flinc von A nach B

Schon mal per Anhalter gefahren? Meistens hält nach Stunden des Daumen-Raushaltens endlich ein merkwürdiger LKW-Fahrer namens Horst-Peter oder Atze an, der Kette raucht und seit mehr oder weniger 48 Stunden wach ist. Mit 250 km/h wird dann die Autobahn entlang gerast. Wäre es nicht klasse, wenn es etwas geben würde, bei dem sich Fahrer und Mitfahrer vorher unverbindlich anschauen könnten und dann entscheiden würden, ob Sie zusammen fahren wollen? Das geht. Einfach mal den virtuellen Daumen raushalten. Die Anwendung flinc ermöglicht genau das und noch mehr. Auf der CeBit, die vergangenen Dienstag ihre Türen in Hannover öffnete, präsentierte das gleichnamige StartUp sowohl eine App, als auch eine Browser-basierte Version eines Social Mobility Networks.

von Stefanie Baumeister

Virtuell per Anhalter fahren

Besser gesagt: Flincen. Aber wie funktioniert das genau? Nehmen wir an, Sie sind Fahrer. Sie haben ein Auto und möchten ihre Spritkosten reduzieren. In vier Schritten können Sie zum Flincer werden.

  1. Geben Sie Ihre Fahrt bei flinc ein. Falls Sie mit einem Navigationsgerät von Navigon fahren, reicht schon die Eingabe der Route in das Navi.
  2. Flincer, die eine Mitfahrgelegenheit auf der gleichen Route suchen, bekommen automatisch eine Nachricht.
  3. Entscheidet sich ein Flincer für Sie als Fahrer, kriegen Sie eine Benachrichtigung via Mail, SMS oder Push. Zusätzlich taucht die Anfrage in ihrem Navigationsgerät auf und berechnet Ihnen den Umweg, die Spritkostendeckung und zeigt Ihnen auch das Profil des interessierten Mitfahrers an.
  4. Entscheiden Sie sich für die Anfrage, lenkt Ihr Navi Sie direkt zum Abholort ihres Mitfahrers und danach wieder auf Ihre ursprüngliche Route.

flinc in der Navigon App (Quelle: http://vimeo.com/28142453, Stand: 10.03.2013)

Einfacher geht’s nicht

flinc App in Navigon © flinc

Genau das war die Idee von Gründer Benjamin Kirschner und Geschäftsführer Klaus Dibbern. Sie stellten sich eine unkomplizierte und flexible Vermittlung von Fahrgemeinschaften vor. „Du gehst raus und innerhalb von zehn Minuten findest du jemanden, der dich mitnehmen kann“, erklärt Kirschner gegenüber Netzwelt.de. Der Vorteil sei auch, dass man nicht wie bei klassischen Mitfahrzentralen nach dem Prinzip „Suche“ und „Biete“ vorgehe, sondern die Anwendung eigenständig nach übereinstimmenden Routen sucht. Ihr Credo „finden statt suchen“ erfülle sich durch die zusätzliche Social Network Funktion der Anwendung. So würde flinc bei der automatischen Suche sogar Arbeitskollegen, Nachbarn oder Freunde finden. 1

Teilen statt Kaufen

Kollaborative Konsummodelle boomen. Nicht nur Carsharing und Couchsurfen haben Bahn und Hotel verdrängt, auch die digitale „Shareconomy“ setzt sich durch. Schon längst sind Unternehmen wie IBM und Vodafone auf den Trend aufmerksam geworden. Blogs, Wikis und Votings gehören laut Frank Pörschmann, CeBit-Vorstand der Deutschen Messe AG, schon längst zum Alltag erfolgreicher Unternehmen. „Das Netz ist der Ort des Teamworks […]“, so Pörschmann. Auch aus diesem Grund lautet das Leitthema der CeBit in diesem Jahr „Shareconomy“. Viele Unternehmen würden zudem bereits IT-Leistungen aus dem Internet beziehen. Tauschbörsen, schwarze Bretter und Mitfahrgelegenheiten gab es schon vor mehr als 30 Jahren, woher kommt dieser plötzliche Boom?2

