1Sie stehen für Lifestyle, Trends, Beauty-Tipps und Ratschläge für jede Lebenslage. Deutsche YouTube-Größen wie BibisBeautyPalace oder Sami Slimani überzeugen durch ihre „Realness“. Doch diese vermeintliche Authentizität wird zunehmend von versteckten und intransparenten Produktplatzierungen begleitet. Diverse Unternehmen haben das Geschäftsmodell „YouTube-Star“ bereits für sich entdeckt und damit einen lukrativen Weg gefunden, die Bekanntheit der Internet-Stars für ihre Zwecke zu nutzen.2
von Felix Liomin
Bianca Heinicke (22), Dagmara Nicole Buckley (20) oder Sami Slimani (24) sind nur einige wenige Namen der derzeit erfolgreichsten deutschen YouTube-Stars in Sachen Lifestyle und Trend. Das Interesse für das eigene Aussehen und der Wunsch, gemachte Erfahrungen mit Anderen, Gleichgesinnten zu teilen, stellten die Initialzündung zur Geburt dieser YouTube-Kanäle dar. Clevere Tipps zur Aknebekämpfung, anschauliche Schmink-Tutorials, lustige Einblicke in das eigene Leben, Vorstellung von überzogen dargestellten Stereotypen, Do-It-Yourself-Videos, sowie die Lösung von anderen alltäglichen Problemen sorgten für einen rasanten Aufstieg und die Bildung großer Communities rund um diese VloggerInnen. Zusammen mit der Qualität der Videos stieg auch die Anzahl der Klicks und die Zahl der Abonnements auf YouTube. Eine große, glückliche Internet-Familie. Ungezwungen, unverbindlich, authentisch. Die VloggerInnen sind stolz auf ihre Community und umgekehrt. Dass in eben jenen Communities verborgenes Potential in Gestalt von kaufkräftigen Jugendlichen schlummert, blieb auch etlichen Unternehmen nicht verborgen. Diese bisher ungenutzte Kaufkraft sollte nun in Umsatz verwandelt werden.
Aber wie? Eine Frage, auf die es lang keine Antwort zu geben schien.
In der Vergangenheit konnte die Plattform YouTube für Unternehmen, beziehungsweise Management-Agenturen der YouTube-Sternchen nie so richtig gewinnbringend erschlossen werden. Durch die Partnerprogramme von YouTube verdiente nämlich vor allem YouTube.3 Es wurde also ein Weg gesucht, YouTube in gewisser Weise zu umgehen und aus diesem Zahlungsmodell auszuschließen.
Geschäftsmodell „YouTube-Star“
Eben dieser Weg scheint nun endlich gefunden zu sein. Das Modell ist ebenso einfach wie erfolgreich: Unternehmen wie Mediakraft Networks, Check One Two Perfect oder Reachhero stehen hinter den YouTube-Größen und „managen“ diese. Das bedeutet, sie nehmen sie unter Vertrag und organisieren das Geschäftliche im Hintergrund. Sie nutzen dabei die Bekanntheit der selbsternannten Lifestyle-Experten und deren große Reichweite um Produktplatzierungen (Product Placements) in deren Videos einzubetten. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, mit Partnerunternehmen, die Produkte – in welcher Form auch immer – sponsern, Umsatz zu generieren. Vor allem der Einsatz sogenannter Affiliate-Links spielt hierbei eine zunehmend wichtiger werdende Rolle.
