Selbstmord im Wohnmobil?

  1. Die Madsack-Verlagsgruppe aus Hannover hat die Tageszeitung „Märkische Allgemeine“ mit Hauptsitz in Potsdam übernommen, sofern das Kartellamt zustimmt. Diese Zeitung, die „MAZ“, gehörte bisher zur FAZ-Gruppe. Die „MAZ“ hat eine verkaufte Auflage von ca. 140.000 Stück vor allem im westlichen Umland von Berlin, denn sie war zu DDR-Zeiten als „Märkische Volksstimme“ das Organ der SED-Bezirksleitung Potsdam. Spannend ist heute, den Aufstieg von Madsack zum sechstgrößten deutschen Zeitungskonzern zu beobachten. Größter Anteilseigner bei Madsack ist mit 23 Prozent die DDVG, also die SPD-eigene Medienholding. Madsack ist mittlerweile in Deutschland mit 17 regionalen Zeitungen vertreten, unter anderem auch in Leipzig und Rostock, wodurch der Konzern im Osten Deutschlands die Nase vorn hat. Madsack dürfte die durchaus profitable MAZ auch redaktionell in Zentralstrukturen (nicht zuletzt in die Gemeinschaftsredaktion des Verlages in Berlin) einbinden, um weiter Kosten zu senken. Erklärtes Argument der Verleger ist dabei, den Erlösrückgängen wegen der strukturellen Auflagen- und Anzeigenverluste entgegenzuwirken. Das könnte für die Kollegen in und um Potsdam bedeuten, sich noch mehr als bisher auf lokale und regionale Themen zu konzentrieren (vgl. BLZ vom 12. und 15.11., S.33 und 26).
  2. Es gibt zumindest eine fairste (wenn auch keine „fieseste“) Redaktion in Deutschland, wie der Berufsverband „Freischreiber“ bekanntgab. Diesen „Himmel“-Preis verlieh die Mehrheit der 400 Mitglieder an die Zeitschrift „Brand eins“. Dieses Wirtschaftsmagazin aus Hamburg (Auflage der Monatszeitschrift knapp 100.000 Exemplare) soll am besten den Regeln für eine gute Zusammenarbeit mit freien Autoren entsprechen, als da u.a. wären: Honorierung bereits nach Textabnahme, den Autoren wird vor Abdruck die redigierte Endfassung vorgelegt – und sie dürfen nicht zu PR verpflichtet werden. Keine schlechte PR für die „Freischreiber“ und für „Brand eins“.
  3. Der aktuelle Fall der Ermittlungen zur lange zurückgehenden mutmaßlichen Mordserie durch Neonazis ist für Journalisten gerade im nachrichtlichen Bereich inhaltlich und sprachlich durchaus anspruchsvoll. Ein Reuters-Text vom 15.11. enthielt den Satz: „Der offenbar rechtsextremistische Hintergrund der Mordserie zwischen 2000 und 2007 war den Ermittlern nicht aufgefallen und kam erst ans Licht, als Anfang November zwei Mitglieder der Zelle in einem Wohnmobil in Eisenach Selbstmord begingen.“ An welchen beiden Stellen ist hier zu wenig objektiviert worden?
  4. Und noch ein eher banaler Fall aus einem Bericht im Info-Radio am 10.11.: „Seit 1999 hatte junge Menschen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland geboren wurden, im Alter zwischen 18 und 23 Jahren die Möglichkeit, sich zwischen einer Staatsbürgerschaft zu entscheiden.“ Vieles offenbar richtig, bis auf eine Präposition. Welche ist hier die passende?

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