Hobby-Paparazzi durch BILD-App

Die Zeitungslandschaft in Deutschland steckt in einer tiefen Krise. Immer mehr namhafte Printmedien wie die Frankfurter Rundschau oder die Financial Times Deutschland stehen vor dem Aus und melden Insolvenz an. Um dem persönlichen Untergang zu entgehen, versuchen sich die klassischen Blätter vom Papier zu lösen und digital aktiv zu werden. Die BILD lockt die Leser nun mit einer eigens für sie entwickelten App.

von Kathrin Schneider

In Sachen Digitalisierung ist die BILD-Zeitung der Konkurrenz immer einen Schritt voraus. Kurz nachdem Chefredakteur Kai Diekmann aus dem Silicon Valley zurückgekehrt war, erhielt die BILD ein Plus und die Paid-Content-Verison des Boulevard-Blattes ging erfolgreich online. Doch das allein reicht nicht aus, um die Klick- und Leserzahlen zu steigern. Die Digital Natives, wie die Generation genannt wird, die ein Leben ohne Internet nicht kennen gelernt hat, müssen auf besondere Art und Weise angesprochen werden. Doch wie stellt man das an? BILD setzt auf die Gruppe der Leserreporter. Bereits seit 2006 fordert der Axel Springer Verlag seine Leser gezielt und im großen Format dazu auf, selbst geschossene Fotos einzusenden. Sollte dann noch eines der eigenen Werke veröffentlicht werden, winkt ein Honorar von bis zu 250 Euro. Auch der Stern setzt auf die Hobby-Journalisten aus dem Volk. Hier wird für den User-Generated-Content eine, an den Tarifen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing gemessene Vergütung von ca. 140 Euro gezahlt.

Bild goes 1414

Jetzt sollen die Leserreporter noch mehr in das Geschehen rund um den Online-Auftritt der BILD mit einbezogen werden. Dadurch erhofft man sich eine noch engere Leser-Blatt- Bindung, sagt Chefredakteur Diekmann:

„Die Leser-Reporter sind eine Erfolgsgeschichte, die wir jetzt konsequent digitalisieren. Mit der App können Leser die Redaktion ständig erreichen – und wir auch die Leser. Ein sehr wichtiger Austausch, der BILD und ihre Leser noch enger verbindet.“1

Im Rahmen der genannten Digitalisierung im Hause Springer wurde für die Leserreporter eigens eine App für die Betriebssysteme iOS und Android entwickelt, die wie ein Soziales Netzwerk aufgebaut ist die kostenlose App mit dem interessanten Namen „1414“ erleichtert seit Herbst 2013 mit einem eigenen Internetauftritt den Kontakt zur Redaktion und bietet den Nutzern die Möglichkeit, Fotos direkt vom Ort des Geschehens zu versenden. Bilder anderer User können kommentiert und bewertet werden und ein eigener Foto-Stream verleiht der ganzen Sache eine persönliche Note. Doch das allein reicht nicht aus, um die App zu einem Must-Have zu machen. Zusätzlich werden die Nutzer von der 1414-Redaktion täglich auf Missionen geschickt. Ein Foto der Wochenend-Aktivität bringt 100 Euro, das freiwillige zur Schau stellen der morgendlichen, ungeschminkten Schönheit wird mit 500 Euro belohnt. Auch das Weltgeschehen wird mit einbezogen. So gab es zu den Olympischen Winterspielen in Sotchi 2014 die Fotolympia. Egal ob Shorttrack, Bob oder Eishockey – jeden Tag während der Spiele wurde eine neue Disziplin ausgewählt, die die Community auf ihre ganz persönliche Art und Weise nachstellen sollte. Auch hier gehen die Nutzer nicht leer aus. Die ersten drei Plätze werden mit Gold (150€), Silber (100€) oder Bronze (50€) prämiert. Die Rechte an den Bildern behält der Leserreporter.

Täglich gibt es neue Missionen für die 1414-Community – © Axel Springer

Soziales Netzwerk mit Karrierepotenzial

Mit dieser Anwendung versucht BILD im großen Stil die Leser an sich zu binden und das Konzept scheint aufzugehen. Die Community besteht mittlerweile aus mehr als 90.000 Selfmade-Journalisten und wächst täglich. Vorallem ein junges Publikum wird dadurch angesprochen. Jana F. nutzt die App und hat schon zahlreiche Fotos eingeschickt. Mit Erfolg – bisher wurden schon zwei ihrer Fotos honoriert: „Fotografiert habe ich schon immer gerne. Dass ich damit jetzt mein Taschengeld auf einfache Art und Weise aufbessern kann, finde ich äußerst praktisch!“ Die Auszubildene liest selbst nicht die BILD, sondern hat über Freunde von der App erfahren. Jetzt besucht sie täglich den Online-Auftritt um zu schauen, ob wieder etwas fürs Sparschwein drin ist. Das Lesen spart sie sich allerdings immer noch.

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