Von Sebastian Köhler
1.) Die Internet-Gratis-Zeitung „Huffingtonpost“ als post-materielles Medium? Gratis ist eben auch ein relativer Ausdruck: Für die Nutzung wird kaum Geld fällig, allerdings für Honorare auch nicht. Das Medienportal „meedia“ meldete (http://meedia.de/internet/arianna-huffington-verdiente-21-mio-an-verkauf/2013/10/17.html, Aufruf am 24.10.2013, 14.23 Uhr), der Kommunikationskonzern AOL habe 2011 insgesamt 315 Millionen US-Dollar für die HuffPo bezahlt, wovon Gründerin Arianna Huffington ihrerzeit 21 Millionen erhalten habe, also 6,6 Prozent. Zum Vergleich: Mark Zuckerberg hält fast 30 Prozent Anteile an Facebook, Jeff Bezos knapp 20 Prozent an Amazon. Strukturell spannend ist neben der Frage der Eigentumsverhältnisse die nach Umsatz- und Gewinnentwicklung: Die HuffPo arbeitet bereits seit 2010 gewinnbringend: Der Umsatz soll von 60 Millionen (2011) auf 165 Millionen US-Dollar (2013) steigen. Im Jahr 2013 wurde ein Reingewinn von 58 Millionen Dollar erwartet. Das entspräche einer Rendite-Rate von rund 35 Prozent – profitabler geht es kaum, und das nicht zuletzt mit Journalismus, freilich „gratis“.
2.) Springer und Google werden bei der Vermarktung digitaler Werbung so eng kooperieren wie bisher noch kein deutsches Unternehmen mit dem Suchmaschinenweltmarkt-Führer (http://meedia.de/werbung/springer-und-google-kooperieren-bei-vermarktung/2013/11/04.html, Aufruf am 5.11.2013, 12.04 Uhr). Zugleich rät angesichts der neuesten Entwicklungen der Geheimdienstaffären DJV-Chef Michael Konken den Journalisten hierzulande, Giganten wie Google oder Yahoo (die anscheinend sowohl wissentlich als auch unwissentlich NSA-Partner waren/sind) im professionellen Bereich zu meiden (http://kress.de/tagesdienst/detail/beitrag/123769-djv-raet-journalisten-nach-nsa-spitzelei-finger-weg-von-google-und-yahoo.html, Aufruf 5.11.2013, 12.29 Uhr): „Es gibt durchaus andere Suchmaschinen und Anbieter von Email-Diensten, die nach bisherigem Kenntnisstand als sicher gelten“, sagte Konken. Bei vergleichbarem Leistungsspektrum dieser Dienstleister sollten Journalisten wechseln, mindestens aber Verschlüsselungstechniken anwenden. Der Netz-Experte und Journalistentrainer Peter Welchering rät auch daher für Online-Recherchen und Mail-Verkehr zu mindestens vier Fragen vorab – und dabei immer die gute alte Frage „Cui bono?“ (Zu wessen Vorteil – wem nutzt es?) im Hinterkopf habend ( http://de.slideshare.net/welchering/verifizieren, Aufruf am 5.11.2013, 12.36 Uhr): 1.) Von welchem Server wurde die Mail gesendet?, 2. Wem gehört die IP-Adresse? 3. Wo steht der Server (in welchem Land, welcher Region?), 4. Welche Internet-Knotenrechner sind benachbart?
3.) Im Kaleidoskop dreht sich diesmal ein Satz aus der Sendung von „Tagesschau24“ am 29.10.2013, 9.40 Uhr: Es ging um Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Protestierenden in Brasilien und deren Auslöser: „Die Polizisten hatten zuvor versehentlich einen Jugendlichen erschossen“. Wenn das mit dem „versehentlich“ so klar gewesen wäre, hätte es die Zusammenstöße – oder zumindest ihr Ausmaß – vielleicht gar nicht gegeben. Ist aber auch eine reine Spekulation oder eben Glaubensfrage. Wie übrigens genau die Frage, ob die Tötung nun „versehentlich“ oder anders geschah. Nachrichtenproduzenten sollten sich entweder an relativ unbestreitbare Tatsachen halten (es war ein Dienstag, und es geschah in Brasilien), oder eben andererseits auch „Versionen als Versionen kennzeichnen“, wie es Michael Haller seit langem zu Recht fordert. Stichwort Quellen-Transparenz. Und anscheinend sahen Polizei und Protestierende das mit dem „versehentlich“ durchaus kontrovers.