Soziales Fernsehen & Second Screen: What’s next?

1Dass man Fernsehen eine soziale Tätigkeit nennen kann, konnten Eltern vor einigen Jahren nur mit einem zugedrückten Auge durchgehen lassen. Allgemein war das Bild des Fernsehers mit verstummten Teenagern bekannt, die total fixiert auf die Mattscheibe starrten. Nun aber wird Fernsehen immer mehr zur sozialen Sache – und das nicht am nächsten Tag in der Schule oder auf der Arbeit, sondern schon während der Sendung. Die Kommunikation allerdings hat sich geändert: es wird weniger geredet, dafür aber mehr geschrieben – und das natürlich via Tablet oder Smartphone in den sozialen Netzwerken. Wie hätte es auch anders sein sollen? 

von Laura Arns

Alles in allem wird das Medienverhalten der vornehmlich jungen Verbrauchergruppe tatsächlich immer komplexer: Während der Fernseher läuft, surfen 57 % der Zuschauer laut einer ZDF Studie heute mindestens gelegentlich parallel zum Fernseher mit Smartphone oder Tablet im Internet und vor allem in den sozialen Medien – und das nicht nur in der Werbepause. Ziel der Verbraucher ist es, schon während der Sendung ihre Meinung auf den sozialen Netzwerken kund zu tun und somit Teil einer Diskussion, einer Community zu werden.

Um ausgeklügelte Strategien zu entwickeln und um die richtigen Entscheidungen zu treffen, müssen Markenverantwortliche den Mehrwert der synchronen Mediennutzung genau verstehen. In der Vergangenheit wurden die Strategien in den Bereichen Social Media und Mobile Media meist unabhängig voneinander entwickelt. Für 2015 sollten Strategien über die verschiedenen Endgeräte, Plattformen und Medien hinweg effizienter miteinander verknüpft werden. Die mobile Nutzung wächst in allen Bereichen und besonders beim Second Screen, so wird dieses Phänomen im Fachjargon genannt, ist sie auf den mobilen Bereich fast völlig zu beschränken, denn selten sitzen die Verbraucher mit dem Laptop vor dem Fernseher – immer eher sind es die mobilen Geräte, die während des Fernsehens parallel benutzt wird2

3Wie auf der Grafik erkennbar ist, nutzen viele Verbraucher die Social Media Webseiten oder die Apps der sozialen Netzwerke. Doch die Frage ist, weshalb genau die Zuschauer parallel zu einer Sendung andere Medien nutzen und weshalb besonders soziale Medien involviert sind. Wichtig für die Marketing und auch Social Media Beauftragten der Sender oder der jeweiligen Sendung ist, dass sie ausreichend Marktforschung betreiben. Interessant und wissenswert ist, über was sich die Zuschauer im Netz parallel zur Sendung unterhalten, um die Diskussion lenken und beeinflussen zu können. Wissenswert wäre, sofern die Zielgruppe und deren Gesprächsinhalte geklärt wären, wie man einen solchen Diskurs in den Medien lenkt.

Einerseits ist das Kommunikationsziel der Marketingbeauftragten, dass ein möglichst positiver Diskurs zum Thema entsteht und nicht ins Gegenteil zu kippen und ein sogenannter „Shitstorm“ im Netz entsteht. Wenn es nun das Kommunikationsziel ist, den Bekanntheitsgrad bei den Usern der sozialen Medien zu steigern, dann bietet es sich an, einen Hashtag zu verwenden, unter dem die Diskussion in den sozialen Medien, wie beispielsweise Facebook und Twitter, stattfinden soll.

Es gibt dann zum einen die Variante für eine bestimmte Sendung immer den gleichen Hashtag zu verwenden, wie es beispielsweise beim TV-Krimi Tatort der Fall ist, oder zum anderen jede Woche einen anderen Hashtag zu nutzen, unter dem dann eine bestimmte Diskussion stattfindet. Für Letzteres ist die ZDF Neo Latenight Sendung „Neo Magazin Royale“ ein gutes Beispiel. Wichtig ist in jedem Fall, den Hashtag während der Sendung einzublenden, um den Leser darüber zu informieren und gleichzeitig aufzufordern, an der Diskussion teilzunehmen. Um die Einblendung des Hashtags noch auffälliger zu gestalten, wird diese mit dem bekannten „Twitter-Sound“, einem Zwitschern, hinterlegt.

Natürlich ist zu bedenken, welchen Hashtag man verwendet, um die Diskussion bereits in eine bestimmte Richtung zu treiben und – was auch von hoher Relevanz für den „Marketer“ ist – die Diskussion zu überwachen, um interagieren zu können, was bedeutet, mit der Community im Gespräch zu sein. Ein weiterer angenehmer Nebeneffekt ist, dass die Sendung transparenter und persönlicher wirkt. Nähe zum Zuschauer und Involvierung dessen ist wichtiger als je zuvor.

Denn die Zuschauer profitieren vom Social TV: Über das Internet können TV-Zuschauer das Geschehen und den weiteren Verlauf einer Sendung sogar mitgestalten und auch beeinflussen. Am häufigsten wird dies über Abstimmungen via Facebook oder Twitter erreicht. Zuschauer einiger Talent- und Casting-Shows kennen das Prinzip. Man stimmt für seinen Favoriten und das Ergebnis wird dann zu einem späteren Zeitpunkt in der Sendung oder in einer der nächsten Folgen mitgeteilt. Auch hier ist Pro7 hier Vorreiter. Bei „The Voice of Germany“ sind Interaktionen mit den Talenten über Facebook und Twitter seit Jahren bekannt. Ein neustes Beispiel für den Einfluss der sozialen Medien und deren Echtzeitnutzung- und Auswertung ist aber die interaktive Talentshow „Rising Star“. Das Neue an dieser Show ist, dass die Zuschauer in Real Time per Tablet oder Smartphone App über den Erfolg der Kandidaten mitbestimmen können. Während der Sendung geben die Kandidaten live ihre Darbietung zum Besten, wobei stets der aktuelle Status der Votes eingeblendet ist. 70% müssen erreicht werden, um weiterzukommen4. Die Votes erscheinen während des Auftritts der Teilnehmer auf einer riesen Social Wall, was die Zuschauer ebenfalls zum Voten antreiben soll.

https://www.youtube.com/watch?v=ZYdwlwVvHfo

5Alles in allem ist es sehr wahrscheinlich, dass es in der Zukunft ohne soziale Verknüpfung kein Fernsehen mehr geben wird. Immer mehr Sendungen nutzen das Second-Screen-Verhalten und springen auf den Zug des Social TV auf. Sie entwickeln ihren eigenen Hashtag unter dem die Diskussion im Netz stattfindet. Und zugegeben, es funktioniert doch ganz gut. Oder wer hat noch nicht beim Scrollen der Timeline eine Diskussion über eine laufende Sendung mitbekommen und schnell dazu gezappt, um mitzubekommen, um was es genau geht? Die Frage ist nur, was sich die Marketing-Mogule als nächstes ausdenken, um die Zuschauer bei Laune zu halten und ihnen noch mehr Komfort und Mehrwert zu bieten.