Refugees Welcome oder was?

Auf der „zentralen Mittelmeerroute“ ertrinken fast täglich Menschen. Vor Lampedusa starben allein am 3. Oktober 2013 etwa 390.1 Rund 51,2 Millionen Menschen befinden sich derzeit weltweit auf der Flucht und das, ohne zu wissen, ob sie ein sicheres Ziel unversehrt erreichen werden. Nicht nur Gemeinden oder Verbände schließen sich zusammen, um gemeinsam Hilfe zu leisten und Hoffnung zu geben; auch über soziale Netzwerke findet sich eine große Community, die den Flüchtlingen der Krisengebiete beisteht.
von Maren Schaub

Im vergangenen Jahr haben knapp 200.000 Menschen in der Bundesrepublik Schutz gesucht und Asyl beantragt. Im nächsten Jahr werden rund 300.000 Asylbewerber erwartet. Gleichzeitig steigt aber auch die Zahl der Abgeschobenen zusehends. Insgesamt 10.884 Personen wurde im vergangenen Jahr, oft nach Monaten des Wartens, der Aufenthalt in Deutschland verwehrt.2

Aber was bringt Menschen in die schreckliche Notlage aus ihrer Heimat zu fliehen? In vielen Fällen die Angst ums eigene oder das Überleben der Familie und der Freunde. Die Angst vor Zerstörung, Krieg und Armut, vor Terror und Hunger. Was passiert, wenn die eigene Heimat nicht mehr existiert und eine neue Heimat nicht in Sichtweite ist? Die Asylsuchenden kommen mit Lastwagen, Schiffen oder zu Fuß, meist mit der Hilfe so genannter „Schlepper“, für deren Dienste sie mit hohen Geldsummen zahlen müssen, in die Zufluchtsländer. Die legale Einreise per Visum ist beispielsweise in Deutschland nur äußerst eingeschränkt möglich und für eine schnelle Flucht kaum umsetzbar. In den 48 Unterkünften in Berlin haben Ende des vergangenen Jahres trotzdem knapp 12.000 Asylbewerber Platz gefunden. Doch der Platz ist rar. Die Heime, in denen Asylbewerber und Flüchtlinge unterkommen, sind oftmals überlastet. Obwohl weitere Räumlichkeiten theoretisch zur Verfügung stehen, werden sie nur bruchstückhaft genutzt.3 Von einem menschenwürdigen Dasein kann kaum die Rede sein und langfristige Lösungen stehen nur wenige bereit. Aufgrund der unzureichenden Unterkunftsmöglichkeiten, der Lager- und Residenzpflicht und des Abschiebungssystems protestierten seit Oktober 2012 regelmäßig bis zu 1500 Flüchtlinge und Unterstützer auf dem Oranienplatz in Berlin. Das Protestcamp wurde im Frühjahr 2014 jedoch nach langer und intensiver öffentlicher Diskussion geräumt. Etwa 150 Flüchtlinge wurden in Hostels oder andere Notunterkünfte gebracht.4    

In diesem kurzen Video5 gibt der ISD Bund e.V. (The Initiative of Black People in Germany) einen Einblick in das Dasein der Flüchtlinge auf dem Oranienplatz in Berlin Kreuzberg von 2013.

Einher mit der Unterstützung des realen Protests ging auch die Unterstützung des virtuellen Protests in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter und in diversen größeren Blogs zum Thema. Organisationen und Kampagnen wie „PRO ASYL“ , „Refugees Welcome“  oder „OranienPlatz“ machen es möglich den Verlauf der Demonstrationen nachzuvollziehen, Kontakt zu weiteren Hilfsorganisationen aufzunehmen. Sie verwenden diese Öffentlichkeit um eigene Erfahrungen zu teilen und zu informieren. Die Nutzung dieser Plattformen ermöglicht den Initiatoren einen Dialog mit Befürwortern und Kritikern, mit Unterstützern und Gegnern.

