Heute schon geappt?

Über den Einfluss von Smartphones und deren mobile Anwendungen auf den Lebensalltag und die Medienbranche

von Carolin Ruff

So ist es im Leben, nichts ist wie es mal war und auch im Marketing ist ein neues Zeitalter eingeläutet. Damit einhergehend ist die geniale Einführung der Apps (Applikationen) durch das Unternehmen Apple gemeint.

Und das ist noch gar nicht so lange her: Der erste offizielle App Store eröffnete erst im 11. Juli 2008. Vier Jahre später ist für viele von uns ein Leben ohne Apps undenkbar. Es wundert also nicht, dass Apple bislang 54 Millionen iPads verkauft hat und der App Store 650.000 Apps bereithält (Stand Juni 2012). Während wir vor 20 Jahren noch zur Bank gehen mussten und Überweisungsscheine ausfüllten, kann man heutzutage Transaktionen ganz entspannt und bequem vom Handy aus tätigen. Während man vor 20  Jahren noch versuchte auf einem Stadtplan die gesuchte Adresse zu finden, kann man heutzutage das integrierte Navigationssystem in fast jedem modernen Smartphone nutzen. Das erleichtert die Suche enorm. Filme wie „Ey man, wo is mein Auto“ sind undenkbar – mit mobilen Anwendungen gibt es sogar für dieses Problem eine Lösung. Ein internetfähiges Handy ist wohl einfach unverzichtbar. Es wird erwartet, dass du immer erreichbar bist und dich an den neuesten Trends in Sachen Spiel und Netzwerk beteiligst. Ist ein Leben ohne Smartphones heute noch möglich? Sicherlich schon. Doch dann müssten wir auf reichliche Bequemlichkeiten verzichten.

Was ist eigentlich eine App?

App_ Kurzform des englischen Wortes Application, kleine Anwendungsprogramme für mobile Endgeräte (Smartphones und Tablets), die über einen im Betriebssystem integrierten Onlineshop heruntergeladen werden können. Das Entscheidende für den Erfolg von Apps sind die einfache Bedienung und der sofort erkennbare Nutzen.

Videonachweis: http://www.youtube.com/watch?v=0GQcL7awNJk Zugriff am: 16.Juli 2012

Die mobilen Alleskönner prägen das tägliche Leben eines jeden Nutzers. Und sogar diejenigen, die keines besitzen. Melanie K. aus Stuttgart schreibt in einem Internetforum: „Wie viele Jahre wird es noch dauern, bis ich von der Gesellschaft total unterdrückt bin? Da ich mich weigere, mich bei Facebook anzumelden oder die ganze Zeit irgendwelche Apps zu installieren fühle ich mich isoliert von der Außenwelt. Ich bin jetzt 16 Jahre alt und merke es immer mehr. Es wird von einem erwartet, dass man Facebook & ein Internethandy hat. ´Du weißt nicht was wir für Hausaufgaben hatten? Guck doch mal bei Facebook!´ Das nervt. Und bestimmt wird es mit der Zeit immer schlimmer! Also werde ich wahrscheinlich wirklich nicht drum herum kommen.“

Und damit wird Melanie laut Medienforschern recht behalten. Die Rede ist von der mobilen Revolution. Durch günstige Flatrates von Mobilfunkanbietern ist es möglich, rund um die Uhr im Internet zu surfen.

Smartphones im Zentrum der Mediennutzung

 Laut Bitkom, dem Bundesverband für Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien, gab es 2011 über 20 Millionen Smartphone-Nutzer in Deutschland. „Insbesondere in den vergangenen drei Jahren hat die mobile Mediennutzung deutlich an Fahrt aufgenommen und einen Massenmarkt erobert.“, bestätigt auch Klaus Böhm, Director Media Practise des Beratungsunternehmens Deloitte. Diese Entwicklung ist vor allem interessant für Medienforscher, Gerätehersteller und Content-Anbieter. Medienunternehmen wie Guner + Jahr müssen sich umstellen und die bisherigen Inhalte aus Print und Fernsehen auch für die neuen Medien verwertbar aufbereiten. „Als Plattform für die markenindividuelle Produktionsstrategie wurde 2011 mit dem Gruner + Jahr Digital Center eine zentrale Einheit geschaffen, um innovative, markenübergreifende digitale Interaktionsformate zu entwickeln.“ Für die mobilen Marketingstrategien spielen die Applikationen eine zentrale Rolle. Laut dem Bundesdeutschen Zeitungsverlag gibt es 90 verschiedene Zeitungs-Apps für das Ipad der Firma Apple. Die große Bedeutung liegt in dem ökonomischen Potenzial.

