Social TV – Und warum der Tatort nicht nur im Fernsehen das deutsche Vorzeigeformat ist

von Benjamin Martens

Die Glanzzeiten der Fernsehlandschaft liegen längst hinter uns. Dafür gibt es heute zu viel Auswahl, im TV selber oder auch durch weitere Informationskanäle basierend auf den weltweiten Datenleitungen des Internets. Große Fernsehereignisse gibt es aber auch heute noch: Sportereignisse, Preisverleihungen oder beliebte Serien. Diese profitieren sogar von den neuen Gewohnheiten der Zuschauerschaft. Denn der reine Fernsehgenuss ist heute selten geworden. Oftmals ist das Smartphone, das Tablett oder der Laptop stetiger Begleiter, auch vor dem heimischen Fernsehgerät. Mittlerweile gehört es dazu während einer Übertragung mal schnell seine Meinung zu texten oder zu tweeten, einen Status Update durchzuführen und Prominente, Charaktere oder auch Werbungen in positiven wie negativen Licht dastehen zu lassen. Laut Studien durch das PEW Research Center surfen beispielsweise schon heute 52 Prozent der TV-Zuschauer in den USA während des Fernsehens im Internet.

Tatort – Der Vorreiter

In Deutschland wiederum ist der Tatort ständiger Spitzenreiter in den sozialen Netzwerken. Im Schnitt werden jeden Sonntag zur Ausstrahlungszeit 50 Tweets pro Minute mit dem Hashtag #Tatort versehen1. Besonders gelungen war auch die Verlängerung des Tatorts “Der Wald steht schwarz und schweiget” der zudem zeigte, dass Social TV mehr ist als nur Facebook & Twitter. Während in der Show die Tatverdächtigen zusammenhielten und sich zu keinem Geständnis bewegen ließen, konnte der Zuschauer durch ein paar geschickte Verhöre im an die Sendung angeschlossenen Spiel einen der Tatverdächtigen zum Geständnis bewegen und so den Mörder finden.2
Das ist auch einer der Gründe warum es zu kurz gedacht ist, unter Social TV nur die Zuschauerreaktion auf laufende Sendungen zu implizieren. Heutzutage bauen Sender mehr und mehr darauf Online-Zusatzangebote zu offerieren und über Social-Media Kanäle auch den Rückkanal zur Quelle zu öffnen. Die Resonanz des Publikums aufzunehmen und auch, mal mehr oder weniger, in den weiteren Verlauf oder kommende Sendungen einzubauen.

Direktes Feedback

Gerade unter diesem Gesichtspunkt bildet Social TV für Sendeanstalten auch die Grundlage für Crowdsourcing, durch das direkte Feedback, was nicht selten auch mal knackig unverblümt ausfällt, kann man Schwächen ausfindig machen und Formate an den Geschmack des Publikums anpassen. Dass diese Entwicklung fern der Sender und Technik-Hersteller begonnen hat ist dabei eher positiv für sie zu bewerten. Denn forcierte technische Fortschritte im Bereich Fernsehen benötigen immer eine gewisse Zeit um sich zu etablieren. „Time-Shifting“ und „Video on Demand“ vereinfachen den Zugriff auf Inhalte auch bei zeitlichen Einschränkungen erheblich, dennoch dauert hier der Vormarsch noch an und hat bisher lange nicht in jeden Haushalt Einzug gefunden3. Sich allerdings mitzuteilen liegt in der Natur des Menschen und dadurch wird das Phänomen des Social TV durch einschlägige Online-Plattformen unterstützt.

Tendenz steigend

Auch wenn bei Großereignissen schon einmal 15.000 Tweets zusammenkommen liegt die Quote der aktiven Nutzer dennoch im Schnitt bei nur 0,2 Prozent der Zuschauer. Doch auch hier gilt, mit der immer weiter fortschreitenden Integration und Ausbreitung von sozialen Netzwerken wird sich auch diese Quote steigern. Berücksichtigt werden muss auch, dass nicht jeder TV-Zuschauer das Bedürfnis hat den Blick von laufenden Sendungen abzuwenden aus Angst wichtige Details zu verpassen.

Auf diesen Punkt bauen Fernseh-Hersteller. Denn der bekannte Second Screen von Smartphone, Tablett oder Laptop soll, wenn es nach ihnen geht, durch Smart-TVs ausgetauscht werden, bei welchen man per Steuerung direkt über die Fernbedienung Social-Media Kanäle abrufen kann ohne andere Geräte in die Hand zu nehmen und auch den Blick nie ganz vom laufenden Programm abwenden muss. Da dies die menschliche Natur im ständigen Bestreben einen einfacheren Weg zu finden unterstützt, deutet der Trend auch immer mehr in Richtung All-in-One Gerät.

Generell steht Social TV in Deutschland noch in Startlöchern, vor allem bei den Produzenten. Die Möglichkeiten zur Erweiterung des TV-Erlebnisses werden noch lange nicht ausgeschöpft. Auch im Bereich der Werbung kann man sicherlich noch viel herauskitzeln und das Publikum auch durch neue Möglichkeiten und Innovationen beeindrucken und binden. Die Gegebenheiten wurden durch Social Media und ihre Nutzer geschaffen, nun gilt es diese auch zu nutzen.

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