders erfolgreich ist die Spotted-Seite der Universität Göttingen (ca. 4000 „Gefällt mir“-Angaben)[3]. Auch bei der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Berlin kann seit Kurzem gespäht werden. Jedoch herrscht auf der HMKW-Spotted-Seite noch gähnende Leere. Wie viele Spotted-Gruppen es deutschlandweit insgesamt gibt, darüber bewahrt Facebook Stillschweigen.

Spotted: Getunte virtuelle Kontaktanzeigen

Auch abseits der Hörsäle wird fleißig gesucht, durch das Milchglas geflirtet[4] und gefunden. Ob in Diskotheken, beim öffentlichen Nahverkehr, in Fitnessstudios oder bei der Deutschen Bahn: Überall wo Menschen sich begegnen, kann nun Facebook der Liebe auf die Sprünge helfen.

Neu ist das Prinzip der Spotted-Seiten allerdings nicht. Sätze wie „Physiker gesucht!!!“[5] oder „die süße Sie mit dem goldigen Lockenkopf und dem grünen Zimtstern“[6] versprühen den Flair von Seifenoper und Groschenroman. Sie erinnern aber auch an Kontaktanzeigen längst vergangener Zeiten. Gesucht wird heute wie gestern. Spotted als „gepimpte“ Kontaktanzeige? „Das ist im Grunde ein altes Phänomen. Nur eben getunt, weil der potenzielle Adressatenkreis viel höher ist“ erklärt die Medienpsychologin der Universität Würzburg, Astrid Carolus, den Spotted-Trend.[7] Der dpa zufolge sei jede fünfte Suche erfolgreich.[8]

Mit witzig-romantischen Sprüchen und Likes auf Flirtkurs

Sie ist gut befüllt, die Facebook-Timeline der Spotted-Seite der Universität Heidelberg. Dicht an dicht drängt sich Suchanfrage an Suchanfrage. Es ist, als könnte man das Knistern förmlich spüren und sehen wie Herzen Purzelbäume schlagen. Zwischen den Zeilen – viel Hoffnung auf ein Wiedersehen:

„Du liest in der Linie 31 sehr vertieft Sachen aus so kleinen, schön gebundenen Büchern, studierst wohl Medizin, hast dunkle Haare und blaue Äuglein, die Dir auf den letzten Seiten ganz glasig geworden sind. Wenn du Dir mal von dem Typen mit der Jason-Stratham (bzw. Reich-Ranicki-:)-Frisur ein Heiß- oder Kaltgetränk Deiner Wahl anbieten lassen und ihm das Ende verraten willst, melde Dich doch mal :)“[9]

(Post vom 12.02.2013 der Spotted-Seite der Universität Heidelberg)

Die „unglaublich süße, zukünftige Tanzpädagogin“[10] wie auch die „liebste Blondine“[11] werden gesucht.Gefüttert werden die Seiten dafür mit Informationen, wie „männlich, braune Haare und ein dunkles Auto. Es liefen gerade die IMAGE DRAGONS mit It´s time im Radio (Energie). Wir standen an der Kreuzung Ringstraße-Lessingstraße nebeneinander“[12].

„An den roten Engel aus dem Info Cafe: Mephistopheles lässt es herniederschneien, um mir den Weg zu dir zu versperren. Doch ich werde mich dem Schalk widersetzen und mir einen Weg durch seine weiße Hölle bahnen.“[13]

(Post vom 07.02.2013 der Spotted-Seite der Universität Heidelberg)

Acht Likes hat dieser Eintrag bekommen. Ob der gesuchte rote Engel darunter ist, ist ungewiss. Unklar ist indes ebenso, ob die Spotted-Seiten für ihre Betreiber profitabel sein können. Momentan verdient vor allem einer: Facebook.

Große Reichweite, lange Speicherung: Datenschutzexperten warnen vor Spotted

Gerade das Preisgeben von vermeintlich unbedeutenden Informationen kann im Zeitalter des Internets bedenkliche Folgen haben. Datenschutzexperten warnen aufgrund der großen Reichweite und der langen Speicherung der Informationen davor. [14] „Es ist vor allem problematisch, dass die Betreiber dieser Spotted-Seiten unbekannt sind. Man gibt seine Daten und Kontaktwünsche also an Unbekannte weiter“, erklärt Thilo Weichert, Landesschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, die Problematik.[15] Werden die Gesuchten durch ihre Freunde erkannt und direkt verlinkt, kann auch dies gravierende Folgen haben – Freundschaftsanfragen Unbekannter en masse bis hin zum Stalking. Erkennt sich der Gesuchte, hat er jedoch auch das Recht die Anfrage löschen zu lassen.

Vielleicht ist das direkte Flirten nicht immer der leichteste Weg. Aber sicherlich der weniger freigiebigere. Auch auf der Gefahr hin Körbe zu kassieren. Doch zumindest weiß man dann, von wem der Korb kam.


  1. [1] http://www.facebook.com/pages/Spotted-University-of-Heidelberg/463263830376236 (Zugriff am 02.03.2013, Post vom 21.01.2013)
  2. [2] http://www.berlin.de/special/computer-und-handy/internet/news/2937360-909337-spotted-zweite-flirtchance-via-facebook.html (Zugriff am 02.03.2013)
  3. [3] https://www.facebook.com/SpottedatUniversityOfGoettingen?fref=ts (Zugriff am 02.03.2013)
  4. [4] http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/spotted-seiten-und-bibflirt-studenten-auf-partnersuche-im-internet-a-877865.html (Zugriff am 02.03.2013)
  5. [5] http://www.facebook.com/pages/Spotted-University-of-Heidelberg/463263830376236?fref=ts (Zugriff am 02.03.2013, Post vom 12.02.2013)
  6. [6] http://www.facebook.com/pages/Spotted-University-of-Heidelberg/463263830376236?fref=ts (Zugriff am 03.03.2013, Post vom 06.02.2013)
  7. [7] http://www.handelsblatt.com/panorama/aus-aller-welt/facebook-trend-spotted-anbieter-entkoppeln-bereits-seiten-von-facebook/7668546-2.html (Zugriff am 02.03.2013)
  8. [8] http://www.berlin.de/special/computer-und-handy/internet/news/2937360-909337-spotted-zweite-flirtchance-via-facebook.html(Zugriff am 02.03.2013)
  9. [9] http://www.facebook.com/pages/Spotted-University-of-Heidelberg/463263830376236?fref=ts (Zugriff am 03.03.2013, Post vom 12.02.2013)
  10. [10] http://www.facebook.com/pages/Spotted-University-of-Heidelberg/463263830376236?fref=ts (Zugriff am 02.03.2013, Post vom 08.02.2013)
  11. [11] http://www.facebook.com/pages/Spotted-University-of-Heidelberg/463263830376236?fref=ts (Zugriff am 02.03.2013, Post vom 06.02.2013)
  12. [12] http://www.facebook.com/pages/Spotted-University-of-Heidelberg/463263830376236?fref=ts (Zugriff am 02.03.2013, Post vom 11.02.2013)
  13. [13] http://www.facebook.com/pages/Spotted-University-of-Heidelberg/463263830376236?fref=ts (Zugriff am 03.03.2013)
  14. [14] http://www.handelsblatt.com/panorama/aus-aller-welt/facebook-trend-spotted-anbieter-entkoppeln-bereits-seiten-von-facebook/7668546-2.html (Zugriff am 03.03.2013)
  15. [15] http://www.berlin.de/special/computer-und-handy/internet/news/2937360-909337-spotted-zweite-flirtchance-via-facebook.html (Zugriff am 02.03.2013)

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