„Du bist nicht der Kunde der Internetkonzerne. Du bist ihr Produkt.“

Gerade erst hat der Social-Media-Riese Facebook Whatsapp aufgekauft, als Jaron Laniers neuestes Buch ‚Wem gehört die Zukunft?‘ erscheint. Der 1960 geborene US-amerikanische Autor trifft mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung genau ins Schwarze. Denn wieder einmal sind es die Nutzer, die mit ihren privaten Daten bezahlen.1

http://www.youtube.com/watch?v=OuRJqF67exY

von Franziska D.

Der Mensch als reine Datenmasse

„Den Leuten ist überhaupt nicht klar, welche Gefahr von Big Data ausgeht. Big Data bedeutet, dass Computer weltweit Informationen über uns sammeln und daraus fragwürdige Statistiken erstellen. Mit einem Ziel: Um Vorhersagen darüber zu machen, wie man den meisten Profit aus uns schlägt, wie man jemanden am besten manipuliert“, so Lanier. Der Mensch als Ware, der seine im Netz niedergeschriebenen Gedanken, Ideen, Fotografien, Videos, etc. an Internet-Riesen wie Facebook oder Google, die großzügig kostenlose Plattformen zur Verfügung stellen, quasi verschenkt. Denn „[du] bist nicht der Kunde der Internetkonzerne. Du bist ihr Produkt.“ Die Big-Data-Unternehmen sind jedoch die einzigen, die wirklich davon profitieren und Milliardenumsätze mit gesammelten Statistiken über jeden einzelnen Nutzer machen.

Lanier findet: „[…] wenn alles frei verfügbar und umsonst ist, klingt das demokratisch, aber das ist es eben nicht. Denn die Internet-Mächtigen mit ihren Riesen-Computern, mit der Möglichkeit all diese Informationen auszuwerten und weiterzuverkaufen, sind am Ende die einzigen Profiteure. Und so wurde das, was eigentlich so demokratisch aussah, sehr, sehr unfair.

Das Lieblingsbeispiel des Computerwissenschaftlers Lanier zur Verdeutlichung des Problems ist Kodak: Bereits im 19. Jahrhundert gegründet, war Kodak eines der größten Unternehmen, welches sich auf fotografische Ausrüstungen spezialisiert hatte. Der Wert der Firma lag einst bei fast 30 Milliarden US-Dollar und beschäftigte im Fotobereich rund 140.000 Menschen. Zum Vergleich: 2012 kaufte Facebook den Online-Fotodienst Instagram für eine Milliarde US-Dollar auf, mit gerade einmal 13 Mitarbeitern. Nicht nur die Angestellten oder die Technik spiegeln heutzutage den Wert eines Unternehmens wider, sondern die Daten mit denen das Unternehmen agiert. In diesem Fall die Fotos der Instagram-Nutzer.

Das Ausbluten der Mittelschicht

Jaron Lanier, CC by Vanz

Jaron Lanier will die Gesellschaft mit seinem neuen Buch hellhörig machen und versucht eine Revolution zu starten. Und damit hat er gute Chancen: Den Informatiker, Autor, Unternehmer und Dozent an der University of California in Berkeley kann man durchaus als einen der Internetpioniere aus den 80er Jahren bezeichnen. Bereits im Jahr 2010 war Jaron Lanier unter den Nominierten der TIME Top-100-Liste der einflussreichsten Personen der Welt. Der Wissenschaftler sieht besonders die Mittelschicht im angebrochenen Kommunikationszeitalter bedroht. Softwares lösen in immer mehr Bereichen menschliches Denken und Handeln ab. „Die kurzfristigen Annehmlichkeiten stehen in maximalem Konflikt zu den langfristigen Auswirkungen. Das Problem bei diesen Systemen ist: Sie arbeiten sehr schnell und schaffen schnelle Anreize. Die Folgen aber bleiben dunkel. Und genau das ist das Problem“, so Lanier. Trotzdem wagt Lanier eine Prophezeiung abzugeben:  Er vermutet, dass besonders die Mittelschicht vom Einzug von immer mehr Software im Alltag der Menschen betroffen sein wird. Der Internetpionier, der schon immer ein gutes Gespür in Sachen Online-Zukunfsvisionen hatte, warnt von einem Zeitalter der Hyperarbeitslosigkeit. Der Computer verdrängt den Menschen als ökonomisches Instrument – immer mehr alltägliche Dienstleistungen funktionieren inzwischen vollautomatisch und ohne menschliche Hilfe. Lanier: „Genau diese Dynamik können wir in allen Bereichen beobachten, die von Softwares übernommen werden. Man braucht die Menschen noch als Datenlieferanten und Konsumenten. Ansonsten kann man so tun, als brauche man sie nicht mehr. Und bezahlt werden sie auch nicht. Und genau da passiert der entscheidende Fehler.

Ein weltweit einheitliches System als Revolution

Doch was soll die Lösung gegen die online kursierende Habgier der Online-Giganten nach immer mehr privaten Daten sein? Die Erfindung eines weltweit einheitlichen Mikrobezahlsystems scheint der Schlüssel zu sein. Das klingt zunächst komplizierter, als es eigentlich ist. Lanier beschreibt es als Zwei-Links-Methode: „Diese Methode ist ganz simpel und kann automatisch funktionieren. Der Input wird honoriert. Nicht ein einzelner Boss entscheidet, ob und wieviel ein einzelner Nutzer bekommt. Man muss es nur machen. Viele werden sich beschweren, aber irgendwo müssen wir anfangen. Es könnte dafür sorgen, dass die Mittelschicht nicht ausblutet und wir eine Gesellschaft schaffen, die fit für die Zukunft ist.“ Am Ende soll jeder Nutzer, der Daten ins Netz einspeist, auch dafür entlohnt werden – weg vom Einbahnstraßen-System.

Ob es jemals zu einem weltweit einheitlichen Bezahlsystem kommen wird, bleibt zwar fraglich, doch viele Whatsapp-Nutzer reagierten seit der Übernahme von Facebook und wendeten sich von dem einst so beliebten Messenger-Dienst ab – als Konsequenz vor der Furcht des Datenmissbrauchs. Denn eines wird auch allen anderen so langsam klar: „Wir sind nicht Kunden der Internetkonzerne. Wir sind ihr Produkt.“ Und das sollte ein Ende haben!

Quellen

Foto & Video

  • 2. http://www.flickr.com/photos/vanz/144476326/sizes/o/in/photostream/                   (Stand: 3.3.14; 02:12 Uhr)

Sonstige Quellen

  • http://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur/index.jsp? rubrik=42866&key=standard_rezension_50946539 (Stand: 3.3.14; 02:12 Uhr)
  • http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/sendung/ndr/lanier100.html(Stand: 3.3.14; 02:12 Uhr)
  • http://www.zeit.de/2014/08/jaron-lanier(Stand: 3.3.14; 02:12 Uhr)
  1. Videonachweis: http://www.youtube.com/watch?v=OuRJqF67exY, Zugriff 3.3.2014.  

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