vk.com: Ein Blick über den Facebook-Rand

von Benjamin Martens

Wir befinden uns im Jahre 2013 nach Christus. Die ganze Erd-Bevölkerung ist im Facebook-Fieber. Die ganze Bevölkerung? Nein! Ein unbeugsames russischsprachiges Volk hört nicht auf, dem Marktführer Widerstand zu leisten.

So, oder so ähnlich, könnte es aussehen wenn man den berühmten Einleitungssatz der Asterix-Geschichten auf den russischsprachigen Social-Media Markt anwendet. Hatten die Gallier bei Asterix ihren Zaubertrank um die Römer auf Distanz zu halten, nutzt ein Großteil der Bevölkerung der ehemaligen Sowjet-Staaten die Online-Plattform vk.com (bis 2012 VKontakte.ru) um sich Freiheit von Facebook zu verschaffen.

VKontakte (ВКонтакте = „In Verbindung“) ist die größte Social-Media Plattform, welche ihren Sitz in einem europäischen Land hat. Über 120 Millionen Nutzer mit russischen Wurzeln sind auf ihr registriert. Dabei handelt es sich nicht nur um Anwender aus Russland. Die User-Schar wird komplettiert durch Bürger der weiteren ehemaligen Sowjet-Staaten und durch Spät-Aussiedler in europäischen und nordamerikanischen Ländern.

Die Seite existiert dabei ausschließlich in russischer Sprache mit kyrillischen Schriftzeichen, was eine gewisse Exklusivität nur für User garantiert die des Russischen mächtig sind. Gegründet 2005 ist VKontakte, wie auch StudiVZ in Deutschland, als regelrechter Facebook-Klon an den Start gegangen. Doch während sich in anderen Ländern diese Seiten mit der vermehrten Ausbreitung Facebooks überholten, liegt das russische Pendant nach wie vor scheinbar uneinholbar vorne.

Facebook ist für uns kein Konkurrent.“

VKontakte-Gründer Pawel Durow genießt dementsprechend im flächenmäßig größten Land der Erde denselben Status wie Facebook-Gründer Marc Zuckerberg anderswo. Nur 6,5 Millionen User nutzen die russische Textausgabe von Facebook. VKontakte hingegen hat über 120 Millionen registrierte Nutzer1. Daher hat Durow nicht ganz unrecht wenn er behauptet: „Facebook ist für uns kein Konkurrent.“2

Vielleicht kein Konkurrent, aber möglicherweise in nicht allzu ferner Zukunft Partner. Denn das russische Soziale Netzwerk steht vor einem stark umstrittenen Börsengang. Viele Anhänger befürchten, dass Facebook sich diese Möglichkeit der Markterschließung nicht entgehen lässt und das gallische Dorf schlucken könnte.

Ein Schachzug dem ein Großteil von Wirtschaftsunternehmen sehr positiv gegenübersteht. Zwar besitzen die großen weltweit agierenden Konzerne seit jeher auch Profile und Werbeschaltungen auf VKontakte. Dennoch würde eine Fusion beider Plattformen die Vereinheitlichung der Auftritte im Sinne der Corporate Communication vereinfachen und den Aufwand verringern sich verschiedenen technischen Voraussetzungen zu stellen.

Erfolgsrezept Urheberrechtsverletzung

Es ist aber nicht die mögliche Einverleibung durch den ungeliebten Riesen Facebook, welche den russischen Usern Bauchschmerzen bereitet. Die Stärke von VKontakte wird eher zwei anderen Punkten gut geschrieben, die durch einen Zusammenschluss in Gefahr geraten. Zunächst einmal wäre da die nach wie vor wenig online-affine russische Bevölkerung, die großen technischen Neuerungen skeptisch gegenübersteht und demnach mit der steten Weiterentwicklung Facebooks und immer während neuen Anwendungen nichts anzufangen weiß3. Auf der anderen Seite zeichnet sich VKontakte vor allem als Traum für Raubkopierer aus. Es bietet jedem Nutzer die Möglichkeit riesige Dateien hochzuladen und mit anderen zu teilen4. Filme und Musik sind dabei am beliebtesten. Dies wird ermöglicht dadurch, dass der Einhaltung der Urheberrechte in den russischen Online-Statuten bisher kaum Beachtung geschenkt wird. Diesem Schlaraffenland würde höchstwahrscheinlich durch einen Zusammenschluss mit Facebook Einhalt geboten werden.

Aber auch wenn es den VKontakte-Usern nicht gefällt deutet sich so langsam an, dass Facebook sehr stark daran interessiert ist Teile der russischen Social-Media-Plattform zu erwerben. Denn Experten glauben dass wenn der weltweite Marktführer das gallische Dorf nicht im Kampf besiegen kann, macht er es sich einfach zum Freund.

  1. Quelle: http://www.online-marketing-russland.de/content/vkontakte-versus-facebook-russland  
  2. Quelle: http://russland-heute.de/articles/2012/02/02/facebook_ist_fuer_uns_kein_konkurrent_14152.html  
  3. Quelle: http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/fileadmin/Redaktion/Institute/Informationswissenschaft/IWP_61_2010_2_71-76.pdf  
  4. Quelle: http://www.chip.de/news/Russen-Facebook-Der-neue-Traum-fuer-Raubkopierer_54540167.html  

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