Vermeintliche Spielverderber

„Wer glaubt uns noch?“ fragen viele maßgebliche Journalisten hierzulande, anscheinend (sic!) verzweifelt. In der „Zeit“ gedruckt und online steht Ende Juni 2015 als letzter Satz der Zusammenfassung einer eigens von dem Blatt in Auftrag gegebenen Umfrage: „Jeder zehnte der Befragten bemängelte außerdem die vermeintlich fehlende Unabhängigkeit der Medien“. (vgl. http://www.xing-news.com/reader/news/articles/71759?xng_share_origin=email, letzter Aufruf am 27.6.2015, 20.49 Uhr)

Dieser meines Erachtens nur scheinbare Sprachfehler mit dem Wort „vermeintlich“ führt in den Kern der inhaltlichen Debatten:

„Vermeintlich“ bedeutet ja, es sei falsch, was da von manchen Nutzern angenommen wird (also dass wichtige Medien hierzulande nicht „unabhängig“ seien). Wenn die hier Beteiligten bei der „Zeit“ die Nutzerkritik aber ernst nähmen (ínhaltlich UND sprachlich), dann sollten sie schreiben: „(…) die angeblich fehlende Unabhängigkeit der Medien“. Denn damit würden sie ihre Position in diesem offenbar informationsbetont sein sollenden Artikel relativ offen lassen. So aber bewerten diese Journalisten (leider) die Sichtweise jener Kritiker von vornherein als falsch. Und das ist zumindest schade, meine ich.

2.) Im ARD-Brennpunkt im Ersten am 27.6. 2015 um 20.20 Uhr gibt die Moderatorin Ellen Ehni ihrem Gesprächspartner das Stichwort: Der griechische Ministerpräsident Tsipras habe sich ja nun (mit seiner Ankündigung eines Referendums) als „Spielverderber“ erwiesen, worauf Martin Schulz, der Präsident des Europäischen Parlamentes, nur noch wie ein gut angespielter Fußballstürmer „einzunicken“ braucht: Zumindest sei damit erneut klar geworden, dass Tsipras jedenfalls ein „Spieler“ sei. Dürfen wir das kommunizierende Röhren nennen, oder Selbstinduktion? Polemisch ließe sich sagen: Wer solche Journalisten hat, braucht keine Pressesprecher mehr. Oder andersherum: Man könnte sich eher wundern, wieviel solchem „Journalismus“ immer noch geglaubt wird. Wenn der interessierte Machtpolitiker Schulz als Versachlicher und Instanz von Objektivierung erscheint – dann haben wir es (nur noch und leider, leider) vermeintlich mit Journalismus zu tun.

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