1. „Embedded Journalism“ (also: in einen Krieg auf der Seite einer kriegführenden Partei eingebetteten Journalismus) konnten wir ja schon kennen, vor allem durch Zusammenarbeiten von US-Militär und US-Medien aus dem Irak-Krieg seit 2003. Jetzt scheint auch der deutsche Politik- und Medienbetrieb etwas Neues beitragen zu wollen – „Embedded Talk“, denn was Johannes B. Kerner dort (oder auch anderenorts) macht, hat ja mit Journalismus ganz furchtbar viel zu tun. Stichwort Stichwortgeber. In dem Falle nicht (mehr) bezahlt aus Rundfunk-Gebühren, sondern anscheinend für Sat.1 direkt aus Steuergeldern, nämlich anscheinend aus dem PR-Etat des Verteidigungsministeriums. Zu sehen dann am Donnerstagabend bei den Privatfunkern von Sat1 – ich bin gespannt auf die sicher wie immer kritischen, ja investigativen Fragen von Herrn Kerner.
  2. Allerdings – was in dieser Woche vom Hindukusch zu sehen und zu hören sein sollte, aus dem Tross des deutschen „Prinzenpaares“ (Holger Schmale in Berliner Zeitung 14.12., Seite 3) Karl-Theodor und Stephanie zu Guttenberg, veranlasste selbst den konservativen Medienberater Michael Spreng (Ex-Chef der BamS) zu der Einschätzung: „Man kann das Gute auch zu laut tun“. Hier mal absehen davon, dass sich – wie schon seit Jahren – deutlich mehr als die Hälfte der Deutschen laut Umfragen weiterhin gegen den Einsatz deutscher Soldaten im Afghanistan-Krieg äußert (und auch daher dieses „Gute“ nicht unproblematisch ist): Guttenberg gilt Spreng nach dieser neuen Kampagne als „Überverkäufer“. (http://www.fr-online.de/politik/spezials/einsatz-in-afghanistan/-kulisse-fuer-die-guttenberg-show-/-/1477334/4920080/-/index.html). Und da hätten sich mit den Herren zu Guttenberg und Kerner ja zwei Profis dieser Art fern der Heimat gefunden – eine schöne Weihnachtsgeschichte.
  3. Forschers Zeigefinger: Wissenschaftler der Harvard-Uni haben ermittelt, dass starke Nutzung multimedialer Netzangebote wie bei Facebook oder YouTube die Konzentration verschlechtert. Jugendliche gewöhnten sich schnell an wechselnde Impulse – deshalb falle es ihnen schwer, ihre Aufmerksamkeit auf eine Sache wie das Lesen eines Buches zu richten. Gefunden im Bereich von Henrik Bortels in der MAZ;-)(http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/11951274/7249995/; 29.11.2010, 13.21 Uhr)
  4. Der Deutsche Presserat als Verantwortlicher für den Pressekodex hat 2010 deutlich mehr Rügen ausgesprochen als im Vorjahr: 36 öffentliche und sieben nicht-öffentliche Rügen. Auch die Zahl der Beschwerden ist laut Geschäftsführer Lutz Tillmanns deutlich gestiegen, von rund 1300 auf etwa 1700. Ein Grund sei die verstärkte Nutzung des Netzverkehrs, auch über soziale Netzwerke. Die meisten Beschwerden richteten sich gegen Boulevard-Medien. Häufig werde das Trennungsgebot von redaktionellem Inhalt und Werbung verletzt (Ziffer 7 des Pressekodex). (http://www.presserat.info/inhalt/dokumentation/pressemitteilungen/pm/article/leser-kann-werbung-nicht-erkennen/11.html, 14.12.2010, 13.32 Uhr)
  5. Die dpa-Meldung (BLZ, 10.12.2010., S.10) trägt die Überschrift: „Lohnplus in Deutschland unter EU-Durchschnitt“. Was erwarten wir angesichts dieser Schlagzeile? Sicher nicht, dass es dann im Text heißt: „Deutschland (ist) mit Abstand Schlusslicht in der Europäischen Union, teilte das Statistische Bundesamt mit“. Egal, wer diese beschönigende Überschrift erfunden hat, ob die Statistiker, die Agentur oder die Zeitung – sie bleibt so verzerrend, dass sie falsch wirkt. Und hätte redigiert werden sollen. Die offiziellen Fakten der Statistik: Im EU-Durchschnitt stiegen die Löhne zwischen 2000 und 2010 um 37,4 Prozent, in Deutschland hingegen nur um 22,4 Prozent.
  6. In einem spannenden Beitrag über den Zustand der Leipziger Uni-Journalistik schreibt „Spiegel Online/Unispiegel“ unter der Überschrift „Immer mitten in die Presse“ (http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,733108,00.html, mit Dank an Michael Reksulak für den Hinweis):

    „Aus der Ferne wirkt es wundersam, wie man in der Kommunikationswissenschaft untereinander kommuniziert – oder besser: übereinander. (Der kritisierte Prof., SeK) Machill hätte sich zügig direkt an den Studenten wenden können; der hätte sich zügig direkt für die Urheberrechtsverletzung entschuldigen können. Darauf haben beide verzichtet.“

    Nicht verzichten möchte ich hier bei aller inhaltlichen Brisanz dieser Story auf 100 Gramm Sprachkritik: Wer kann etwas entschuldigen – der Schuldige oder der Geschädigte? Wofür steht die abkürzende deutsche mündliche Wendung „Entschuldigung!“? Und damit bitte ich alle Nutzerinnen und Nutzer dieses Blogs, meine etwaige Beckmesserei zu entschuldigen! Frohes Fest!

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