Rückführung, Abschiebung, Überstellung?

Von Sebastian Köhler

1.) Angesichts der ab 4.4. vorgesehenen Aktionen, Flüchtende aus Griechenland zwangsweise in die Türkei zu bewegen, wird in vielen wichtigen Medien hierzulande von „Rückführung illegaler Flüchtlinge“ geredet (siehe u.a. die Tagesschau unter http://www.tagesschau.de/ausland/tuerkei-fluechtlinge-protest-rueckfuehrung-101.html, Aufruf am 3.4.2016, 16.31 Uhr). Dass die PR-Stäbe der EU-Spitzen und der Bundesregierung wie auch vielleicht der griechischen Regierung so sprechen, ist klar – das klingt nach einem, wenn nicht nach dem einzigmöglichen logischen und geregelten Weg für diese Menschen. Aber wieso eigentlich zurück („dahin, wo sie herkamen und also hingehören“)? Es dürften kaum ALLE dieser Menschen über die Türkei nach Griechenland gekommen sein. „Rückführung“ erscheint mir als beschönigendes Wort in diesem Zusammenhang, zumal, wenn dann noch die fast schon Orwellsche Wendung von den „illegalen Flüchtlingen“ aus dem Bürokratendeutsch übernommen wird. Warum nicht, so neutral wie möglich, vom „Überstellen von Flüchtenden“ texten? Oder eben, auch ziemlich sachlich, vom „Abschieben“? Aber da käme dann sicher Kritik von offizieller Seite, dass dies ein wertender Terminus sei … Ach nee – wer hätte das gedacht, dass Sprache IMMER wertet. Kommt nur drauf an, in welche Richtung und in welchem Maße.

Ergänzung am 6.4.: Übrigens sprach das BBC-World-Radio z.B. am 4.4. in der Regel von „migrants are deported“, also in etwa von „Deportationen“ (Abschiebungen, Ausweisungen). Das wiederum schreiben in Deutschland eher linke Medien wie die Tageszeitung „junge Welt“.

2.) Die „Süddeutsche Zeitung“ titelte am 30.3.2016 in ihrer Hauptüberschrift auf Seite 1: „Apple trotzt dem FBI“. Eine unbezahlbar gute Zeile. Zwar nicht für die Nutzer, aber für den Konzern und für die US-Behörde. Klar: die Ermittler haben ganz offiziell und medienwirksam bei Apple angeklopft – „Könnt Ihr uns bitte, bitte ausnahmesweise mal helfen, in diesem klaren Fall des Gerätes eines sehr bösen Menschen ….“. Und der Konzern hat ganz offiziell und medienwirksam geantwortet: „Nein, niemals, der Datenschutz für unsere Nutzer ist uns das höchste aller Güter“. Mit einer ziemlich wahrscheinlichen Inszenierung solcher oder ähnlicher Art kommen beide Seiten durch in unseren Qualitätsmedien: Win-win-win, für Behörde und Konzern und Leitmedium – es verlieren bei solchem Verlautbarungsjournalismus die Nutzer, sowohl der Zeitung als auch von Datengiganten wie Apple. Und wie ginge es journalistisch professioneller? Ganz einfach: „Apple: Wir trotzen dem FBI“. Das wäre zwar immer noch PR oder sogar direkte Werbung, aber zumindest könnten wir die Quelle der frohen Botschaft erkennen. Meine ich gar nicht trotzig ….

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