Catcontent – Das Internet lässt die Katze aus dem Sack

Ein freundlicher und süßer Haufen aus feuchten Nasen, ulkigen Grimassen und putzigen Gesichtern – die Haustier-Community bei Facebook ist groß. Es versteht sich von selbst, dass sich hinter dem Tierprofil kein Tier, sondern ein Mensch versteckt.

Von Lisa Brückner

Thank you for being my friend!

Jeder, der sich mit Scottie Stinson anfreundet, bekommt ein Foto an seine Pinnwand gepostet. Dies geschieht nicht nur der Netiquette wegen, sondern auch um eine Verbindung von Katze zu Katze aufzubauen. Die „Mummies“ und „Daddies“ der Katzen freuen sich über solche Pinnwandeinträge. Bestenfalls erhält Scottie Stinsons „Thank you for being my friend“-Foto einen „Gefällt mir“-Klick und ein lieben Gruß in Form eines Kommentars.

Scottie Stinson, ein Berliner Kater, ist seit gut zwei Jahren mit einem eigenen Profil bei Facebook aktiv. Er postet Fotos, verschickt „Miaus“ und schreibt Belangloses über seinen Katzenalltag. Er hat 5000 Facebook-Freunde, darunter Katzen, Hunde, Nutztiere, wie Ziegen und Hängebauchschweine, und einen Seehund. Hier treffen also verschiedene Persönlichkeiten aufeinander: die Katze, die einen englischen Argot spricht, der Hund, der von der Scheidung seiner Herrchen berichtet und das Hausschwein, welches auf seiner Pinnwand um Spendengelder für einen Tierschutzhof bittet. Alle verstehen sich blendend. Kein Wunder, es herrscht ein äußerst freundlicher Umgangston. Tiere untereinander kommunizieren nun mal anders, als es die Menschen machen.

Die Katze mit dem grimmigen Gesichtsausdruck

Untereinander kommunizieren die tierischen Facebook-User eher auf Pinnwänden, weniger per Nachricht. Der Kontakt zwischen den Nutzern ist meist oberflächlich. Nur mit einigen wenigen wird eine private Unterhaltung vertieft, denn viele verfolgen nur ein Ziel: Erfolg. Dafür ist es wichtig viele Freunde, Kommentare und „Gefällt mir“-Klicks zu sammeln und den Bekanntheitsgrad des eigenen Haustiers zu steigern.

Besonders Katzen sind mittlerweile ein Internetphänomen geworden. In Internetforen und Communities werden Fotos und Videos von Katzen gepostet.1 Dabei variiert der Inhalt in der Thematik. Es gibt Bilder von coolen und lässigen Katzen, von süßen Katzenbabys, die schlafen, spielen oder essen und von Katzen, die grimmig gucken und schlecht gelaunt wirken.

Grumpy Cat – bekannt für seinen Gesichtsausdruck – wurde erst kürzlich zur wichtigsten Katze des Jahres 2012 gewählt. Grumpy Cat hat über 600.000 Fans bei Facebook, zwitschert Neuigkeiten in die Welt und lädt Videos von sich bei Youtube hoch. Nicht die Katze betreibt diesen Aufwand, sondern sein Herrchen, welcher von dem Wiedererkennungswert und der Originalität seines Haustieres profitiert. Die Medien berichten regelmäßig über die Katze und somit auch über das Herrchen.2 Erste Einnahmen konnte der Katzenbesitzer auch schon verzeichnen. In einem Onlineshop können Fans Tassen mit dem abgebildeten Katzengesicht erwerben.

Aber Katze ist nicht gleich Katze. Catcontent wird nur erfolgreich, wenn der Besitzer eines Tieres regelmäßig, am besten mehrmals täglich, die Internetcommunity mit Neuigkeiten aus der Welt des Tieres versorgt. Vorteilhaft ist es, wenn die Katze nicht durchschnittlich und gewöhnlich aussieht. Fellfärbung, Zeichnung und das Gesicht sind ausschlaggebend. Besonders beliebt sind die schwarz-weißen „Tuxedo Cats“, deren Fell so gemustert ist, das es aussieht, als würde die Katze einen schwarzen Anzug tragen. Unter US-amerikanischen Katzenbesitzern gelten diese Katzen zudem als besonders intelligent.

