Macht der Health-Apps

Neben der NSA und diversen anderen (Geheim-)Diensten, die für das Sammeln persönlicher Daten bereits bekannt sind, haben nun auch die Health-Applikationen unser tägliches Leben und vor allem unsere Smartphones infiltriert und sich so Zugang zu unserer Gesundheit verschafft. Zunächst schleichend, beinahe lautlos eroberten die Gesundheitszentralen unsere mobilen Endgeräte. Update für Update krochen sie näher. Und plötzlich sind sie da. Vorinstalliert.

von Felix Liomin

Google Fit, S Health oder die Health-Applikation von Apple’s iPhone sammeln Daten. Sie zählen Schritte, messen den Puls, analysieren den Schlaf, erstellen Höhenprofile der täglichen Unternehmungen oder ermitteln verbrauchte Kalorien. Eine dieser sowohl von der Marke, als auch vom Betriebssystem abhängenden Gesundheitszentralen ist auf neuen Smartphones meist vorinstalliert. Dennoch darf an dieser Stelle nicht der Verdacht entstehen, diese Applikationen sammelten, ähnlich wie Geheimdienste, ihre Daten heimlich, still und leise. Die Erhebungen finden zwar im Hintergrund statt, jedoch wollen wir, dass die Apps Daten über uns erheben. Es handelt sich also um eine Art freiwillige Kontrolle, zumindest seit der User selbst entscheiden kann, ob und in welchem Umfang er Gebrauch dieser Dienste macht.

Die Health-Applikationen beziehen ihre Daten sowohl intern, als auch extern. Mittlerweile bestehen eine Vielzahl von Applikationen, einzig und allein dafür programmiert und entwickelt, den großen Gesundheitszentralen, der jeweiligen Smartphones, Daten über den Gesundheitszustand des Besitzers, also über den des Menschen hinter dem Technikwunder zu liefern.

Rasante Entwicklung der Health-Apps

Eine genaue Anzahl der Apps im Gesundheitsbereich festzustellen, ist schwer. Nach Angaben des Spiegels gab es bereits im November 2014 über 15.000 Gesundheits-Applikationen allein in Deutschland.1 Das Universitätsklinikum Freiburg veröffentlichte im Juni 2015 einen Report, wonach sich die Zahl, der speziell auf Gesundheit und Fitness ausgerichteten Applikationen, im letzten halben Jahr mehr als vervierfacht hat.2 Und weltweit wurden im Mai 2014 sogar bereits an die 200.000 Applikationen rund um das Thema Gesundheitsbewusstsein gezählt. Tendenz seitdem deutlich steigend.

Gesundheitsapps

Quelle: Universitätsklinikum Freiburg, Mai 2014, ©Statista 2015

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In diesem Zusammenhang etabliert sich der Begriff „Self-Optimization“ zum Modewort. Diese Optimierung des eigenen Körpers kann mithilfe mittlerweile nahezu unzähliger Wearables bis zur totalen Selbst-Kontrolle gehen, wie ein Bericht des Spiegels zeigt, doch auch der durchschnittliche Smartphone-User erhebt immer mehr Daten über sich und seinen Körper via Health-Applikationen.

So oder so können die erhobenen beziehungsweise ermittelten Daten helfen, sich und seinen Körper ein wenig besser im Auge zu behalten und nicht in völliger Maßlosigkeit zu leben. Auch können sie dazu beitragen, die eigenen Trainingsfortschritte festzuhalten, auf eine ausgewogenere Ernährung zu achten oder die eigenen körperlichen Befunde zu dokumentieren. Wer also Kontrolle über sich und seinen Körper sucht oder braucht, findet damit eine relativ benutzerfreundliche Möglichkeit.

GPS-Tracking auf dem Vormarsch

Vor allem innerhalb des letzten Jahres entwickelten sich die Gesundheitszentralen, die auch Bloatware genannt werden, da die Software auf den mobilen Geräten bereits vorinstalliert ist, auf den jeweiligen Smartphones rasant weiter. Um Schritte zu zählen, Strecken- und Höhenprofile zu erstellen, also insgesamt ein erfolgreiches GPS-Tracking zu erzielen, bedarf es des Einsatzes mehrerer Technologien, die im Innenleben der Smartphones harmonisch zusammenarbeiten. Zum einen hat sich die Standortbestimmung über das GPS-System wesentlich verbessert. Innerhalb kürzester Zeit lässt sich mittlerweile der Standort des jeweiligen Geräts auf wenige Meter genau nachvollziehen. Durch eine gezielte Messung über einen bestimmten Zeitraum lässt sich damit auch die Strecke, die das Gerät und damit der User zurückgelegt hat, erfassen. Diese Technologie allein entpuppt sich bei genauerer Betrachtung allerdings lediglich als Spitze des Eisbergs der vielfältigen, aufeinander abgestimmten Sensoren-Techniken innerhalb der mobilen Endgeräte. Ohne an dieser Stelle auf jede Technologie im Einzelnen einzugehen, spielen vor allem diverse Bewegungssensoren, unter anderem Beschleunigungssensoren, sowie das Gyroskop und Höhenmesser eine entscheidende Rolle beim erfolgreichen GPS-Tracking.4

