Helfen und Geld geben ist seliger als nehmen, oder?

1.) Die Sprache mit Blick auf die Griechenland-EU-Euro-Krise verdient immer wieder genaues Hinschauen: In den meisten Medien ist fast ständig die Rede von „Geldgebern“ und „Hilfsprogrammen“ – siehe hier aktuell in der FAZ (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/griechenland/hilfsprogramm-verlaengerung-fuer-griechenland-bis-maerz-2016-13637140.html, Aufruf am 10.6.2015, 12.51 Uhr).

Wenn das so einfach wäre, warum nehmen „die Griechen“ die Gaben dann nicht einfach und endlich an? Gemeint ist die derzeitige, demokratisch gewählte griechische Regierung, und wir dürfen vermuten, dass es zumindest aus deren Sicht nicht schlicht um Geschenke von großzügigen Gönnern geht. Warum sagen dann Journalisten hierzulande nicht „Kreditverleiher“ statt „Geldgeber“ und ganz kurz „Programme“ statt „Hilfsprogramme“? Weil das in den PR-Texten der Spitzenvertreter von EU-Kommission, EZB, IWF oder deutscher Bundesregierung schon so schön steht? Mag sein, aber das muss keine Lizenz zum Copy-and-Paste bedeuten. Dann müssen wir auch nicht die verlangten (Worte wie) „Mehrwertsteuerreform“ und „Rentenreform“ nachbeten, sondern können in jenen Fällen ganz konkret sagen: Die Kreditanbieter fordern in Griechenland u.a. eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und eine Senkung der Renten und des Rentenniveaus. Okay, das klingt jetzt vielleicht nicht unbedingt so positiv. Aber sollen professionelle Journalisten positiv klingen? Oder doch eher objektivierend und transparent?

2.) Sprachkritisch betrachtet (die Griechen mögen sagen: „Per Kaleidoskop“ – also „schöne Formen sehen im anderen Licht“ – vielen Dank für dieses schöne Wort, liebe Griechen!), ist es übrigens spannend, dass und warum sich Seele und selig so verschieden schreiben. Das Wort „Seele“ bedeutet laut Duden online vor allem eine „Gesamtheit dessen, was das Fühlen, Empfinden, Denken eines Menschen ausmacht; Psyche“ und stamme ab vom Mittelhochdeutschen „sēle, althochdeutsch sē(u)la, wahrscheinlich zu See und eigentlich = die zum See Gehörende; nach germanischer Vorstellung wohnten die Seelen der Ungeborenen und Toten im Wasser“. Das entsprechende Adjektiv lautet „seelisch“ wie bei „seelischen Problemen“ etc. „Selig“ hingegen heißt derselben Quelle zufolge „von allen irdischen Übeln erlöst und des ewigen Lebens, der himmlischen Wonnen teilhaftig“, wortgeschichtlich (etymologisch) wahrscheinlich herkommend vom Mittelhochdeutschen „sælec, althochdeutsch sālīg, eigentlich = wohlgeartet, gut, glücklich“, wobei auch der Duden hier verkündet: genaue „Herkunft ungeklärt“. Nicht ohne Grund erscheint mir dieses doch etwas „seelenverwandte“ Wortpaar als Kandidat für einen (oder zwei) der ganz vorderen Plätze in der offiziellen Duden-Hitliste der „rechtschreiblich schwierigen Wörter“ (Aufruf Duden online am 10.6.2015, 13.38 Uhr).

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