Gegen was ist Facebook? Und an was erkennen wir guten Stil?

1.) Die Online-Plattform Facebook (bitte nicht: „das soziale Netzwerk“, das ist m.E. einfach nur PR und Marketing und Werbung in einem sehr wohlklingenden Schlagwort) erscheint dieser Tage mal wieder in mehrfacher Hinsicht als Thema von Kritik auf Medienseiten: Laut dem WSJ, „Wall Street Journal“ (http://www.wsj.com/articles/facebook-to-appeal-privacy-decision-in-belgium-1447094262, Aufruf am 11.11.2015, 12.41 Uhr), der derzeit nach Medienangaben wieder auflagenstärksten US-Tageszeitung, die mehrheitlich Rupert Murdoch gehört und (auch daher) als politisch konservativ und wirtschaftsliberal gilt, hat in dieser Woche ein Gericht im belgischen Brüssel den Konzern Facebook dazu verurteilt, die Verwendung von „Cookies“ (bestimmten Text-Informationen) zu beenden, welche Nutzerspuren im Netz verfolgen und speichern, selbst wenn diese gar nicht bei Facebook eingeloggt sind. Die Kammer stellte Facebook Strafen von 250.000 Euro pro Tag im Falle der Nichtbeachtung in Aussicht.

Vor einigen Monaten hatte das „Belgian Privacy Committee“ einen Report veröffentlicht, dem zufolge solche „tracking cookies“ Nutzerverhalten im Netz genau identifizieren. Selbst wenn sich diese Nutzer ausdrücklich ausgeloggt oder sogar ihre Zugänge (accounts) deaktiviert hatten. Solche Praktiken verletzen laut jener Kommission EU-Recht: Denn die Regeln in Europa verlangten von Konzernen, dass es für Nutzer möglich sein müsse, das Online-Tracking abzuwählen und auszuschließen.

Laut WSJ hat ein Facebook-Sprecher Einspruch gegen das Urteil angekündigt – man nutze solche Cookies seit mehr als fünf Jahren, um Facebook für 1,5 Milliarden Nutzer weltweit so sicher wie möglich laufen zu lassen. Nun mache man sich Sorgen, dass der Richter-Entscheid den Zugang in Belgien erschweren könnte.

2.) Was vielleicht gar keine so schlechte Nachricht wäre – denn auch eine neue Studie aus Dänemark besagt (laut Branchendienst meedia, siehe http://www.xing-news.com/reader/news/articles/133981?newsletter_id=9172&xng_share_origin=email, Aufruf am 11.11.2015, 13.11 Uhr), dass Verzicht auf Facebook-Nutzung glücklicher mache. Denn eine der Tendenzen der Selbst-Darstellung vieler der 1,5 Milliarden Nutzer scheint ja zu sein, sich im möglichst positiven Licht erscheinen zu lassen. Was dann für die Adressaten eher Stress und Frust bringen mag – im Sinne von: Warum bin ich NICHT so cool drauf wie die/der Postende?

„Meedia“ zufolge führte das dänischen „Happiness Research Institute“ folgenden Versuch durch. Für eine Woche verzichteten über 500 Menschen auf Facebook. Also keine Kommunikation über die US-basierte Plattform, keine Statusmeldungen, keine Fotos, Likes und Shares. Eine ähnlich große Gruppe machte dagegen wie gehabt weiter in Sachen FB-Kommunikation.

Das Ergebnis überraschte die Forscher nach eigenen Angaben: Die Lebenszufriedenheit der Offline-Gruppe war signifikant höher als die der Onliner. Die „Abstinenzler“ hätten sich konzentrierter gefühlt und weniger Zeit verschwendet. Sie seien zufriedener mit ihren sozialen Kontakten im „echten“ Leben gewesen.

Die dänischen Resultate entsprechen älteren Negativ-Studien zu Facebook. So kamen Forscher der Technischen Universität Darmstadt und der Humboldt-Universität in Berlin zu dem Ergebnis, dass sich viele FB-Mitglieder während und nach der Nutzung des sozialen Netzwerks relativ schlecht fühlten. Als wesentlichen Grund für diese Ergebnisse sehen Forscher, siehe oben, einen gewissen Neid auf die positiven Nachrichten der Facebook-Freunde. Heißt: Je mehr coole Fotos die eigenen Freunde posten, je mehr hippe Sachen sie auf Facebook zeigen, umso stärker steigt der sozialen Stress bei den passiven Konsumenten solcher Nachrichten.

3.) Die Nachrichtenagentur Reuters schrieb am 2.11.2015 mit Blick auf Ermittlungen wegen des Absturzes eines russischen Flugzeuges über Ägypten mit 224 Toten: „Als einzige Ursache komme ein anderer „technischer oder physikalischer Vorgang“ infrage. Um was es sich dabei handeln könne, müssten die staatlichen Ermittler herausfinden.“ (http://de.reuters.com/article/idDEKCN0SR17Q20151102; Aufruf am 11.11.2015, 12.15 Uhr). In der gesprochenen Umgangsrede wird häufig die Verbindung von Präposition und „was“ verwendet (Gegen was bist du? Bei was bist du erwischt worden? etc.) Im geschriebenen Standarddeutsch darf oder besser: sollte aber im Sinne der Vielfalt gerne weiter das entsprechende Pronominaladverb (auf Deutsch: Umstandsfürwort) benutzt werden, also: „Worum es sich dabei handelt, …“ oder eben: „Wogegen bist du?“ etc. Auch laut Bastian Sick sind das „kleine nützliche Platzhalter, die eine Fügung aus Präposition und Pronomen ersetzen“ können (http://www.spiegel.de/schulspiegel/zwiebelfibel-an-was-erkennt-man-schlechten-stil-a-376735.html, Aufruf am 11.11.2015, 12.30 Uhr). Und ja – an was erkennt man eine gewisse rhetorische Redlichkeit? Die Überschrift meines heutigen Textes ist angelehnt an die vom Sick-Artikel, der allerdings ganz im Sinne des Nachrichtenfaktors „Negativismus“ formuliert: „An was erkennt man schlechten Stil?“. Aber wenn wir was gegen was haben, dann gegen zu viele schlechte Nachrichten, oder eben: Nachrichtenformulierungen. Mit was wir schon wieder beim Thema wären.

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