Facebook ist out – Snapchat in

Die Social-Media-App Snapchat ist laut Adweek zur „Hottest Digital Brand of the Year 2016“ gewählt worden.1 Mit über 200 Millionen Usern weltweit, 100 Millionen aktiven Usern und 400 Millionen Snapchat-Stories täglich verzeichnet der kostenlose Instant-Messaging-Dienst ein rasantes Wachstum seit Gründung im Juli 2011.23 Der Unternehmenswert von Snapchat wird mittlerweile auf 25 Milliarden US-Dollar geschätzt.4 Somit stellt Snapchat die Social-Media-Plattform Twitter mit einem Unternehmenswert von 12,3 Milliarden US-Dollar in den Schatten.5

Twitter hat zwar mit 320 Millionen aktiven Usern und 500 Millionen Tweets pro Tag noch einen kleinen Vorsprung in der Nutzerquantität, ist jedoch doppelt so alt wie Snapchat.6 Snapchat schwebt auf Erfolgskurs und ist derzeit das heißbegehrteste Start-Up des Silicon Valley. Facebook kommt auf 1,591 Milliarden Nutzer7 weltweit, wovon 1,39 Milliarden aktive Nutzer mindestens einmal im Monat online sind.8 Für Deutschland gehört Facebook immer noch zur Nummer eins der sozialen Netzwerke. Trotzdem sinkt die Beliebtheit des Netzwerks, vor allem bei der jungen Zielgruppe. Facebook gewinnt bei Menschen ab 30 stetig an Beliebtheit. Der Grund für das Wegbrechen der jüngeren Zielgruppe, sind allen voran die Eltern und allgemein ältere Generationen, die Facebook uncool erscheinen lassen. Besonders wichtig ist das Abheben von anderen Generationen, was dadurch nicht mehr gegeben ist, da die komplette Verwandtschaft Facebook nutzt. An sehr großer Beliebtheit gewinnt hingegen Snapchat, Instagram, Twitter, WeChat, Flickr, die von älteren Generationen kaum genutzt werden9. Es stellt sich die Frage, was Snapchat so erfolgreich macht. Spannend sind auch Überlegungen, wie Unternehmen Snapchat sinnvoll einsetzen können, welche Gefahren es gibt und was die User zukünftig noch von Snapchat erwarten können?

von Karla Kolumna

Was bedeutet Snapchat?

Das Wort „Snapchat“ ist eine Wortschöpfung aus „Snapshot“ (dt. Schnappschuss) und „Chat“ (dt. Plaudern, Reden). Damit wird auf die Verbindung von Chatten und Bildern angespielt, die bei der App im Mittelpunkt steht. Der Unterschied zu anderen Chats besteht darin, dass die Snapchat-User keine Textnachrichten, verschicken, sondern in Form von Bilder, Videos und Fotos kommunizieren.10

Was ist eigentlich Snapchat?

Snapchat ist ein kostenloser Chat für Android und IOS Geräte, worüber in Form von Bildern, Fotos und Videos kommuniziert werden kann. Die geteilten Bilder, Fotos und Videos sind mit einer begrenzten Zeit bis zu 10 Sekunden oder weniger für den Empfänger sichtbar und zerstören sich danach automatisch. Die selbst erstellten Snaps können mit Hilfe von Text, verschiedenen Filtern und Werkzeugen, wie Emojis oder Symbolen, aufgehübscht werden. Der Gründer Evan Spiegel hat die Funktion der App in einem YouTube-Video einmal bildlich darstellt:

Damit es für die User nicht langweilig wird, hat sich Snapchat erweitert. Nicht nur das Speichern von eigenen erstellten Snaps unter Memory ist neu, mittlerweile bietet Snapchat auch die Möglichkeit, ein Bitmoji, also ein persönliches Emoji, zu erstellen und zu verschicken. Auch über 200 Sticker, z.B. saisonbezogene Sticker und Emoji-Symbole, wie etwa Tiere oder Sternzeichen, können im erstellten Snap hinzugefügt werden. Snapchat zieht außerdem durch zeitlich begrenzte Filter und Effekte, durch die man sein eigenes Gesicht modifizieren kann, die Aufmerksamkeit auf sich. An den vergangenen Weihnachtstagen hatten User z.B. die Möglichkeit, einen Weihnachtsengel-Filter oder einen Effekt, der eine Geschenkbox öffnet, an ihre Freunde zu schicken. Außerdem können Snapchat-User eine Art virtuelles Poesie-Album erstellen, indem sie ausgewählte Bilder kombinieren und aneinanderreihen, das sie öffentlich teilen können und das erst nach 24 Stunden gelöscht wird. Neu ist auch das Trophäen-System. Hierbei können die User z.B. durch eine bestimmte Anzahl von Snaps pro Tag, die sie veröffentlichen, virtuelle Belohnungen freischalten.11