Entdecke die Möglichkeiten

Das Internet und besonders Smartphones eröffnen digitale und mobile Lösungen, die auf gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Ebene Veränderungen hervorrufen. Sozialpsychologe Harald Welzer spricht von neuem „Möglichkeitsraum“, den das Internet für die verschiedenen Prozesse schafft. Welzer beschreibt in seinem Buch, „Selbst denken – eine Anleitung zum Widerstand“, dass es nicht nur günstiger, effizienter und umweltfreundlicher ist Dinge zu teilen, es macht auch mehr Spaß. Zum Einen sind Gegenstände natürlich schon so konzipiert, dass sie weniger lange halten, oder besser gesagt schneller an Wert verlieren. Angefangen bei Möbeln, über Handys bis hin zu Programmen. Zum Anderen muss sich der Konsument nicht mit Versicherungen, Updates, TÜV oder Garantieleistungen rumschlagen, wenn Dinge genossenschaftlich organisiert sind.3

Mobile Revolution

Circa seit 2002 sprach man von einer digitalen Revolution des Internets. Pieter Drenth, Ex-Präsident der All European Academies, erklärte, dass die digitale Revolution erhebliche Fortschritte in fast allen Wissenschaften nach sich gezogen hat. Mit Smartphones und Tablets eröffnen sich ganz neue Dimensionen des Internets. Politiker twittern von Parteitagen, Aufstände in anderen Teilen der Welt können per Live-Stream verfolgt werden und man kann jeden Tag, zu fast jeder Uhrzeit für wenig Geld durch ganz Deutschland reisen. Wissenstransfer, Networking und Collaboration-Tools, können laut McKinsey Global Institute die Produktivität in Unternehmen um bis zu zwölf Prozent steigern. flinc hat in dieser Hinsicht eine bedeutende Anwendung kreiert. Es werden Social Networking, Telekommunikation, GPS und Automobilindustrie miteinander in Verbindung gebracht. Das einzige Problem der mobilen Revolution ist, dass die mobilen Netze bald ausgelastet sein werden. Vier von Fünf Handy sind bereits Smartphones, die das mobile Breitbandnetz nutzen.4

Größtes WLAN-Netz durch Shareconomy

Jedoch findet sich auch für dieses Problem eine Shareconomy-Lösung. Die Deutsche Telekom verkündete auf der CeBit, dass sie in Partnerschaft mit dem US-Unternehmen Fon das größte WLAN Netz Deutschlands aufbauen möchte. Funktionieren würde es, wenn private WLAN Netze für andere Nutzer zugänglich wären und im Austausch dafür Millionen von WiFi-Hotspots für die Besitzer kostenlos zur Verfügung stehen würden.5

Alle Unternehmen die sich noch vehement gegen die Ökonomie des Teilens wehren und mit Prestige-Attitüden versuchen unattraktive Konsumgüter zu verkaufen, müssen schon bald auf den Shareconomy-Zug aufspringen. Sonst besteht die Gefahr, dass es ihnen so geht wie dem LKW-Fahrer Horst-Peter und keiner mehr bei ihnen mitfahren will.

  1. Quelle: http://www.netzwelt.de/news/87542-mitfahren-2-0-flinc-gruender-interview.html  
  2. Quelle:http://www.cebit.de/de/ueber-die-messe/daten-und-fakten/die-cebit-2013/leitthema-shareconomy  
  3. Quelle: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/2029998/  
  4. Quelle: http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2013-03/26201270-das-waren-die-trends-der-cebit-2013-shareconomy-schreitet-voran-megatrends-social-business-cloud-big-data-und-mobility-internet-der-dinge-007.htm  
  5. Quelle: http://dreisechsnull.telekom.de/#article/fon-wlan-to-go  

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