Die Near Field Communication (NFC) ist ein Funkstandard aus dem Jahr 2002 mit einer sehr geringen Reichweite zwischen 4-10 cm und gilt allein deswegen als nahezu abhörsicher. Mit einer Datenübertragungsrate von 424 KBytes/sek. ist es langsamer als Bluetooth, erspart dem Nutzer aber das sogenannte „Pairing“, das Synchronisieren zweier Geräte zur Datenübertragung1. Dieses Pairing ist vor allem Bluetooth-Nutzern wohl bekannt, wenn sie versuchen, eine Datenverbindung mit einem anderen Smartphone herzustellen, das diesem Verbindungsaufbau zustimmen muss. Über NFC können allerlei Informationen wie Kalendereinträge, Kontakte, Internetseiten usw. ausgetauscht, aber in Verbindung mit Zusatzsoftware auch Daten wie Fotos, Videos oder Musik übertragen und NFC-fähige Abspielgeräte angesteuert werden23
von Marc Linde
Die Nahfeldkommunikation stellt hierbei die Verbindung her, während häufig über Bluetooth, ZigBee oder WLAN die Musikdateien übermittelt werden4. Auch kommen kleine programmierbare Chips, sogenannte NFC-Tags, zum Einsatz, die beispielsweise in Werbeplakaten, Visitenkarten oder Klebeflächen Zusatzinformationen an das Smartphone übermitteln. Praktisch sind diese Chips auch im Privatgebrauch, wenn sie nur an das Smartphone gehalten werden müssen, um individuelle Einstellungen schnell und einfach auf dem Telefon vorzunehmen.
Das größte Potenzial dieses Funkstandards sehen Experten aber im bargeldlosen Bezahlen, das bereits bei Aldi-Nord und an vielen Fahrscheinautomaten möglich ist. Hierbei ist die Kreditkarte auf dem NFC-Chip digitalisiert, weshalb der Nutzer sein NFC-fähiges Smartphone nur an das Lesegerät der Kasse hält und der Bezahlvorgang in
wenigen Sekunden abgeschlossen ist. Seit 2012 gibt es in Deutschland bereits Kreditkarten mit NFC-Chips.
Steigende Tendenz zum e-Geldbeutel
In Europa zeichnet sich bereits ein Trend hin zu dieser einfachen Bezahlmethode ab. So können in Frankreich derzeit noch 3.000 €, in Spanien 2.500 €, in Griechenland 1.500 €, Italien und Portugal nur noch 1.000 € Bartransaktionen getätigt werden6. Die dänische Regierung geht schon so weit, dass Tankstellen, Restaurants und kleinere Läden die Annahme von Bargeld bald gänzlich verweigern dürfen und schon Ende 2016 keine neuen Banknoten mehr gedruckt werden sollen7. Der Anstoß dieser wirtschaftlichen Neuausrichtung kommt aus der Bevölkerung, denn die Dänen empfinden das bargeldlose Bezahlen mit Kredit- und EC-Karte komfortabler und schneller. In Schweden macht der Handel mit Bargeld geschätzt nur noch ¼ des Gesamtvolumens aus8. Auf deutscher Seite steht man dem Verfahren noch skeptisch gegenüber, weil die Trennung von der Geldnote schwer fällt und einige Sicherheitsaspekte noch nicht geklärt sind. Dennoch gibt es auch hierzulande schon Einwürfe, Höchstgrenzen für die Barzahlung einzuführen9.
Bargeld ist teuerer im Unterhalt
Doch wenn bereits von Höchstgrenzen gesprochen wird, liegen auch schon Pläne für die
Abschaffung des physischen Geldes in der Schublade. Politiker, Finanz- und Wirtschaftsexperten prophezeien einen Rückgang der Schwarzarbeit, eine effizientere Bekämpfung der Steuerhinterziehung und des Terrorismus sowie das Ausbleiben von Banküberfällen mit der kompletten Umstellung auf bargeldlose Bezahlsysteme. Auch werden ganz praktische Gründe wie der Kosteneinsparung für die Bargeldversorgung (Herstellung, Erneuerung und Kontrolle der Scheine und Münzen) ins Feld geführt. Schon die Herstellung der kupfernen Ein- und Zwei-Cent Münzen liegen deutlich über ihrem Nennwert. Des Weiteren müssen Geldautomaten aufgestellt und befüllt werden, wobei schon der Geldtransport mit speziellem Fahrzeug und Personal sowie gesonderten Versicherungen erfolgt10. In einer Studie der Berliner Steinbeis-Hochschule aus dem Jahr 2013 werden diese Kosten der Bargeldwirtschaft auf etwa 12 Mrd. € jährlich und jene der Kartenwirtschaft auf rund 800 Mio. € jährlich beziffert. Neben diesen finanziellen Aspekten lässt sich in einer Studie der Deutschen Bundesbank auch eine Stagnation der Bargeldnutzung seit 2008 feststellen, wobei diese unter anderem durch das Lastschriftverfahren des florierenden Onlinehandels begünstigt wird.
