Hafenarbeiter – ein sicherer Job!

Reporter der BBC-TV-Sendung „Panorama“ zeigten sich dieser Tage mal wieder relativ mutig (angesichts der Tatsache, dass die dortige Regierung dem „Guardian“ ja 2014 ziemlich unverhohlen damit gedroht haben soll, die renommierte Zeitung im Kontext der Snowden-Enthüllungen wegen Geheimnisverrates zu schließen – siehe hier zum Hintergrund)

Portal Heise zu Regierung gegen Guardian

Auch diesmal könnte den Journalisten „Netzbeschmutzung“ und „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ vorgeworfen werden: BBC-Journalisten interviewten Edward Snowden in seinem Exil in Moskau.

Die BBC berichtet über Snowden und „Smurfs“, also ganz neue „Schlümpfe“

Und es geht wieder mal selbstkritisch gegen mutmaßliche Machenschaften des britischen IT-Geheimdienstes GCHQ (Government Communications Headquarters, zu deutsch in etwa „Regierungskommunikationszentrale“): Laut Snowden kann über sogenannte Schlumpfattacken (also geheime SMS-Botschaften) das Smartphone praktisch jedes Bürgers gehackt und dann zur totalen Kontrolle der Nutzer verwendet werden.

Smurf BBC

Quelle: Screenshot SeK von der BBC-Website am 7.10.2015, 15.20 Uhr

Das funktioniert Snowden zufolge auch und gerade, wenn das Handy ausgeschaltet ist. Abhören mit dem Mikrofon, Ausspähen mit der Kamera, Aufzeichnen aller Standorte und Bewegungen – mit der neuen Generation der Schlümpfe anscheinend kein Problem für einen Geheimdienst wie GCHQ. Die BBC-Journalisten fragten auch die Gegenseite an und erklärten, dass sich weder Regierung noch Behörde offiziell und konkret zu den Vorwürfen äußern wollten. Vom Geheimdienst GCHQ hieß es laut BBC nur, man arbeite im Rahmen der Gesetze.

„Im Rahmen der Gesetze“ könnte auch ein anderer Ausdruck sein für „Safe Harbour“, also jenen offenbaren Mythos vom „sicheren Hafen“ für Datenschutz, den US-Regierung und EU-Kommission seit dem Jahr 2000 pflegten und der, nun ja, versenkt wurde durch die Klage des jungen Juristen Maximilian Schrems aus Wien und durch das für mich überraschend eindeutige Urteil der Luxemburger Richter vom EuGH am 6.10.2015: Es ging konkret gegen die Datensammel- und verwertungspraktiken von „Facebook“ (bitte spätestens jetzt nicht mehr sagen: „Soziales Netzwerk“ oder „Social Media“, bitte sagen: „Internetkonzern“ oder zumindest „Internetplattform“ – alles andere ist einfach nur Auftragskommunikation). Aber wie Stefan Körner, Bundeschef der Piratenpartei, im Interview mit der Tageszeitung „junge Welt“ sagt (Ausgabe vom 7.10.2015, S.2): Betroffen sein könnten alle IT-Konzerne, die Nutzerdaten zwischen der EU und und den USA transferiert und aus-gelagert haben – also praktisch sämtliche großen Unternehmen der Branche, neben Facebook natürlich Google, Microsoft, Apple, Amazon, Twitter etc: Der „sichere Hafen“ war laut Körner „die EU-Datenschutzlüge im Interesse von Konzernlobbyisten“.

Und auf welchem Wege kommunizieren Snowden und Schrems? Ironie der Geschichte hier – unter anderem über Twitter, mit dem „Tweet des Tages“ vom 6.10.2015, einem Glückwunsch des älteren an den jüngeren Datenschutz-Experten:

Snowdon_Schrems

Quelle: Screenshot SeK von Twitter am 7.10.2015, 16.21 Uhr

Ein besserer Platz? Vielleicht kein ganz so unsicherer „Hafen“ mehr wie bisher, egal, ob als „Harbour“ (englisch) oder eben „Harbor“ (amerikanisch). Um uns selber sollten wir uns selber kümmern – auch als „Hafenarbeiter“.

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