Zugriff: 25.02.2015 – Quelle: YouTube-Video
Die Mischung macht’s
Dabei gibt es mehrere Video-Formate, die für die Management-Agenturen Relevanz besitzen. Beginnend mit Reisereportagen, welche den journalistischen Ansprüchen an eine Reportage allerdings nicht wirklich gerecht werden. Die YouTuberInnen treten, meist von Unternehmen bezahlte, Reisen zu Events im Bereich Lifestyle und Mode, wie beispielsweise den diversen Fashionweeks, an und berichten in Videos auf ihrem Kanal davon. Dabei beginnt es marketingtechnisch interessant zu werden, da in diesen Videos bereits Produkte platziert werden können.4
http://www.youtube.com/watch?v=DnJmdUfgmUY&spfreload=10
Reisereportage Dagi Bee, ab 19:00min Verlosung auf der Reise gekaufter / erhaltener Produkte
Viel wichtiger aber sind, zumindest aus Sicht der Marketingstrategen, Gewinnspiele, Verlosungen und so genannte „Haul-Videos“. „Hauls“, zu deutsch etwa „Beutezüge“, behandeln die letzten Einkäufe der VloggerInnen in Kosmetik- und oder Modekaufhäusern. Dabei präsentieren die Protagonisten ihre „Beute“, preisen deren Vorteile an und empfehlen hin und wieder, die Produkte ebenfalls zu versuchen.5
DM-Haul Dagi Bee
Und die wohl am besten kommerziell nutzbare Art Video sind Formate, bei welchen die VloggerInnen (vermeintlich) persönliche Lieblingsprodukte oder „Must-Haves“ vorstellen und diese ganz unverbindlich in der Info-Box unter den YouTube-Videos zu Plattformen wie beispielsweise Amazon verlinken. Der Clou dabei: die YouTuberInnen erhalten bei diesen Affiliate-Links bis zu 15% des durch den YouTube-Kanal generierten Gewinns.67
„Favoriten“,“Must-Haves“ BibisBeautyPalace
Es bedarf keiner großen Rechnungen um festzustellen, dass sich daran gut verdienen lässt. Insgesamt ist es für das Management und die VloggerInnen dabei wichtig, den Spagat zwischen authentischen Videos, die zu den Wurzeln der jeweiligen YouTube-Stars gehören und ökonomisch wertvollen Videos, die die eigene Existenz absichern und Partnerunternehmen zufriedenstellen sollen, zu schaffen. Andernfalls stellt sich nämlich schnell die Frage, ob die VloggerInnen ihre Authentizität, die sie zu eben jenen Youtube-Größen hat aufsteigen lassen, gegen banalen, oberflächlichen Kapitalismus tauschen?
Herausforderung Product Placement
Die Art und Weise wie dabei die Produkte in den genannten Videokategorien platziert werden, gilt als umstritten. Immer wieder wurden einzelne Vlogger mit Schleichwerbung in Verbindung gebracht. So berichtete Spiegel Online vor rund einem Jahr in ähnlichem Zusammenhang über diese Thematik. Der Vorwurf, der den YouTubern damals gemacht wurde, lässt sich dabei eins zu eins auf unsere oben genannten Beispiele übertragen. In den Videos von Bibi, Dagi oder Sami, und dabei ist der Name jeweils nahezu austauschbar, da sich die Inhalte zu mindestens 90% gleichen, spielen Markenprodukte und deren Qualität ständig eine Rolle. Es ist also schwer zu trennen, wann die jeweilige Produktvorstellung in Schleichwerbung überzugehen droht.
Experten zufolge, fehle oftmals vor allem die ausreichende Kennzeichnung der Product Placements in solchen Fällen.8
http://www.youtube.com/watch?v=ZAHjpbg0CNo
Beitrag über intransparente Produktplatzierung bei Sami Slimani
Meist wird ein Hinweis für wenige Sekunden im Video eingeblendet, der oftmals mit dem Hintergrund zu verschmelzen droht. Manchmal bleibt dieser Hinweis auch vollständig aus. Hin und wieder findet sich ein Vermerk in der Beschreibung der Videos. In den „Haul“-Videos ist im Grunde genommen nie ganz klar, ob es sich bei den vorgestellten Produkten um gesponserte Ware handelt oder ob ausgerechnet diese Produkte wirklich zufällig und nur aus eigenen Interessen ausgewählt und gekauft wurden. Wenn dabei über Klickzahlen in Millionenhöhe gesprochen wird, können die YouTuberInnen in gewisser Weise als heftige Meinungsmultiplikatoren wirken. Das wiederum ist besonders für Unternehmen in der Kosmetik- und Modebranche extrem reizvoll.