Apps legen rasant an Beliebtheit zu: Bei mehr als 15 Millionen Deutschen sind die kleinen hilfreichen Programme inzwischen auf dem handgroßen Universalgeräts installiert. Das ergibt eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Hightech-Verbands Bitkom. Diese große Reichweite führt zu zahlreichen neuen Marketingmaßnahmen. Natürlich ist die klassische Werbung nicht durch mobiles Markting zu ersetzen, aber der Zusatznutzen für Unternehmen ist auffallend. Es eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten der Unternehmenspräsentation und der Kommunikation mit ihren Kunden. So lassen sich durch eine App zum Beispiel neue Kommunikationskanäle erschließen oder neue Zielgruppen ansprechen. Das Unternehmen Lufthansa hat für Manager in ihren Leerzeiten auf Dienstreisen eine Quiz-App entwickelt. In der sogenannten „Quiz Lounge“, einem Lernspiel nach dem Vorbild von „Wer wird Millionär“, können Mitarbeiter spezifische Informationen über Klima und Umweltverantwortung erhalten. Die Kaffee-Kette Starbucks hat eine App entwickelt, bei denen Kunden nun bequem ohne lästiges Bargeld ihre Kaffee Kreationen bezahlen können. Ganz einfach über einen Code im Smartphone wird das Geld von Kundenkonto abgezogen. Es gibt sie für alle Lebenslagen: morgendlicher Wetterbericht, Fahrplanauskunft, Kalorienzähler beim Frühstück, Restauranttipp zum Mittag, Preisvergleiche beim Shoppen am Nachmittag – Apps sind die tragende Säule der mobilen Internetnutzung. Das Beratungsunternehmen Mücke, Sturm & Company behauptet: Angebote auf allen Screens steigern das Produkterlebnis und die Kundenbindungen. Diese Multiplattform-Strategie hat sich bereits in den großen Medienhäusern integriert. Die RTL Group mitunter bietet über App-Anwendungen ihre TV Programminhalte live und 24 Stunden in Echtzeit an. Durch die steigenden Reichweiten der mobilen Endgeräte steigt auch die Vermarktungsrelevanz. Eine neue aufkommende Entwicklung in der Smartphone Revolution sind die Local Based Services. Diese ortsbezogenen Dienste nutzen das Internet und die im Smartphone installierte GPS-Funktion, um Sonderangebote in der Nähe oder ortsspezifische Inhalte und Marketingaktionen zu etablieren. Durch das „Einchecken“ in einen Ort bekommt man als Nutzer zum Beispiel Restauranttipps, Rabattaktionen oder Empfehlungen von Freunden. Den Grundstein für diese Entwicklung legte die Erfindung des Telegrafen und des Telefons für über 150 Jahren. Diese Technologie ermöglichte damals eine Kommunikation über weite Entfernung. Die Globalisierung tat das übrige: Sie förderte weltweite Vernetzung von Informationsaustausch und somit eine gesteigerte Flexibilität der Arbeitswelt.

Gesellschaftlicher Wandel

Content anytime and anywhere. Doch dieses hohe Maß an Freiheit und Flexibilität hat auch seine Nachteile. Die zunehmende mobile Freiheit und Kommunikation führt zu einer Vermischung des Privatlebens und des Arbeitsumfeldes. Häufig wird erwartet, dass auch nach Arbeitsschluss die Emails gecheckt werden oder auf dringende Anfragen reagiert wird. Hat vor zehn Jahren die Email im Vergleich zum Brief dem Absender noch einen Tag Zeitgewinn verschafft, so erwartet der Empfänger heute die Informationen nicht nur einen Tag früher, sondern sofort. Durch diesen mobilen Lifestyle leben immer mehr Beschäftige auf Abruf. Ein eindeutiger Feierabend Fehlanzeige. Aber auch die Grenze zwischen dem privaten Leben und der Öffentlichkeit verwischt, durch die gesteigerte Nutzung des Internets und der zunehmenden Verbreitung des Smartphones, so Medienforscher und Soziologen. Somit führe die gewonnene Freiheit, überall und ständig erreichbar zu sein, zum Verlust der Intimität. Bestes Beispiel ist das Soziale Netzwerk „Facebook“, auf dem Jung und Alt teilweise ihr ganzes Leben öffentlich machen. Durch die Einführung der „Facebook-Timeline“ in diesem Jahr, ist nun sogar die zeitliche Entwicklung und Zurückverfolgung zu bestimmten Personen möglich. Die Goldmedia Studie „Mobile Monitor 2011“ spricht von „Smartphones als Fernbedienung des Lebens. Der Entwicklungsschub hin zu einer digitalen Gesellschaft ist durch die Erfindung von Apple und den damit entstandenen neuen Marketingmöglichkeiten enorm. Am Ende ist jedoch mit den vielen Vor- und Nachteilen nicht die Technologie entscheidend, sondern was der Mensch daraus macht und wie er sie nutzt.

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