In den Jahren von 1938 bis 1945 arbeiteten knapp eine halbe Million Zwangsarbeiter in Berliner Rüstungsfabriken, für staatliche Dienststellen oder in Privathaushalten. Mehr als in jeder anderen Stadt Europas mussten Personen unterschiedlichster Herkunft unter teilweise menschenunwürdigen Bedingungen Schwerstarbeit verrichten, um den Arbeitshunger des Nationalsozialismus zu stillen. Mit der kostenlosen Zeitzeugen-App kann ein jeder diesem bewegenden Alltag folgen.
von Glenn Miotke
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs mussten in unmittelbarer Nähe zur Berliner Bevölkerung Frauen, Männer und Kinder in notdürftig errichteten Lagern ein neues Zuhause finden. Diese Zwangsarbeiter teilten ein gemeinsames Schicksal: von den Nazis unfreiwillig nach Deutschland deportiert, mussten sie niedrigste Arbeiten verrichten.
Egal ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder der S-Bahn – Nutzer können die Erinnerungen und Erfahrungen der Zwangsarbeiter vor Ort mobil aufspüren und aufleben lassen. Die Berliner Geschichtswerkstatt, ein gemeinnütziger Verein, der sich u.a. mit Berlins Geschichte im Nationalsozialismus befasst, hat persönliche Schicksale gesammelt und in einer App für Android und iOS veröffentlicht.1
Zeitzeugen erinnern sich an die Orte des Geschehens und führen dabei nicht nur zu touristischen Brennpunkten, sondern geben dem Nutzer Einblicke fernab von Reiseführern und Sightseeing-Touren. Ehemalige Zwangsarbeiter aus Ost- und Westeuropa öffnen ihre persönliche Geschichte durch Briefe, Fotos, Interviewausschnitte und Karten. Nicht nur interessierte Berliner, Schüler und Studenten oder Touristen können sich so auf eine Spurensuche der Vergangenheit begeben. Einem jeden ist dies ganz ohne Zeitdruck oder finanzielle Aufwendungen möglich.
Die Zeitzeugen berichten von ihrer täglichen Arbeit, der Ausgrenzung und Missachtung, Gewalt, Unterdrückung, der omnipräsenten Angst vor Bombenangriffen, aber auch von tiefer Liebe und geschlossenen Freundschaften.
Die fünf Touren im Überblick:
Ein Pole in Berlin – Rundgang vom S-Bahnhof Bornholmer Straße zum S-Bahnhof Gesundbrunnen
Opfer und Täter – Rundgang vom Brandenburger Tor zur Lindenstraße
In der Fabrik – Rundgang um den Humboldthain
Zwangsarbeit war überall – Fahrrad-Tour vom Potsdamer Platz zur Hermannstraße
Durch die Stadt der Lager – S-Bahn-Tour vom Bahnhof Zoo nach Schöneweide
Hierbei empfiehlt es sich, die Zeitzeugen-App bereits zuvor auf dem Smartphone zu installieren und den jeweiligen Rundgang herunterzuladen, um unnötige Wartezeiten zu vermeiden.
Fazit
Die Anwendung zur Geschichte der Zwangsarbeit in Berlin ist auf Deutsch und Englisch verfügbar und visualisiert mit ihren multimedialen Inhalten einen spannenden und bewegenden Einblick in einen Teil der dunklen Berliner Geschichte. Die Zeitzeugen-App ist äußerst übersichtlich gestaltet und schafft eine freie Zeitgestaltung der Spurensuche. Da sich der Download der Rundgänge als sehr datenlastig erweist, empfiehlt es sich diese vorab herunterzuladen.
Für weitere Informationen
Zur Internetseite der Berliner Geschichtswerkstatt
oder gleich der kostenlose Download
Download-Link zum Google Play Store
- Vgl.: http://www.berliner-geschichtswerkstatt.de/app.html, Zugriff 29.7.2014. ▲