Die Bundesbank fand zudem heraus, dass vor allem junge Menschen in Deutschland dem neuen Bezahlmodell sehr offen und neugierig gegenüberstehen, aber dennoch auf die Sicherheit bedacht sind und vorsichtig bleiben. Da der NFC-Standard nicht verschlüsselt ist, reicht den Kriminellen ein mobiler Scanner samt Hackersoftware und ein ruhiger Moment für den digitalen Taschendiebstahl.
https://www.youtube.com/watch?v=CezbWCZRtaU
Eine nachträgliche Verschlüsselung wäre zwar möglich, würde aber die ohnehin schon geringe Übertragungsrate weiter schmälern und das Bezahlen an der Kasse womöglich verlangsamen. Abgesehen davon hinterlässt der Nutzer bei der Transaktion Datenspuren, die eindeutig auf ihn zurückzuführen sind und Unternehmen, Finanzamt und Versicherungen die Erstellung von einzigartigen Bewegungs- und Konsumentenprofilen ermöglichen. Wenn der 50 jährige Max Mustermann morgens Kuchen und Gebäck für die Kollegen am Arbeitsplatz mitbringt, in der Mittagspause rezeptfreie Medikamente für seine Frau besorgt und sich am Abend mit der Familie im Stakehouse trifft, färben sich seine Daten bei der Krankenkasse in allen möglichen Warnfarben, was unweigerlich in einer Neueinschätzung seiner Tarife mündet.
Verschuldung, Enteignung und Willkür als Geschäftsmodell
Betrachtet man neben den Einzelschicksalen auch die volkswirtschaftlichen Möglichkeiten, werden abermals Lücken im bargeldlosen Verkehr ersichtlich. Da nun jeder einzelne Bezahlvorgang direkt mit dem Bankkonto abgewickelt würde, könnten die Geldinstitute über Gebühren an jeder Transaktion mitverdienen, wie es bereits in Schweden der Fall ist. Mit dem Wegfall des Bargeldes wären für die Banken zudem Negativzinsen vorstellbar, die jeder Kunde zu entrichten hätte, der Geld auf seinem Konto parkt. Und wenn die Institute noch immer nicht genug abgeschöpft haben, könnten sie durch Enteignungen wie 2013 auf Zypern die Menschen sehr hart treffen, da diese einfach an kein Geld mehr kämen und sich auch keines mehr leihen könnten. In diesem Beispiel betraf es zwar nur Einlagen höher als 100.000 €, doch mit der nächsten unerwarteten Krise kommen die nächsten unerwarteten Lösungen. Die Umstellung auf bargeldlose Zahlungen hätte aber auch negative psychologische Folgen, da eine abstrakte Abbuchung vom Konto für den Konsumenten schwerer zu fassen ist als der physische Verlust von Geld, wäre eine Verschuldung der Person deutlich einfacher und schneller realisiert. Der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Klaus Müller, merkt hierzu an: „Die scheinbar ständige Verfügbarkeit unbarer Zahlungsmittel kann verführen und den Einstieg in die Verschuldung befördern.“11
Das bargeldlose Bezahlen über NFC mag einen gewissen Komfort an der Kasse mitbringen, doch bezahlen die Leute diese Bequemlichkeit nicht zuletzt mit weniger Privatsphäre und Sicherheit. Ähnlich wie bei der Gemeinschaftswährung soll nun der Zahlungsverkehr einfacher und praktischer werden, der Kontinent soll nun noch enger zusammenwachsen und vielleicht sind die Deutschen wieder die Hauptprofiteure – wahrscheinlich aber lehnt man sich diesmal doch nicht so weit aus dem Fenster. Gerade in Zeiten der globalen Überwachung durch Geheimdienste und Datenkraken wie Google oder Facebook ist der vorsichtige Umgang mit digitalen Bezahlsystemen nur anzuraten. Google und Apple sind mit ihren Bezahlplattformen bereits von Anfang an dabei, das unbare Bezahlen mitzugestalten und dürften in Zukunft auch auf dem europäischen Kontinent ihre Reviere vor der lokalen Konkurrenz abstecken. Sollte schließlich das transatlantische Handelsabkommen unterzeichnet und Unternehmen grenzenlose Klagemöglichkeiten erhalten, dürfte die Hoffnung auf eine staatliche Regulierung begraben und die Vollverglasung Millionen von Menschen Realität werden.
- Vgl.: http://www.elektronik-kompendium.de/sites/kom/1107181.html, , Zugriff 12.7.2015. ▲
- Vgl.: https://www.androidpit.de/nfc-nutzen-tipps ▲
- Videonachweis: https://www.youtube.com/watch?v=eUSHhNW3G9U, Zugriff 12.7.2015. ▲
- Quelle: http://praxistipps.chip.de/nfc-was-ist-das_12294# ▲
- Quelle: http://www.elektronik-kompendium.de/sites/kom/1107181.htm ▲
- Quelle: http://www.eu-verbraucher.de/de/verbraucherthemen/bezahlen-in-der-eu/bezahlen-im-ausland/hoechstgrenzen-fuer-
bargeldzahlungen/ ▲ - Quelle: http://www.wiwo.de/finanzen/geldanlage/bargeldzwang-wird-aufgeweicht-ohne-bares-durch-daenemark/11761018.html ▲
- Quelle: http://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/devisen-rohstoffe/kreditkarten-abba-star-ruft-zum-bargeld-
boykott/9283036.html ▲ - Quelle: https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2015/verbraucherschuetzer-warnen-vor-bargeld-abschaffung/ ▲
- Quelle: http://www.n-tv.de/ratgeber/Was-Scheine-und-Muenzen-kosten-article10679666.html ▲
- Quelle: https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2015/verbraucherschuetzer-warnen-vor-bargeld-abschaffung/ ▲