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Die Electronics Entertainment Expo – kurz E3 – ist die größte Messeveranstaltung der Spielebranche auf der Welt.¹ Die erfolgreichsten Entwicklerteams der Welt nutzen die mediale Aufmerksamkeit dieses Superevents, um neue Spiele anzukündigen, künftige Projekte bekanntzugeben und Fans von ihren Titeln zu begeistern. Besonderer Höhepunkt der E3 sind die Pressekonferenzen der großen Publisher, die am Vorabend der eigentlichen Messe stattfinden. Neben tollen Spielen gab es in diesem Jahr sogar eine Überraschung der etwas anderen Art.

by Ronin

²Der Technologiegigant Sony nutzte in diesem Jahr die Gelegenheit, um ein Spiel namens Shenmue III zu besprechen. Der interessanteste Aspekt dieser Ankündigung betrifft die Finanzierung des Spiels. ³ Denn im Gegensatz zu den vielen anderen Projekten dieses Abends war Shenmue III bis dato lediglich Konzeptarbeit. Sony nutzte die begehrte Sendefläche nicht für die Ankündigung eines Spiels, sondern zum Teasern einer Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter. Dort sollten insgesamt mindestens zwei Millionen US-Dollar gesammelt werden, um das Spiel beim Sony-Entwicklerstudio Ys Net produzieren zu lassen. ⁴ Laut Aussagen des Chefentwicklers Yu Suzuki ließe sich der Titel mit diesem Geld in der Standardvariante produzieren. Sollte mehr Geld zusammenkommen, wird das Produkt natürlich entsprechend umfangreicher, verspricht der Japaner. ⁵

Bin kein Fan davon, das Geld von Fans als kostenlose Marktanalyse zu missbrauchen. Dafür ist Kickstarter nicht da. #shenmue3

— Robin Schweiger (@SilentBob_G) 16. Juni 2015

Auch wenn diese Maßnahme im Nachhinein von der Fachpresse äußerst kritisch betrachtet wurde ^6 7, ging Sonys Plan auf: In weniger als neun Stunden sammelten begeisterte Fans aus aller Welt die erforderliche Summe von zwei Millionen US-Dollar und ermöglichten somit die Realisierung des Videospiels. ⁸ Als einer der größten Produzenten und Publisher der Videospielbranche könnte Sony Shenmue III natürlich selbst produzieren, aber die Herstellung eines Videospiels verschlingt gewaltige Finanzierungssummen und birgt letztlich immer das Restrisiko einer Fehlinvestition. Mithilfe einer Crowdfunding-Kampagne lassen sich Bedenken von Shareholdern umgehen, da in erster Linie private Unterstützer angesprochen werden, die von der Idee ohnehin überzeugt sind. ⁹

Dass Crowdfunding als Finanzierungsmodell im US-amerikanischen Markt eine hohe Akzeptanz genießt, zeigt dieses Beispiel sehr anschaulich. In Deutschland gibt es diese Bereitschaft zwar auch, allerdings ist die Ausprägung hierzulande deutlich geringer. ¹⁰ In Deutschland werden je nach Plattform nur etwa die Hälfte aller Projektideen realisiert und Finanzierungssummen im Millionenbereich kommen erst gar nicht zustande. Doch im Falle von Shenmue III schien die Bereitschaft auch hier in Deutschland nicht getrübt zu sein. Erst vor wenigen Tagen endete die Kampagne mit einer finalen Finanzierungssumme von weit über 6 Millionen US-Dollar. ¹¹ Auch wenn Sony von diesem Kickstarter-Geld keinen einzigen Penny sieht, lohnt sich dieses Unterfangen für den Technologiehersteller. Denn Sony verdient an jedem verkauften PlayStation-Spiel, an jeder vertriebenen PlayStation 4 und für jeden Fan, der das Unternehmen fortan mit Shenmue in Verbindung bringt, sogar doppelt. Und dass sich Videospiele via Crowdfunding vergleichsweise kostengünstig und risikoarm finanzieren lassen, begreift der Konzern ganz offenbar als Chance.