1,5 Milliarden Dollar besaß Gabe Newell 2012 – wie kann ein Mann so viel Geld machen? Die Antwort ist einfach: PC-Spiele. Seine Spiel-Plattform „Steam“ hat längst eine Monopol-artige Stellung auf dem Markt.1
von Richard Knop
Wer Steam nicht kennt, ist wahrscheinlich niemand, der PC-Spiele spielt. Die Wirtschaftskraft dieses Giganten zu unterschätzen, erlaubt sich aber auch offline längst niemand mehr. Die Zahlen sprechen für sich:
- Für 2014 gehen Experten von einem Umsatz für PC-Spiele um die 25 Milliarden Dollar aus.2
- 2013 lag der Anteil der digitalen Käufe von Spielen bei 92% – nur noch 8% wurden über den Retail gehandelt 3
- Schon 2011 lag der Marktanteil von Steam innerhalb der digitalen Game-Markets bei 50-70% – das war, bevor auch Konkurrenten ihre Spiele parallel bei Steam angeboten haben und bevor Skandale EA (Plattformname: Origin) erschütterten und zu Abwanderungswellen in Richtung Steam führten.4
- Wie groß die Kundengruppe ist, beweist auch, dass Anfang 2015 (02.01.) über 8,5 Millionen Nutzer gleichzeitig bei Steam angemeldet waren. 5
Wie ist das zu erklären, wie ist das möglich? Es spielen verschiedene Faktoren in die Gleichung mit hinein, welche im Ergebnis zu der Dominanz von Steam führt. Marketing spielt dabei wohl die entschiedenste Rolle – doch der erste Punkt ist dennoch ein anderer.
Erfolg der eigenen Spiele
Steam ist nicht nur eine Plattform, das hauseigene Produktionsbüro „Valve“ hat auch selbst große Hits herausgebracht. Half-Life (1&2) und Portal (1&2) waren Verkaufshits, welche nur über Steam spielbar waren. Wenn man als leidenschaftlicher Gamer nicht schon davor über diese Plattform seine Games erworben und gespielt hat, dann spätestens jetzt.
Online-Zwang
Es wurde prophezeit, nun ist es auch längst eingetroffen: Die Stürme der Entrüstung gegen den Online-Zwang beim Benutzen der eigenen Software war anfänglich groß und ebbte genauso schnell ab. Und was eigentlich als Anti-Kopierschutz angefangen hatte, entwickelte sich schnell zum Marketing-Segen!
Sobald ich ein Spiel starten möchte, muss ich mich erst bei der Plattform anmelden, über deren Server es läuft – selbst, wenn ich nur ein Einzelspieler-Offline-Spiel nutzen möchte, ist dies ein automatischer Prozess, den ich zwar verhindern kann… das kostet jedoch Mühe. Außerdem werden die gesammelten Daten so zwar nicht direkt an den Server übertragen, doch mit dem nächsten Einloggen kann das einfach nachgeholt werden. Was heißt das? Das heißt: Sobald ich ein Spiel über Steam spiele – und als PC-Spieler spiele ich fast 90% meiner Spiele über Steam -, erfasst Steam genau, WAS ich spiele und sogar WIE ich es spiele. Und der Grund dafür ist simpel…
Die Sales-Strategien
Der Kern eines guten Marketings ist oftmals der Abverkauf. POI-Marketing ist bei einer Online-Plattform auch immer gleichzeitig POS-Marketing. Und Steam hat es besonders einfach, denn es verkauft eine unendlich oft kopierbare Ressource: Daten. Sie sind immer verfügbar und nicht limitiert. Die Daten, welche Steam über seine Spieler hat, nutzt es natürlich. Zum einen wird nach jeder Spiel-Session ein Fenster geöffnet, welches über Neuerscheinungen, ähnliche Spiele und Spiele aus der Bibliothek von Freunden benachrichtigt. Doch hier fängt das Marketing erst an: Steam selbst schlägt mir, sobald ich ein neues Spiel suche, anhand meines Nutzerverhaltens passende Titel vor. Kundenzufriedenheit ist garantiert, wenn der Verkäufer genau weiß, was der Käufer will!
