Blogmarketing – verschenkte Liebesmüh oder sinnvolle Selbstdarstellung?

„Was machst du beruflich?“  „Ich blogge!“.  Blog, Blogger und bloggen; alles Begriffe, die sich immer mehr in die Mitte der modernen Gesellschaft vorarbeiten. Kaum jemand, der nichts mit ihnen anzufangen weiß. Doch woher kommt die Begeisterung für die ständige Außendarstellung und wer liest sie überhaupt? Versuchen wir einen kleinen Gedankengang.

Ähnlich zu Facebook, Instagram und Co geht es beim Bloggen darum, persönliche Eindrücke und Erlebnisse mit anderen zu teilen und diese zu Interaktionen anzuregen, um (möglichst positives)  Feedback zu bekommen. Als Online-Marketinginstrument sind Blogs für Unternehmen nicht weniger bedeutungslos, viele haben bereits erkannt wie sinnvoll ein Blog sein kann. Während sonst der Fokus auf ein Bild oder ein Collage, gepaart mit wenigen Hashtags oder einer kleinen Botschaft liegt, kommt es beim Bloggen besonders auf den formulierten Text an. Dieser kann natürlich auch mit Bildern und Medien geschmückt werden, um letztendlich ein an Journalismus angelehntes Endprodukt zu produzieren. Für Unternehmen ist dies eine willkommene Möglichkeit zur täglichen Selbstdarstellung. Unternehmen wie VW oder Tchibo haben die wachsende Bedeutung schon länger erkannt. (http://blog.volkswagen.ch ,   http://blog.tchibo.com )

Doch warum neben TV, Print, Banner, Plakat und Eventmarketing nun auch noch Blogmarketing? Die Antwort ist recht einfach: anders als bei ernsthaften journalistischen Ausarbeitungen unterliegt ein Blogger in seiner Moral nicht dem Pressekodex. Ein Blog ist frei, kann direkte und indirekte Werbung enthalten, kann umgangssprachlich formuliert sein und ist eine große Möglichkeit, um sich wie gewünscht in bebilderten Stories selbst darzustellen. Ein gern gefundenes Instrument für Konzerne, welche folglich ihre eigenen Blogger einstellten und dies zu einem hauptberuflich ausführbaren Job machen. Diese beschäftigen sich nun jeden Tag mit Stories, die den Leser hinter die Kulissen einer Marke führen und Themen behandeln, die für viele spannend sein können, für die breite Masse jedoch kein großes Interessenfeld abdecken (z.B. siehe VW Blog, http://blog.volkswagen.ch/vw-allstar-game-80-fussballtalente-gegen-die-allstars-der-nationalmannschaft/  )

Dass dies, wie so vieles im Leben, nicht nur positive Seiten hat, ist fast zwangsläufig klar. Besonders durch die ungebundene Form der Formulierungen und Darstellungen nehmen Blogbeiträge schnell die äußere Form eines Nachrichtenartikels an, was bei Lesern zu Unklarheiten führen kann. Es sollte immer klar zu erkennen sein, dass es sich beim Gelesenen um einen Blog handelt. Des Weiteren gelten gesetzliche Bestimmungen natürlich auch für Blogbeiträge, egal ob von Unternehmen oder Privatpersonen geführt. Während es den Firmen für Marketingzwecke dienlich ist, ist das Bloggen für den normalen Blogger eine vielseitige Art der kreativen Medienproduktion. Er kann sich selbst äußerst positiv darstellen und in zu Übertreibung neigender Sprache seine eigenen Erlebnisse und Fertigkeiten heroisiert verbreiten, um auf ein stets positives Feedback zu hoffen. Er kann es aber auch ganz unspektakulär als eigenes Onlinetagebuch nutzen und seine täglichen Erfahrungen niederschreiben, um diese beim Schreiben zu verarbeiten und dabei neue Erkenntnisse zu gewinnen. Außerdem kann er mit fremden Leuten zu Themen bloggen, die diese Gruppe in einer Art Interessengemeinschaft in ihren Hobbys vereinen.

Es existieren noch viele weitere Möglichkeiten einen Blog zu nutzen. Die Frage nach dem Inhalt stellt sich dem Autor wohlmöglich auch nur in Hinblick auf möglichst viele Follower. Was es auch ist, ein Blog ist ein mittlerweile etablierter Weg, um seine Kunden und/ oder Follower zu erreichen und sich dabei selbst wie gewünscht darzustellen, in Gemeinschaft zu treten, Interessantes zu lesen, Tagebuch zu führen oder einfach nur zu experimentieren. Die steigende Bedeutung und nun sogar der vollwertige Beruf des Bloggers führen zu der Frage, ob dies in Hinblick auf den Traffic zu den veröffentlichten Beiträgen Sinn macht. Der Sinn kommt natürlich von der Absicht, die dahinter steckt. Jemand ohne, oder mit nur wenigen Followern, der jeden Tag nebenbei 4 Stunden in seinen Blog investiert um berühmt zu werden, verschwendet wahrscheinlich seine Kraft. Nutzt er es jedoch für sich selbst und sind ihm die Follower nicht wichtig, kommen sie vielleicht von ganz alleine.

Wie man es auch betrachtet, Bloggen bleibt ein interessantes Online-Marketing sowie Selbstdarstellungs-, aber auch Kontakt – und Austauschinstrument. Vermischt man nicht die Grenzen zwischen Blogbeiträgen und journalistischen Artikeln und betreibt das Bloggen mit Freude, so kann schnell die vergebene Liebesmüh einer sinnvollen Darstellung weichen.

von Tertius Wahlich