Der Twitter-Account der Kampagne OranienPlatz

Der Twitter-Account der Kampagne OranienPlatz, ©OranienPlatz

Mit ihren 503 Followern auf Twitter scheint die Kampagne „OranienPlatz“ zunächst keine sehr große Masse anzusprechen, doch es geht um mehr als Zahlen. Es geht um Solidarität mit den Flüchtlingen, darum ein Zeichen zu setzen und deutlich zu machen, was passiert und wer genau Hilfe benötigt. Das Ziel der Kampagne ist es, die Aufmerksamkeit auf die Flüchtlinge und Asylbeantragende zu lenken und eine Öffentlichkeit zu schaffen in der sich, nicht zwangsläufig nur mit Hilfe der zum Teil reißerischen Nachrichten rund um den Oranienplatz, mit der Thematik auseinandergesetzt wird. Gerade nach der Schließung des Protestcamps wurde die Kampagne genutzt um Ausstellungen, die Bezug auf die Menschen auf dem Platz in Berlin Kreuzberg haben, zu bewerben oder die Entwicklungen und Leben der Asylsuchenden zu verfolgen. Der Hashtag #OranienPlatz wird des weiteren von vielen Usern wie rbbonline, ndaktuell oder derbraunemob genutzt um weitere Nachrichten und wichtige Updates und Informationen zu verbreiten.

derbraunemob e.V. unterstützt mit dem Hashtag #OranienPlatz die Kampagne

derbraunemob e.V. unterstützt mit dem Hashtag #OranienPlatz die Kampagne und berichtet von der Situation in Kreuzberg. © derbraunemob

Die Initiatoren versuchen die vermeintlich Fremden in die Mitte des Berliner Bewusstseins zu rücken und vergessen dabei nicht zur Eigeninitiative aufzufordern. Durch das retweeten der Tweets gleichgesinnter Bündnisse, wie beispielsweise „lampedusaberlin“, wird ein noch größerer Einblick in die Welt der Flüchtlinge geschaffen. Die Tweets bestehen häufig aus Links zu Online-Zeitungsartikeln oder Websites, zudem wird regelmäßig aufgefordert Unterstützung zu leisten auf der individuellen Suche nach eventuellen Unterkünften, Schlafplätzen, Kleidung, aber auch bei der Organisation von Workshops und Flohmärkten.

Eine weitere etwas größere Twitter-Präsenz hat beispielsweise der Account des Bündnisses „Zwangsräumungen Verhindern“, das seit 2012 unter WirKommenAlle regelmäßig über Demonstrationen, Besetzungen und neueste Vorkommnisse rund um das Thema Flüchtlinge in Berlin berichten und seine knapp 1600 Follower zu mehr Handlung motiviert. Die Sammlung an Erfahrungsberichten auf den Miniaturblogs hat deutschlandweit resultierend zu einer großen medialen Diskussion geführt. Auch wenn einige Protestcamps, wie das auf dem Berliner Oranienplatz, bereits nicht mehr existieren, sind die Probleme allgegenwärtig, hinkt die Politik immer noch hinterher und trifft jeder, der nicht mit verschlossenen Augen durch die Gegend läuft auf Flüchtlingsschicksale.

Insgesamt ist die Existenz der Kampagnen für Flüchtlinge in sozialen Netzwerken von großer Relevanz. Sie dienen nicht nur der Informationsweitergabe, sondern auch dazu, die interessierte Leserschaft zu mehr Engagement aufzufordern und zu motivieren. Der kommunikative Zusammenschluss, der durch die sozialen Netzwerke stattfindet schafft eine breite Öffentlichkeit und kann als wichtiger Schritt hin zum Ziel einer „Willkommenskultur“ mit mehr Gleichberechtigung, Offenheit und gegenseitigem Verständniss gesehen werden.

Weitere informative Quellen:

Vgl.: http://interaktiv.morgenpost.de/fluechtlingscamp-oranienplatz/ , Zugriff 26.2.2015.

Vgl.: http://www.unhcr.de/mandat/genfer-fluechtlingskonvention.html , Zugriff 26.2.2015.

Vgl.: http://www.bamf.de/DE/Migration/migration-node.html , Zugriff 26.2.2015.

Vgl.: http://www.proasyl.de/ , Zugriff 26.2.2015.

  1. Vgl.: http://www.taz.de/!124857/, Zugriff 27.2.2015.  
  2. Vgl.: http://www.faz.net/aktuell/politik/bundesamt-fuer-migration-erwartet-300000-asylantraege-in-2015-13437024.html, Zugriff 27.2.2015.  
  3. Vgl.: http://www.zeit.de/campus/2014/06/hausbesetzer-europa-wohnungsnot, Zugriff 28.2.2015.  
  4. Vgl.: http://www.akweb.de/ak_s/ak593/47.htm, Zugriff 28.2.2015.  
  5. Videonachweis: https://www.youtube.com/watch?v=8DHo9mVZ8r4, Zugriff 27.2.2015.