Die „alte Tante“ Tagesschau zieht auch junge Menschen an. Zumindest mehr, als landläufig angenommen: Laut der JIM-Studie (JIM wie Jugend, Information, Multi-Media) des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest (Aufruf am 29.11., 12.30 Uhr) informieren sich auch im Onlinezeitalter Jugendliche häufig im Fernsehen (Jungen übrigens anscheinend häufiger als Mädchen) – fast jeder Zweite (46 %) zwischen 12 und 19 Jahren sehe sich regelmäßig Nachrichten im Fernsehen an. Die „Tagesschau“ ist laut Studie auch bei den Jugendlichen eine Institution: Fast jeder fünfte der rund 1200 telefonisch Befragten (also ca. 19 Prozent) gibt an, regelmäßiger Zuschauer der ARD-Nachrichtensendung zu sein. Mit weitem Abstand folgen „RTL aktuell“ (6%) und „ProSieben Newstime“ (4%). Die Auftraggeber der Studie von der südwestdeutschen Landesanstalt für Kommunikation meinen daher, dass auch im Internetzeitalter dem Fernsehen eine große Bedeutung zukomme, nicht zuletzt als Informationsquelle. Allerdings besteht zu öffentlich-rechtlicher Nachrichteneuphorie kein Grund: Wie schon die Jahre zuvor ist das mit Abstand beliebteste Fernsehprogramm für knapp die Hälfte der Teenies ProSieben. An zweiter Stelle folgt RTL, das von 17% als liebster Sender genannt wird. Und noch viel mehr Leute dieses Alters sind laut Studie in den Netzwerken unterwegs: Der Anteil der Facebook-Nutzer habe sich annähernd verdoppelt (von 37% in 2010 auf 72% in 2011), hingegen habe sich der Anteil des einstigen Marktführers schülerVZ fast halbiert (von 53% in 2010 auf 29% in 2011). Kaum zu glauben aber, dass der Studie zufolge immerhin 44 Prozent der Befragten Bücher und 42 Prozent Zeitungen – ja, Sie lesen richtig: lesen. Mag aber auch sein, die Ja-Sager haben auf Facebook mitbekommen, dass in Zeiten wachsender Wissensklüfte Marktchancen für „Print-Affine“ steigen können.
Fand hier eine Zensur statt? Gut gemeint und schlecht gemacht? Eine Zäsur scheint es auf alle Fälle: Der RBB hat sich von Moderator Ken Jebsen und dessen Sendung „KenFM“ auf dem RBB-Jugendradio „Fritz“ getrennt. Laut „Berliner Morgenpost“ (Aufruf am 30.11., 11.56 Uhr) wehrt sich der wegen Antisemitismusvorwürfen in die Kritik geratene Radiomoderator juristisch gegen seinen Rauswurf beim Rundfunk Berlin-Brandenburg. Der RBB hatte die Zusammenarbeit mit Jebsen in der vergangenen Woche beendet. RBB-Programmdirektorin Claudia Nothelle begründete den Schritt damit, dass sich Jebsen bei seiner Hörfunksendung nicht an Absprachen gehalten habe. Anlass für die Debatten war eine Veröffentlichung durch den Publizisten Henryk M.Broder: Jebsen soll in einer Mail an einen Hörer geschrieben haben, dass er wisse, „wer den Holocaust als PR erfunden“ habe. Zeitgleich mit dem Ende der Zusammenarbeit mit Jebsen hatte Stefan Warbeck „auf eigenen Wunsch“ die Verantwortung für den Sender „Fritz“ abgegeben, wo die Sendung „KenFM“ gelaufen war. Warbeck übernehme damit die Verantwortung für redaktionelle Versäumnisse in der Vergangenheit, hieß es offiziell. Warbeck war seit 2005 Programmchef bei Fritz. Laut RBB-Sprecher bleibt die Fritz-Leitung vorläufig vakant. Der RBB-Rundfunkrat als das Aufsichtsgremium der öffentlich-rechtlichen Anstalt mit seinen 30 Vertretern von gesellschaftlich relevanten Gruppen in der Region soll sich am 15.Dezember mit dem Fall befassen (siehe BLZ 27.11.2011, S.33). Jebsen erklärte derweil, er wolle jedenfalls im Internet mit „KenFM“ weitermachen. Im Netz wiederum, auf der Seite „Achse des Guten“ (Aufruf am 30.11., 15.50 Uhr), wird Henryk M. Broder zitiert mit der Äußerung; „Wenn man einen Irren zehn Jahre lang auf die Bühne lässt, sollte man sich nicht wundern, wenn am Ende der Spielzeit lauter Irre im Saal sitzen und ZUGABE schreien. Well done, RBB!“ Jebsen hatte sich gegen die ersten Vorwürfe Broders verteidigt mit Sätzen wie „Ich mag vielleicht irre sein, aber ich bin kein Antisemit!“ Der Kulturredakteur der „Märkischen Allgemeinen“ in Potsdam, Karim Saab, fasste den Konflikt am 8.11. so zusammen: „Es wäre schlimm, wenn seine (Jebsens, SeK) skeptische Stimme einer noch so gut gemeinten Zensur zum Opfer fiele.“ (www.maerkischeallgemeine.de; Aufruf am 30.11.2011, 15.58 Uhr). Drei Wochen später lässt sich über „gut gemeint“ sicher streiten – über „gut gemacht“ aber nicht mehr.
Und noch ein Blick durch das sprachkritische Kaleidoskop: Im Info-Radio Berlin-Brandenburg war am Morgen des 25.11. in den Meldungen zu hören, dass „Anti-Atomkraftgegner zu Protesten“ unterwegs seien. Den Nachrichtenfaktor „Negativismus“ in allen Ehren: Aber das, was über die Negation der Negation hinausgeht, wird zumindest un-übersichtlich – oder auch einfach un-un-falsch. Nicht wahr?