Crowdsourcing: Top oder Flop?

„Mach Deinen eigenen Burger oder Deine eigene Pril-Flasche!“ Wer bekommt bei diesem Aufruf keine Lust, seine eigene Kreativität spielen zu lassen? „Crowdsourcing“ nennt sich der Trend, auf den sich viele Unternehmen stürzen und so Pluspunkte beim Kunden sammeln wollen. – Diese Mitmach-Aktionen können aber auch ganz schnell in die Hose gehen.

@Henkel[note]http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/bild-763808-217033.html[/note]

von Milena Reszka

Und so funktioniert’s: Unternehmen lassen ihre Kunden bzw. Zielgruppe bei wichtigen Entscheidungen mitwirken. Die Kunden bringen ihr Wissen und ihre gestalterischen Fähigkeiten mit ein. Damit liefern sie neue Impulse für das Unternehmen und die Nähe zu den Kunden wird gestärkt. Denn wer ist näher am Erfolg eines Produktes dran, als der Kunde selbst?

burger1

http://www.mcdonalds.de/de/web/presse/uber-uns/mediathek

McDonald’s als Crowdsourcing-Top

Die Fast-Food-Kette McDonald’s ist wohl eines der bekanntesten und zugleich erfolgreichsten Beispiele für Crowdsourcing. Bereits 2012 zeigte sich das Unternehmen experimentierfreudig und machte sich dem Phänomen des Crowdsourcings zu Nutze. Die deutschen Kunden waren gefragt, neue Burger-Kreationen zu entwickeln. Und das Projekt kam gut an: An der Mitmach-Kampagne beteiligten sich rund 250.000 Fast-Food-Liebhaber, mit ihren Ideen für den perfekten Burger.1

Auch durch diese „Mein Burger“-Aktion konnte McDonald’s im Vergleich zu 2010 seinen Umsatz um knapp sechs Prozent auf 3,2 Milliarden Euro steigern. Damit hat sich der Marktführer unter den Restaurantketten besser entwickelt als sein Erzrivale Burger King, die Nummer zwei unter den Burgerbratern.2

Pril als Crowdsourcing-Flop

Soziale Netzwerke wie Facebook bieten Unternehmen ganz neue Chancen für Werbeaktionen: So können User bei Wettbewerben dazu animiert werden, eigene Ideen einzubringen. Und wenn dann noch die Community darüber entscheiden darf, wer gewinnt, verbreiten sich diese Aktionen viral sehr schnell. Im Idealfall bringt das dem Unternehmen viel Aufmerksamkeit und positive Resonanz.

Dass Crowdsourcing aber auch ganz schnell in die Hose gehen und sogar mit einem heftigen Shitstorm enden kann, erlebte der Spülmittelhersteller Henkel mit seiner Marke Pril. Das Unternehmen hatte die User auf Facebook zu einem Wettbewerb aufgerufen: Neue Designs für die Spülmittelflasche waren gefragt. Jeder User konnte sein eigenes Design entwerfen und auf der Facebook-Seite posten. Die Mitglieder sollten dann ihren Favoriten wählen. Vorab kündigte Pril an, dass eine Jury anschließend aus den zehn Gewinnern zwei Sieger auswählen werde. Diese Flaschen sollten dann in limitierter Auflage in den Handel kommen.
Und die User machten fleißig mit. Insgesamt entwarfen sie 50.000 neue Designs mit Blümchen oder Tierchen, ganz nett aber nichts Außergewöhnliches. Andere waren da schon mutiger und setzten auf kuriose Designs, wie zum Beispiel witzige Comicgesichter oder Bratwürste auf der Flasche. Diese Kreationen lagen in den Votings meist auch ganz vorne. Mitten im Wettbewerb änderte Pril wahrscheinlich deshalb auch die Spielregeln. Die Entwürfe wurden nun überprüft, bevor sie online gingen. Außerdem wurde eine Sicherheitsstufe eingebaut und angeblich gefälschte Stimmen wurden gelöscht.
Der Shitstorm
Mit der Votingphase ging auch schon die erste Kritikwelle los. Denn User machten Pril auf Fake-Votings aufmerksam, die im Internet üblich seien. Außerdem wurde Kritik an den Reaktionszeiten von Pril geäußert. Letztendlich reagierte das Unternehmen und löschte die manipulierten Stimmen. Jedoch ohne genauere Begründung und Vorgehensweise. Am Tag der Gewinner-Bekanntgabe erreichte der Shitstorm schließlich seinen Höhepunkt. Allein dieser Post verzeichnete auf Facebook sage und schreibe 885 Kommentare, von denen „Nicht die beste Wahl“ oder „Och nö, oder?“ noch die höflichsten Äußerungen waren. Zum Schluss wählte die Jury zwei reltiv brave Designs zum Sieger, die dabei sicher vorwiegend nur Pril selbst gefallen haben.
Hunderte Fans und Teilnehmer beschwerten sich auf der Facebook-Seite. Manche User bezeichnen den Wettbewerb sogar als „verlogene Kampagne“ oder „Wahlbetrug“. Sie waren der Meinung, dass Pril so unerwünschte Designs aus dem Wettbewerb schmeißen wollte. Andere User wollen Hersteller Henkel zukünftig boykottieren. Wieder Andere ärgern sich, weil sie zu Unrecht des Betruges verdächtigt wurden.

Es scheinen vor allem Voting-Kampagnen zu sein, die für Shitstorms besonders anfällig sind oder die zumindest zu Ergebnissen führen, mit denen man nicht gerechnet hätte. Beispielsweise hatte der Versandhändler Otto einen Modelwettbewerb bei Facebook ins Leben gerufen und versprach der Gewinnerin ein Foto-Shooting. Teilnehmerinnen schickten Fotos ein und die Community stimmte ab. Womit Otto aber nicht gerechnet hatte: Die meisten Stimmen erhielt ein BWL-Student, der als „Der Brigitte“ mit blonder Perücke ins Rennen ging. Das Unternehmen reagierte aber cool und kürte „Der Brigitte“ zur Siegerin. Im Netz gab es dafür viele positive Reaktionen.3

  1. Vgl.: http://crowdcommunity.de/mitmachkampagnen-beispiele-fuer-erfolgreiches-crowdsourcing/ , Zugriff 12.07.2015.  
  2. Vgl.: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/neuheiten-bei-der-fastfood-kette-mein-burger-aktion-erfolgreich/6674690-2.html , Zugriff 12.07.2015.  
  3. Vgl.: http://www.focus.de/digital/internet/facebook/facebook-aufstand-gegen-pril-wettbewerb_aid_628554.html , Zugriff 12.07.2015.