Twitter — Ein Vogel verändert den Journalismus

Twitter ist beliebt, groß und vor allem schnell. Der Kurznachrichten-Dienst hat den Journalismus nachhaltig verändert. Den einfachen Bürger sollte das freuen.

von Dimitrij Wall

© Marisa Allegra Williams (@marisa) for Twitter, Inc.

1Längst und mit großem Erfolg hat sich der weltweit beliebteste Mikroblogging-Dienst Twitter seinen Weg in die Redaktionen von Spiegel, Tagesschau & Co. gebahnt. Zuletzt nutzte ihn sogar die Berliner Polizei und veröffentlichte einen Tag lang ihren gesamten Polizeifunk. Nicht nur bei den Boulevard-Journalisten kam das gut an. Auch die Bevölkerung fand Gefallen an der nicht ganz uneigennützigen Aktion. Allein am ersten Wochenende fanden sich 35.000 neue Follower — und 40 Bewerber! Denn vor allem ging es den Beamten darum, junge Leute für den Beruf des Polizisten zu begeistern.

Twitter ist also schon lange nicht mehr nur eine einfache Kommunikationsplattform, es ist ein einflußreiches Soziales Netzwerk, das seine Stärken vor allem in der Verbreitungsgeschwindigkeit von Nachrichten hat. Beinahe sekündlich können sich die User über die Geschehnisse in Krisenherden informieren und diese Informationen selbst verbreiten oder kommentieren. Aber was bedeutet es für den traditionellen Journalismus, wenn der Normalbürger plötzlich schneller informiert ist als der Journalist? Ist die Epoche des Exklusivjournalismus damit beendet?

Wenn es nach der LfM-Studie „Twitter und Journalismus – Der Einfluß des Social Web auf die Medien“ geht, so ist dies keineswegs der Fall. Laut dieser besteht zwischen beidem nämlich eine „vielfältige Komplementärbeziehung“2, die sich zumeist in einer Anschlusskommunikation äußert, in der das „bereits Thematisierte kommentiert und weiterempfohlen wird.“3 Anders gesagt: Twitter ist schneller als der Journalismus, aber dieser kann die Informationen, die er über Twitter generiert hat, für eigene Beiträge verwenden.

Doch exklusiv sind die Informationen dann nicht mehr. Denn theoretisch ist jeder Bürger mit Internetanschluss und Computer in der Lage „eine aktive Rolle im Prozess der Recherche, des Berichtens, des Analysierens sowie des Verbreitens von Nachrichten und Informationen“4 einzunehmen und begibt sich in Konkurrenz zu den klassischen Medien. Dieser sogenannte Graswurzel- oder Bürgerjournalismus erfreut sich nicht nur immer größerer Beliebtheit, das zeigen nicht zuletzt erfolgreiche Blogs wie netzpolitik.org, er trägt auch dazu bei, die Medienlandschaft zu bereichern und gesellschaftliche Diskurse anzustoßen.

Auch wenn Twitter maßgeblich daran beteiligt ist, das Informationsmonopol der großen Medienanstalten zu brechen, heißt das nicht, dass man gänzlich auf den professionellen Journalisten verzichten kann. Zu oft haben sich in der Vergangenheit Twitter-Quellen als unseriös oder schlicht falsch herausgestellt und wurden ungeprüft veröffentlicht. Eine journalistische Ausbildung kann derartige Fehler im immer schneller werdenden Nachrichten-Business natürlich nicht gänzlich ausschließen, aber dazu beitragen, die Fehler zu verringern und vor allem Informationen zu filtern. Oder wen interessiert es, dass Oliver Pocher und Boris Becker sich zoffen?

  1. © Marisa Allegra Williams (@marisa) for Twitter, Inc.  
  2. Vgl.: LfM-Studie, Twitter und Journalismus – Der Einfluß des Social Web auf die Medien, Zugriff 27.7.2014.  
  3. Vgl.: LfM-Studie, Twitter und Journalismus – Der Einfluß des Social Web auf die Medien, Zugriff 27.7.2014.  
  4. Vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Graswurzel-Journalismus, Zugriff 27.7.2014.  

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