Trump ist Trumpf?

1.) Viele etablierte Medien hier wie dort tun sich schwer mit dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl. Einerseits verständlich, andererseits auch Teil des Problemes, warum er überhaupt gewinnen konnte (und zwar dank des US-Wahlsystemes mit seinem besonderen Mehrheitswahlrecht sogar recht klar – wenn auch nicht mit Blick auf die absolute Stimmenanzahl). Die Wahlbeteiligung war relativ hoch, aber wir sollten nicht vergessen: Diesmal reichten gerade mal rund 60 Millionen Stimmen, um bei immerhin mehr als 200 Millionen eigentlich Wahlberechtigten zu siegen. Das ist schon eine spezielle Art von Demokratie. (Übrigens bleibt es eine spannende Frage, wie Bernard „Bernie“ Sanders gegen Trump abgeschnitten hätte – aber dagegen war ja anscheinend die elitäre Machtmaschine der demokratischen Partei strikt.)

Auf neuem Rekordniveau liegen anscheinend öffentliche und veröffentlichte Meinung weit auseinander. Das Bubble-Problem haben nicht nur „Protestwähler“ (oder „Brexit“-Befürworter oder hierzulande auch „Reichsbürger“ etc.), sondern offenbar mindestens ebenso große Medien und wichtige Umfrageinstitute.

Einige Reaktionen: Sandra Schwarte übersetzt am Morgen nach der Wahl im RBB-Inforadio einen O-Ton von Trump mit den Worten: „Wir werden die Kampagne fortsetzen, die wir losgetreten haben.“ „Losgetreten“? Solche Wortwahl ist mit Blick auf die Clinton-Kampagne kaum vorstellbar. Jeff Jarvis, Blogger-Pionier, Journalistik-Prof. und Clinton-Unterstützer, twittert: „My profession failed to inform the public about the fascist they are electing.“ „Faschist“ halte ich (auch wenn heute Jahrestag der „Reichskristallnacht“ ist) für wenig erklärungskräftig. Noch stehen nicht Hunderte Milliardäre UND Millionen Deklassierte hinter ihm und seiner Bewegung – was ja damals die Nazis in Deutschland so stark machte. Viele Trump-Kritiker (zu denen ich zähle) monieren verständlicherweise „Blödheit“ beim abgehängten älteren weißen Mann („white trash“). Aber diese Blödheit fällt erstens nicht vom Himmel, und zweitens wird es dann zur gefährlichen, ja explosiven Mischung, wenn „Blödheit von unten“ und Sozialabbau von oben zusammenkommen.
Im „Guardian“ lese ich nach Trumps Sieg: „Never has the world needed fearless independent media more – help us hold the new president to account, sort fact from fiction, amplify underrepresented voices, and understand the forces behind this divisive election“. Die beiden letzten Punkte finde ich besonders wichtig, weil sie auf lange bestehende Strukturprobleme im Journalismus hinweisen. Er ist oft zu einseitig, und er ist oft zu oberflächlich. Das sollte sich ändern. Hierzulande möglichst, bevor die AfD stärkste Partei wird. Sozial- und Umweltabbau von oben sowie Blödheit von unten sind keine Naturgesetze. Sondern sie nutzen bestimmten Interessen und damit den einen (eher wenigen) Menschen mehr und den meisten Menschen (global und intergenerationell) bestimmt weniger.

2.) Zum sprachkritischen Kaleidoskop: Im Lehrbuch „Radio-Journalismus“ der Autoren La Roche und Buchholz wird vom Interviewer (S. 168) gefordert: „Knapp aber abwechslungsreich fragen“. Und Frank Plasbergs Talk im Ersten heißt ja schon lange „Hart aber fair“. Aber, aber: Ein Komma sollte stehen vor entgegensetzenden Konjunktionen (Bindewörtern) wie aber, sondern, allein, doch, jedoch, vielmehr. Diese Wörter machen in jener Funktion eine Gegenüberstellung deutlich, deshalb muss davor ein Komma stehen. Mancher sieht das anders, aber es ist so!

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