Cheezburgerz? Von Katzensprache und Katzenwahnsinn

Ein Katzenwahnsinn bahnt sich an. Auf der Webseite www.meowbify.com  können Katzenbegeisterte die Adresse einer Homepage ihrer Wahl eingeben und die gewünschte Webseite verwandelt sich in eine Seite voller Katzeninhalt. Dabei werden bestehende Inhalte der gewählten Webseite durch Katzenfotos- und Videos ersetzt. Auch der Trend der Lolcats hat sich durchgesetzt. Bei diesem Internettrend werden Katzenfotos mit lustigen Kommentaren ins Internet hochgeladen.3 Dabei wird immer ein niedliches oder seltsames Katzengesicht abgebildet, welches mit einer Bildunterschrift versehen wird. Die Schrift ist meist weiß und schnörkellos, die Satzstellung und Grammatik eine reinste Katastrophe.4

Er fragt nicht nach einem Cheeseburger, aber dies ist ein Beispiel für ein typisches Lolcat-Foto. Foto: L. Brückner

Auf der Homepage icanhas.cheezburger.com postete Erik Nagakawa 2007 ein Foto einer Katze mit putzigem Gesicht, die nach einem Cheeseburger fragt. Nagakawas Blog wurde so bekannt, dass der diesen noch im gleichen Jahr für einen siebenstelligen Betrag an ein Unternehmen verkaufte.5

Mit gut aufgemachten Catcontent lässt sich also viel Geld machen. Aber warum? Tiermotive kennen wir bereits aus der Werbung. Sie sind Sympathieträger.6 Mit ihnen werden positive Emotionen verbunden. Ein niedliches Katzenbaby kitzelt dem Betrachter ein „Oh, wie süß“ heraus – ein gewollter Effekt.7 Tiere sind ein ideales Werkzeug um Kunden zu gewinnen, schließlich ist es möglich, dass dieser das Produkt nur wegen dem Tier, welches er aus der Werbung kennt, kauft. Tiere als Markenfiguren funktionieren gut, dass wissen auch die Internetnutzer.

Das Kindchenschema ist in der Werbung ein beliebtes Mittel um beim Kunden Emotionen auszulösen. Es funktioniert nicht nur bei Babys, sondern auch bei Katzen. Foto: L. Brückner

No Thank you- you are not my friend!

Jedoch müssen sich User von Katzenprofilen oder Blogs im Klaren sein, dass es auch Internetnutzer gibt, die von Catcontent eher genervt sind. Die Zielgruppe ist beschränkt. Es ist verständlich, wenn jemand von Katzen, die das Internet füllen, genervt ist.8 Der eine ist genervt von der ganzen Niedlichkeit, der andere war schon immer ein Katzenhasser und einige Leute  denken sich schon Berufs wegen, dass Catcontent nur einen kurzen Internettrend darstellt und jemand wie Grumpy Cat eine Eintagsfliege ist. Einige sind der Meinung, dass im Internet nur ernste Themen besprochen werden sollen und ein Video einer lachenden Katze sei fehl am Platz.

Vielleicht sind die, die von den Internetkatzen genervt sind, einfach nur „überkätzigt“. In dem Fall wird derjenige versuchen Katzeninhalte herauszufiltern.

Haustierhalter, alleinstehende US-amerikanische Frauen, exzentrische Japaner, Tierschützer und Katzen wollen dennoch weiterhin mit Scottie Stinson befreundet sein.

  1. Quelle:http://wissen.dradio.de/miau-das-internet-ist-eine-katze.40.de.html?dram:article_id=230631  
  2. Quelle: http://derstandard.at/1358303879343/Boo-Maru-und-Grumpy-Cat-Die-heimlichen-Herrscher-des-Webs  
  3. Quelle: http://www.zeit.de/digital/internet/2012-05/lolcat-meme   
  4. Quelle: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/websprache-kindliches-kaetzchen-englisch-ueberrollt-netzforen-a-529455.html  
  5. Quelle: http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,1821656-2,00.html  
  6. Quelle: http://www.stern.de/wirtschaft/news/maerkte/hitparade-die-beliebtesten-werbefiguren-562717.html  
  7. Quelle: http://www.welt.de/print-welt/article234370/Baer-und-Glatze-wecken-Gefuehle.html  
  8. Quelle:  https://plus.google.com/+SPIEGELONLINE/posts/bnXoZtkGA78  

Ein Gedanke zu „Catcontent – Das Internet lässt die Katze aus dem Sack

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