Der neuste Trend sind wohl die „Filter Games“. Eines der Spiele nennt sich Santa’s Helper, wobei der User sein Gesicht auf ein Elfen-Kostüm steckt, Geschenke sammelt und Hindernissen ausweichen muss. Parallel dazu kann der User zu jeder Zeit Fotos und Videos aufnehmen und an Freunde schicken.12 Mit all diesen Funktionen und Features hat Snapchat den Chat 2.0 erschaffen. Besonders auf die jüngere Generation hat die App eine enorme Anziehungskraft. Doch warum ist Snapchat so beliebt? Mashable hat es in einem Video noch einmal auf den Punkt gebracht, warum Snapchat bei den Usern so gut ankommt:

Nach und nach landet Snapchat auch auf den Smartphones älterer Generationen und löst somit das Image der Teenie-App ab. Inzwischen haben 38 % der User Snapchat installiert, die mindestens 25 Jahre alt sind und sogar 14 % sind älter als 35.13

Eignet sich Snapchat fürs Marketing von Unternehmen?

Entscheiden muss das jedes Unternehmen selbst. Nicht jede Zielgruppe kann gleich gut erreicht werden. Doch mittlerweile haben viele Unternehmen das Potenzial von Snapchat erkannt und nutzen zunehmend die Plattform, um ihr Produkte zu vermarkten. Als Unternehmen bei Snapchat einzusteigen, bietet viele Vorteile. Bei Snapchat bekommt das beworbene Produkt die volle Aufmerksamkeit, da die Snaps nur für eine begrenzte Zeit sichtbar sind und nach 24 Stunden gelöscht werden. Ideal ist Snapchat unter anderem für Unternehmen, die zeitlich begrenzte Angebote präsentieren, die sich bei jungen Bewerbern als attraktiver Arbeitgeber vorstellen möchten, in Form von kurzen Videos von Vorgesetzten, Angestellten, Auszubildenden oder für Employer-Branding. Sinnvoll sind Snap-Stories von Events, die den Usern das Gefühl geben, live dabei zu sein oder Influencer Marketing. Beim Influencer Marketing geht es vorgründig darum, Marken- und Produktsprecher zu gewinnen, die als Experten auf bestimmten Themengebieten gefragt sind. Influencer können zum Beispiel YouTuber, Prominente oder Journalisten sein.14

Dabei sollte man besonders auf reichweitenstarke Snapper, sogenannte Nutzer bzw. Influencer der App setzen, die die Marke oder Produkte in Szene bringen. Wichtig sind dabei ein authentisches Storytelling, Spontanität und Filter und Lenses, sogenannte Gesichts-Effekte bei Snapchat, um eine große Follower-Community zu generieren. Beliebt bei den Usern sind Sneak Previews, Produktvorschauen, Trailer, Behind-the-Scenes und Mitarbeiter-Vorstellungen via Selfie. Zu den Top Snapper gehören Zalando, Karstadt Sports, Pro7, Rewe Karriere und SIXT15 16, die ihre Produkte, wie aktuelle Mode oder Autos in Form von Bildern und kurzen Videos präsentieren, mit Rabattaktionen die Follower locken und zeigen was hinter den Kulissen abläuft. Die Firmen nutzen Snapchat auch, um sich als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren und potenzielle Auszubildende zu generieren.

Was können die User von Snapchat zukünftig noch erwarten?

Neben den neuen Gruppenchats bis zu maximal 16 Personen kooperiert Snapchat jetzt auch mit dem Musikerkennungstool Shazam. Hält man die Kamera in Snapchat gedrückt, bekommt man Informationen über Künstler und Titel. Mit wenigen Klicks können die Songs auf Spotify angehört oder im iTunes Store gekauft werden.17 Ein neues Gadget, das seit wenigen Wochen in den USA auf dem Markt ist, nennt sich Spectacles. Dies ist eine Video-Brille, die eine eingebaute Kamera hat und die Umgebung aufnehmen kann. Snapchat hat sich somit vom Smartphone entkoppelt. Erhältlich sind die Spectacles bisher nur in den USA mit einer begrenzten Anzahl in mehreren Farben.18 Wie diese Video-Brillen genau funktionieren erklärt Mashable in einem Video:

Absolut neu ist auch die Funktion namens „Snapcash“. Snapchat ermöglicht Usern Geld untereinander zu verschicken. Diese Funktion ist seit Mitte November möglich – vorerst nur in den USA. Die Überweisungen laufen komplett über den Bezahldienst Square. Voraussetzung für die Nutzung ist ein Mindestalter von 18 Jahren.19

Welche Gefahren bringt die Nutzung von Snapchat mit sich?