Gefahren und Chancen dieser Technologien

Abgesehen von den vielen Vorteilen, die diese Technologien mit sich bringen, nämlich die Erhebung, Messung und Auswertung diverser Daten rund um das riesige Feld der Gesundheit, bergen die unterschiedlichen Datenerhebungs-Methoden auch einige Gefahren und Risiken. Die kontinuierliche Bestimmung des Standorts macht das Individuum gläsern – für wen scheint an dieser Stelle nicht abschließend geklärt. Zwar beteuern die großen Global Player, die hinter den riesigen Datensammlungen stehen immer wieder, die erhobenen Daten würden nicht oder nur anonymisiert an dritte Unternehmen weitergegeben werden, ob dem wirklich so ist, wird sich dem User wohl vorerst nicht offenbaren.

Bestätigt ist mittlerweile, dass sich beispielsweise IT-Riese IBM vermehrt um die gezielte Auswertung und Aufbereitung der gesammelten Daten aus der Health-Applikation von Apple bemüht und diese in riesigen Clouds speichert. Die Daten sollen vor allem Ärzten und Forschern zugute kommen, so IBMs Vize-Präsident John Kelly.5 Ein ausgezeichneter Gedanke, wird dadurch die Forschung und Entwicklung in der Gesundheitsbranche nochmals erheblich vorangetrieben und weitere Fortschritte machen. Die Aufbereitung der Daten könnte also als eine riesige Chance in diesem Zusammenhang begriffen werden.

Wem die Daten, anonymisiert oder nicht, sonst noch gegen monetäre Mittel zur Verfügung gestellt werden, darüber lässt sich an dieser Stelle dennoch lediglich spekulieren. Auch ist die Sicherheit der virtuellen Cloud-Speicherung längst nicht vollständig geklärt. Wer also letztlich alles Zugriff auf die unendlich scheinende Datenmenge hat, ist ungewiss. Einige Horrorszenarien, die den Datenschutz der gespeicherten Informationen betreffen, sind also denkbar. So könnten Krankenkassen beispielsweise die Daten nutzen, um ihre Kunden, beziehungsweise Patienten, neu zu kategorisieren und je nach gesundheitlichem Zustand unterschiedlich einzustufen, wodurch sich auch die Höhe der Beitragszahlungen verändern könnte.

Letztlich bleibt offen, ob sich die Sammlung und Analyse der erhobenen Daten als Fluch oder Segen für die Gesellschaft entpuppen wird. Für die Gesundheitsbranche könnten sie als erheblicher Zugewinn dienen, andere Unternehmen könnten die Daten unter Umständen missbrauchen.

Neuesten Softwareaktualisierungen haben wir es zu verdanken, dass wir selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang wir die bereits angesprochene (freiwillige) Kontrolle zulassen. Die Ortungsdienste der Smartphones können deaktiviert werden. Auch die Schrittzähler-Funktion und andere automatisierte Datenerhebungen können leicht ausgestellt werden oder benötigen unser Einverständnis. Schließlich hat es der User also vorerst selbst in der Hand, in welchem Maße seine Daten rund um das Thema Gesundheit ermittelt werden und inwieweit unsere mobilen Wunderwerke der Technik unseren menschlichen Organismus „infiltrieren“ und Einblick in unsere digitale Patientenakte genießen – anders als bei Spionage-Angriffen der NSA oder anderen (Geheim-)Diensten.

  1. Vgl.: http://www.spiegel.de/video/das-ich-als-fulltime-job-die-selbstoptimierung-des-koerpers-video-1533052.html, Zugriff 28.06.2015  
  2. Vgl.: http://www.tk.de/centaurus/servlet/contentblob/724458/Datei/143237/TK-Pressemappe-Digitale-Gesundheit-Praesentation-Dr-Kramer.pdf, Zugriff 28.06.2015  
  3. Bildnachweis: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/343114/umfrage/anzahl-der-gesundheitsapps-nach-therapiebereich/, Zugriff 30.06.2015.  
  4. Vgl.: http://www.inside-handy.de/lexikon/sensoren, Zugriff 30.06.2015.  
  5. Vgl.:https://webmagazin.de/e-business/ibm-sammelt-gesundheitsdaten-von-apple-42751000, Zugriff 30.06.2015  

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