Egal, mit wem man sich unterhält, seien es Freunde, Bekannte oder Verwandte, fast alle sind sie sich einig: „Die Printmedien sterben aus!“ Das Interessante jedoch ist,
dass die Macher der Printmedien das selbst gar nicht glauben – und die müssen es ja wissen!
von Niklas Mann
Das Gespräch mit dem Produktmanager der Märkischen-Allgemeinen Zeitung, Henrik Bortels, dessen Verantwortungsbereich vor allem das Online-Angebot der in Potsdam ansässigen Zeitung ist, hätte nicht ungewöhnlicher laufen können. Eine quer über den gesamten Tisch ausgebreitete Tageszeitung aus Papier war das wichtigste Thema unseres Gespräches über Online-Journalismus.
Moment! Online-Journalismus? Zeitung aus Papier? Das passt doch gar nicht zusammen! Henrik Bortels sieht das anders: „Doch! Das passt sehr gut!“ Aber wie?
Die Online Medien sollen im Idealfall keine Konkurrenz für die Printmedien sein. Viel mehr sind sie gute, gleichberechtigte Partner. Doch aufgrund der geforderten Schnelligkeit und Aktualität der Online Medien bleibt den Redakteuren meistens keine Zeit ausführliche Texte mit umfangreichem Hintergrundwissen zu erstellen. Die Recherche geschieht nur oberflächlich, denn es ist weder Geld noch genug Zeit vorhanden. Sich vor Ort ein Bild von der Situation machen? Undenkbar! Die Meldungen müssen so schnell es geht verfasst, aufbereitet und online gestellt werden. Hierbei kommt nicht selten die Qualität zu kurz.
Und hier kommen die Printmedien ins Spiel: Sie erlauben den Redakteuren zu zeigen, was ihn ihnen steckt. Im Printbereich ist zwar auch kein Geld vorhanden aber ausreichend Zeit um Interviews zu führen, vor Ort zu recherchieren und die Texte fachgemäß zu redigieren. Somit bietet die Printausgabe einer Zeitung die perfekte Ergänzung zum Online Angebot – oder bietet das Online Angebot die perfekte Ergänzung zum Printangebot? Wie auch immer!
Günther Jauch bei schwerem ViP-Unfall verletzt
Wenn am Morgen in Potsdam die Straßenbahn Linie 92 mit dem Bus der Linie 696 kollidiert und sich dabei Günther Jauch, auf dem Weg zur Arbeit, einen blauen Fleck an der Schulter zuzieht, ist die Zeitung schon lange gelesen und womöglich bereits im Papierkorb gelandet. Hier besteht nicht mehr die Möglichkeit, diesen Vorfall von internationaler Wichtigkeit in den Potsdamer Lokalteil aufzunehmen.
Anders im Internet. Bereits eine halbe Stunde nachdem es gekracht hat geht die erste Meldung online: „Günther Jauch bei ViP-Zusammenstoß (;-)) schwer verletzt!“. Das ging zwar schnell, ist aber nicht wirklich gut recherchiert.
Doch die Printausgabe schafft Abhilfe: Am nächsten Morgen wird der Vorfall umfangreich aufgeklärt. Bilder und Skizzen unterstützen die Berichterstattung und helfen, den Unfallhergang detailliert aufzuklären: Günther Jauch wird weiter im Fernsehen auftreten können.
Doch Spaß beiseite. Dieses Beispiel zeigt einen wichtigen und interessanten Aspekt im Zusammenspiel der erbitterten Gegner Print- und Onlinejournalismus auf: Der eine kann nicht ohne den anderen. Das Internet als schnelles, top-aktuelles Medium ergänzt sich perfekt mit dem Printmedium, dem Garanten für umfangreiche Hintergrundinformationen und detaillierte Berichterstattung. Print und Online arbeiten jetzt schon perfekt zusammen und so wird es noch lange bleiben.