1.) Facebook hat sicher seine Aktie am Wahlsieg Donald Trumps. Aber meines Erachtens nicht auf so simple Weise, wie das manche Debatten über die Rolle von „fake news“ im Wahlkampf nahelegen (vgl. https://www.welt.de/wirtschaft/article159516474/Facebook-Mitarbeiter-stellen-Mark-Zuckerberg-bloss.html, Aufruf am 16.11.2016, 16.41 Uhr). Mark Zuckerberg hatte Vorwürfe aus dieser Richtung am Wochenende als „crazy“ zurückgewiesen, unter anderem mit dem Satz: „Voters make decisions based on their lived experience“. Das ist bemerkenswert, da Zuckerberg natürlich weiß, dass Medien wie Facebook wichtiger Teil von „lived experience“ sind. Was wir von Politik und Gesellschaft aktuell wissen, stammt weit überwiegend aus Medien, längst tendenziell aus dem Netz, nicht zuletzt aus sogenannten „Sozialen Netzwerken“ (ich sage lieber: Plattformen von Internetkonzeren) wie Facebook.
Scheinwelten
„Papst hat Donald Trump getroffen und eine Wahlempfehlung für ihn ausgesprochen.“ Oder: „FBI-Agent, der gegen Clinton ermittelt hat, wurde ermordet aufgefunden.“ Schlagzeilen wie diese scheinen aus Parallelwelten zu stammen. Sie stehen über komplett erfundenen Nachrichtenmeldungen, die von Pseudo-Nachrichtenseiten mit Namen wie „Denver Guardian“ oder „Libertywritersnews“ im US-Wahlkampf veröffentlicht wurden. Facebook steht nun in der Kritik, nicht genug gegen die Verbreitung gefälschter Nachrichten auf der Plattform unternommen – im Gegenteil: Viele solcher Seiten, die laut „Guardian“ als Gelddruckmaschinen oft aus Osteuropa stammen, sind überhaupt erst dank Facebook entstanden. Denn sie wurden bisher durch Facebooks „Audience Network“ an den Werbe-Einnahmen beteiligt, die der Groß-Konzern mit der Schaltung von Anzeigen neben solchen Beiträgen verdiente. Das kann man „Synergien“ nennen.
Nun aber werde man Nachrichten-Herausgeber regelmäßig prüfen. Wenige Stunden zuvor hatte auch Google angekündigt, solche fragwürdigen Seiten nicht mehr länger über die Vermittlung von Anzeigenplatz zu finanzieren. Die Konzerne dürften diese Entscheidung nicht nur aus politischen Gründen treffen. Bereits zuvor hatten diverse Werbekunden verkündet, künftig keine Werbung mehr in Medien schalten zu wollen, die extreme politische Positionen propagierten.
99 Luftballons
Laut Zuckerberg sind aber 99 Prozent der Nachrichten im Netzwerk „korrekt“. Woher weiß er das? Und wenn es so ist – warum geht er dann nicht gegen das „falsche eine Prozent“ vor?
Ich vermute, es ist Mark Zuckerberg (und den Chefetagen von Google, Apple, Amazon, Microsoft etc.) ziemlich egal, wer „unter ihm“ US-Präsident ist. Den globalen Technologiekonzernen dürfte es (leider) relativ gleichgültig sein, was „Medien- und Meinungsvielfalt“ bedeutet. Wenn von den wichtigen US-Zeitungen keine einzige die Wahlempfehlung „Trump“ aussprach, lag es nahe, dass sich dessen potentielle Wähler eben vermehrt auf Internet-Plattformen wie Facebook trafen. „Blase“ traf auf „Blase“. Und aus Sicht des Kapitals betrachtet, liegen zwischen Clinton und Trump keine Welten. Sie gab sich eher neoliberal und global orientiert, er zeigte sich bisher mehr national & kapital ausgerichtet. Doch wenn schon kurz nach der Wahl Trumps der Dow Jones-Aktienindex in New York auf ein Allzeithoch kletterte, verdeutlicht das: Noch pragmatischer als der Familien-Wirtschaftsboss und Neo-Politiker Trump sind einmal mehr – die großen Konzerne.
Alle Menschen, alle Menschen?
2.) Zur Stilkritik: „Die Menschen haben gehofft, dass Clinton gewinnt“, sagt Sonja Peteranderl, freie Auslandskorrespondentin unter anderem bei „Zeit“ und „Spiegel“, sogar noch in der Manöver-Selbstkritik mancher etablierter Medienvertreter im RBB-Radio-Medienmagazin (Radio Eins und Inforadio) am 13.11.
Nein, DIE Menschen (also alle) in dieser Absolutheit haben das offenbar nicht gehofft. Wir könnten ja sagen, „viele Menschen“. Das wäre zwar rein sprachlich und daher logisch kaum zu widerlegen, aber noch immer anscheinend weit weg von der Lebensrealität nicht weniger Menschen dort. Am besten wäre hier sicher „einige“ oder „manche“ oder „nicht wenige“.