Quo vadis Journalismus?

newspaper-412763_6401Der Begriff „Paid Content“ greift in der Mediendiskussion schon seit geraumer Zeit nahezu inflationär um sich. Hunderte Zeitungsverlage regionaler und überregionaler Blätter haben den Schritt ins Dickicht digitaler Bezahlinhalte gewagt. Dabei stützen sie sich auf Bezahlmodelle wie Freemium, Metered oder Social Payment. Ab März wird auch das Onlineportal der Süddeutschen Zeitung eine Bezahlschranke für seine Nutzer einrichten.

von Philipp Kiehl

Einst war der Kiosk ein Refugium für die Zeitungsleser dieses Landes. Die Tagespresse besaß eine Monopolstellung in der Informationsindustrie. Während sich die digitale Avantgarde ihren Weg an die Spitze des Publikumsinteresses bahnt, verstaubt der muckelige Zeitungsstand um die Ecke und degeneriert zur letzten Bastion.

Die Möglichkeiten haben sich durch den Siegeszug des Internets drastisch verändert: Die aktuellsten Neuigkeiten hat jeder in Windeseile und überall parat. Facebook, Twitter, Google und mobile Apps machen es möglich. Onlineartikel werden kommentiert, geteilt, getwittert und gehashtagged und formen sich zu einem Spinnennetz eines globalen Newsspektrums. Demzufolge widmen Medienhäuser Klickzahlen und Views eine erhöhte Aufmerksamkeit. Die Auflagezahlen der Zeitungen rücken dabei scheinbar in den Hintergrund des gegenwärtigen Interesses. Einziges Manko: Die Inhalte sind zum großen Teil kostenfrei abrufbar. Zeitungsverlage beklagen oftmals diese „Kostenloskultur“, die sich in der Gesellschaft gegenüber den Massenmedien etabliert hat.

Jeder Dritte bezahlt im Schnitt 15,10€

Einer Studie von Bitcom zufolge nehme die Zahl derer zu, die bereit sind für journalistische Inhalte im Netz Geld zu bezahlen. Im vergangenen Jahr bezahlte jeder Vierte im Schnitt 13,60 Euro für Online Content, in diesem Jahr war es jeder Dritte mit durchschnittlichen Ausgaben von 15,10 Euro. In der Zielgruppe der 14 bis 29- Jährigen haben sich 40% auf den Onlineportalen bedient, bei der Generation 65 oder älter sinkt der Anteil auf 22 Prozent. „Voraussetzung dafür ist, dass die Inhalte benutzerfreundlich aufbereitet werden, nicht zu teuer und einfach abzurechnen sind,“ äußert sich Bitcom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder zu der im Januar erfolgten Erhebung.2

Zeitungsverlage als Trittbrettfahrer

Ganz nach dem Vorbild der New York Times, haben sich bereits über 100 Zeitungen in Deutschland einem der drei Modelle mit Bezahlschranke angeschlossen. Beim beliebtesten Bezahlmodell, dem Freemium-Angebot, welches Beispielsweise vom Onlineportal der Bildzeitung (BILDplus) genutzt wird, sind neben den aktuellen Nachrichten die qualitativ hochwertigeren Premiuminhalte kostenpflichtig. Eine weitere Möglichkeit stellt das Metered Modell dar, welches sich dadurch kennzeichnet, dass ab einer bestimmten Anzahl an gelesenen Artikeln die weitere Nutzung zahlungspflichtig wird. Im Interview mit Horizont spricht sich Detlef Haaks, Geschäftsführer des Süddeutschen Verlages für die zukünftige Einführung des Metered Modells aus: „Das Digitalangebot von sz.de wird inhaltlich deutlich aufgeladen. Bis auf wenige Premium-Inhalte, zum Beispiel exklusive Interviews oder große Reportagen, ist für den Leser bis zu einer definierten Grenze alles frei zugänglich“.3

Einem neuartigeren Ansatz, dem Social Payment, hat sich die Berliner Zeitung taz verschrieben. Unter dem Slogan „taz-zahl-ich“ setzt die Publikation auf Freiwilligkeit. Die angebotenen Inhalte bleiben kostenfrei und die Bezahlung erfolgt auf freiwilliger Basis.4 Weitere Informationen unter: http://www.bdzv.de/maerkte-und-daten/digitales/paidcontent/

Hubert Burda sorgte auf der Unternehmensinternen Konferenz DLD im Januar dieses Jahres für Unverständnis im gesamten Medienumfeld. Im Interview mit Ex-Spiegel Chefredakteur Dominik Wichmann sprach der Medienmogul davon, dass man E-Paper von Zeitungen und Zeitschriften verkaufen könne, aber die Menschen über eine Paywall keine speziellen Inhalte erwerben würden. 5 Die Frankfurter Allgemeine Zeitung steht kurz davor, ebenfalls ihre Inhalte kostenpflichtig anzubieten. Zu einer möglichen Paid Content Lösung bei der Wochenzeitung die ZEIT schob Geschäftsführer Rainer Esser im Interview mit Medienpolitik.net einen Riegel vor: „Wir können unsere stark gestiegene Reichweite auf Zeit-Online sehr gut monetarisieren“, und er führte weiter aus: „Deshalb bevorzugen wir auf absehbare Zeit klar dieses Modell gegenüber einer Bezahlschranke“.6

Hubert Burda über Paid Content Modelle

Hubert Burda über Paid Content Modelle. ©J. Jarvis

Christoph Keese, Executive Vice Präsident von Axel Springer

Christoph Keese, Executive Vice Präsident von Axel Springer, ©C. Keese

Bleibt abzuwarten, ob, entgegen den Meinungen der Branche tatsächlich ein Journalismus ohne monetäre Beschränkungen zukunftsträchtig sein kann.

  1. Bildnachweis: http://pixabay.com/de/zeitung-nachrichten-zukunft-lesen-412763/, Zugriff 02.03.2015. ©Gerald CC  
  2. Vgl.: http://www.bitkom.org/de/presse/30739_81171.aspx, Zugriff 24.2.2015.  
  3. vgl.: http://www.horizont.net/medien/nachrichten/Detlef-Haaks-im-Exklusivinterview-Sueddeutsche.de-wird-sich-komplett-veraendern-132583, Zugriff 24.02.2015.  
  4. vgl.: http://www.taz.de/!106482/, Zugriff 24.02.2015.  
  5. vgl.: http://meedia.de/2015/01/19/dld-burdas-absage-an-das-verlegermodell-im-digitalen/, Zugriff 24.02.2015.  
  6. vgl.: http://www.dnv-online.net/medien/detail.php?rubric=Medien&nr=94445, Zugriff 24.02.2015.