Wenn selbst das noch nicht ausreicht, um Käufer vom Erwerb zu überzeugen, kommen die Sales ins Spiel. Wenn Steam herausfindet, dass es für ein Spiel eine hohe potenzielle Kundschaft gibt, die jedoch nicht kaufen, so wird für eine kurze Zeit (3 Tage, manchmal eine Woche) das Spiel um bis zu 90% reduziert angeboten. Das ist bei älteren Titeln, die kaum noch Traffic haben, ein guter Weg, um ohne jeglichen Aufwand einen nochmal großen Umsatz zu generieren. Der geradezu legendäre Summer-Sale hat schon zu eigenen Internet-Memes geführt, da hier sogar die populären und aktuellen Titel mit Rabatten um die 50% für einen Tag angeboten werden. Möglich ist das auch, weil Steam die „Stammkunden“ schon davor zum vollen Preis abgreifen kann – durch Vorbestellungen, die Extras versprechen. Der Kunde kann sich also entscheiden:
Kaufe ich das Spiel vor dem Erscheinen zum vollen Preis, bekomme als Dankeschön aber In-Game-Extras und gehöre zu den ersten Spielern? Warte ich bis zu 3 Monate und spare beim Kauf teils sehr viel Geld? Oder merke ich mir das Spiel vor und warte lieber 1-2 Jahre, um es am Ende vielleicht für ein Zehntel des Preises zu bekommen?
Grundsätzlich führt das dazu, dass man als Gamer differenziert, welche Spiele man haben MUSS, welche man vielleicht haben WILL und welchen Kauf man sich vorstellen KANN. Das Ergebnis bleibt jedoch bei jedem gleich: Man kauft zu viel. Denn am Ende kauft man alles.
Populäre Führungspersönlichkeit
Gabe Newell selbst hat es zu einer großen Popularität gebracht6. Noch immer hat er eine eigene Support-Mail-Adresse und kümmert sich bis heute persönlich um Kundenwünsche, er spricht offen über Fehler sowohl in der eigenen Firma als auch bei Konkurrenten und ist nicht zuletzt bekannt dafür, preislich die Konkurrenz ständig zu unterbieten – für den „armen“ Gamer gleichzeitig Fluch und Segen, wie in der Sales Strategie dargestellt.7
Grundsätzlich ist also Online-Marketing der Schlüssel zu Steams Erfolg. Die Plattform hat es perfektioniert, sich einerseits marktrelevante Informationen aktuell und unverfälscht von den Kunden selbst zu holen, und andererseits daraus dann einen möglichst effektiven und dennoch für den Kunden zufriedenstellenden Abverkauf zu generieren. Der im Internet nur „Lord GabeN“ genannte Gabe Newell hat damit ein Imperium geschaffen, dass ihn nicht nur zum Milliardär gemacht hat, sondern in der Welt der PC-Spiele einen ähnlichen Stellenwert einnimmt, wie sein vorheriger Arbeitgeber in der Welt der PCs selbst. Bei Microsoft hat er gelernt, wie ein Imperium aufgebaut wird – und wo die Fehler gemacht werden. Die Zukunft für Steam sieht rosig aus.
- Videonachweis: https://www.youtube.com/watch?v=tax4e4hBBZc, Zugriff 11.2.2015. ▲
- Vgl.: http://www.pcgames.de/Spielemarkt-Thema-117280/News/Umsaetze-durch-PC-Spiele-hoeher-als-bei-Konsolen-1118937/, Zugriff 11.2.2015. ▲
- Quelle: http://www.gamestar.de/news/vermischtes/3059192/steam_origin_co.html ▲
- Quelle: http://www.eurogamer.de/articles/2011-02-14-forbes-steam-mit-bis-zu-70-prozent-marktanteil-und-groser-community ▲
- Quelle: http://www.4players.de/4players.php/spielinfonews/PC-CDROM/3693/2146022/Steam-Neuer_Rekord_85_Mio_Spieler_gleichzeitig_online.html ▲
- Quelle: http://imgur.com/r/Gaben ▲
- Videonachweis: https://www.youtube.com/watch?v=bUo1PgKksgw, Zugriff 11.2.2015. ▲