Sami Slimani beispielsweise erklärte gegenüber RTL exklusiv, dass Produkte, die er vorstelle, in kurzer Zeit einen spürbaren Nachfragezuschuss erfahren.9 Die Herausforderung im Product Placement liegt für die Agenturen und ihre Schützlinge, mit denen sie die Inhalte produzieren, also darin mit Unternehmen zu kooperieren ohne deren eventuell gesponserte Ware direkt für den Kauf zu empfehlen. Dennoch soll dabei der Kooperationspartner so zufrieden gestellt werden, dass dieser auch weiterhin bereit ist, monetäre Mittel zur Verfügung zu stellen. Natürlich wollen die VloggerInnen auch weiterhin die Menschen sein, zu denen ihre Community aufblicken kann und will. Bibi alias Bianca Heinicke sagt von sich sogar, dass sie von ihren Fans träume.10 Es gilt also weiterhin die Authentizität sich selbst und seiner Community gegenüber zu wahren und dennoch wirtschaftlich erfolgreich zu interagieren.
Abschließend kann man sagen, dass Unternehmen wie Mediakraft Networks aus Marketingsicht einen sehr verheißungsvollen Markt erschlossen haben. Die Methodik liegt sicherlich in einer gewissen Grauzone und ist nicht die leichteste Art und Weise erfolgreiches Marketing zu betreiben, jedoch scheint es eine praktikable Lösung zu sein, YouTube als Plattform zu Marketingzwecken noch stärker für sich zu gewinnen. Betrachtet man das ganze von menschlicher Seite steckt natürlich noch ein wenig mehr dahinter. Werden die YouTube-Stars bei diesen Geschäftsbeziehungen ausgebeutet? Vernachlässigen sie aus Geldgier ihre Fans? Verlieren sie ihre Authentizität, die sie einst ausgemacht hat? Diese Fragen bieten genug Material, einen weiteren Artikel zu füllen. Auf jeden Fall kann man sagen, dass alle mehr oder weniger prominente Persönlichkeiten, die in welcher Form auch immer im öffentlichen Leben stehen, immer vor genau dieser Herausforderung stehen. Es dreht sich letztlich immer um das Finden des guten Mittelwegs zwischen Kredibilität und wirtschaftlichem Erfolg.
Da sind Internet-Stars kaum anders, als Persönlichkeiten der nicht virtuellen Welt.
- Beitragsbild: © YouTube, Zugriff 25.2.2015. ▲
- Bildnachweise: © BibisBeautyPalace, © Sami Slimani, © Dagi Bee, Zugriff 25.2.2015. ▲
- Vgl.: http://www.tv2summit.ch/zu-viel-inventar-zu-wenig-sales-youtubes-vermarktungsproblem/, Zugriff 25.2.2015. ▲
- Videonachweis: http://www.youtube.com/watch?v=DnJmdUfgmUY&spfreload=10, Zugriff 25.2.2015. ▲
- Videonachweis: https://www.youtube.com/watch?v=ZeH8ykq6r3M&spfreload=10, Zugriff 25.2.2015. ▲
- Vgl.: https://partnernet.amazon.de/gp/associates/join/compensation.html ▲
- Videonachweis: https://www.youtube.com/watch?v=c5zsh09edBQ&spfreload=10, Zugriff 25.2.2015. ▲
- Videonachweis: http://www.youtube.com/watch?v=ZAHjpbg0CNo, Zugriff 25.2.2015. ▲
- Vgl.: http://www.youtube.com/watch?v=ZAHjpbg0CNo&spfreload=10, Zugriff 25.2.2015 ▲
- Vgl.: http://www.playnation.de/spiele-news/youtube/geschaeftsmodell-stars-wie-bibisbeautypalace-unge-co-dargestellt-neo-magazin-royale-id59351.html, Zugriff 25.2.2015 ▲