Wie damals Google mit Google Glass steht auch das Unternehmen Snapchat mit seiner neuen Video-Brille „Spectacles“ in der Kritik, Persönlichkeitsrechte anzugreifen, weil in Form von Videos, in vertikaler und horizontaler Form, die Umgebung aufgenommen wird. Durch die Flüchtigkeit der Snaps, die nach wenigen Sekunden wieder verschwinden, suggeriert Snapchat den Nutzern ein hohes Maß an Datenschutz. Das trifft jedoch nicht mehr zu. Mit Hilfe einer Smartphone-Tastenkombination können problemlos Screenshots von empfangenen Bildern gemacht und geteilt werden, die somit gespeichert werden, obwohl sie nicht zur Aufbewahrung gedacht waren. Auch das Speichern von empfangenen Dateien durch Drittanbieter ist möglich, auch wenn Snapchat selbst keine Möglichkeit bietet. Schon 2014 brachte ein Daten-Leak Snapchat negativ in die Schlagzeilen: Ein Archiv von rund 200.000 Privatfotos war im Netz aufgetaucht, worunter auch Nacktfotos Minderjähriger zu sehen waren. Trotz allem scheint es Snapchat nicht geschadet zu haben – im Gegenteil. Dass es trotz vieler öffentlicher Debatten um Sicherheit und Datenschutz im Netz an der praktischen Umsetzung hapert, scheint die hauptsächlich jüngeren Nutzer nicht zu stören; ebenso wenig, dass durch die freiwillige Preisgabe ihre Daten gesammelt und getrackt werden.20

  1. Vgl.: http://www.adweek.com/news-gallery/technology/these-were-hottest-apps-games-and-gadgets-2016-174487, Zugriff 25.1.17.  
  2. Vgl.: https://www.omnicoreagency.com/snapchat-statistics/, Zugriff 25.1.17.  
  3. Vgl.:https://bjoerntantau.com/snapchat-statistik-demografie-zahlen-fakten-15122015.html, Zugriff 26.1.17.  
  4. Vgl.:http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/netzwirtschaft/boersengang-deshalb-ist-die-app-snapchat-milliarden-wert-14470128.html, Zugriff 26.1.17.  
  5. Vgl.:http://www.it-times.de/news/social-media-wie-viel-ist-twitter-eigentlich-wirklich-wert-120342/, Zugriff 26.1.17.  
  6. Vgl.:http://socialmedia-institute.com/uebersicht-aktueller-social-media-nutzerzahlen, Zugriff 26.1.17.  
  7. Vgl.:http://medien-mittweida.de/ist-facebook-out/, Zugriff 26.1.17.  
  8. Vgl.:http://allfacebook.de/toll/facebook-nutzerzahlen-2016, Zugriff 26.1.17.  
  9. Vgl.:http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/soziale-netzwerke-facebook-gehen-die-jungen-user-aus/9341890.html, Zugriff 26.1.17.  
  10. Vgl.:http://www.giga.de/apps/snapchat-fuer-android/specials/was-ist-snapchat/, Zugriff 26.1.17.  
  11. Vgl.:http://www.giga.de/apps/snapchat-fuer-android/specials/was-ist-snapchat/, Zugriff 26.1.17.  
  12. Vgl.:https://techcrunch.com/2016/12/23/snapchat-games/, Zugriff 26.1.17.  
  13. Vgl.:http://www.futurebiz.de/artikel/snapchat-nicht-mehr-nur-teens-38-ueber-25/, Zugriff 26.1.17.  
  14. Vgl.:https://onlinemarketing.de/lexikon/definition-influencer-marketing, Zugriff 26.1.17.  
  15. Vgl.:http://www.business-academy-ruhr.de/business-academy-ruhr/snapchat-fuer-unternehmen, Zugriff 26.1.17.  
  16. Vgl.:http://lingner.com/themen/snapchat-marketing/, Zugriff 26.1.17.  
  17. Vgl.:http://www.gq-magazin.de/auto-technik/handy-apps/neu-app-update-snapchat-mit-brillantem-update, Zugriff 26.1.17.  
  18. Vgl.:http://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/snapchat-spectacles-so-baut-evan-spiegel-seine-firma-um-a-1113942.html, Zugriff 26.1.17.  
  19. Vgl.:http://www.focus.de/digital/videos/neue-funktion-der-beliebten-app-snapchat-laesst-seine-nutzer-jetzt-auch-geld-verschicken_id_4282857.html, Zugriff 26.1.17.  
  20. Vgl.:http://www.giga.de/apps/snapchat-fuer-android/specials/was-ist-snapchat/, Zugriff 26.1.17.