So ticken JournalistInnen hierzulande derzeit

1.) Forschende von der LMU München stellten dieser Tage ihre Zusammenfassuung einer repräsentativen Befragung von 775 Journalisten (per Telefon oder online zwischen November 2014 und August 2015) vor, die zu einer Bestandsaufnahme des Journalismus in Deutschland verdichtet wurde. Die Ergebnisse zeigen laut den Autoren, dass die Zahl der Journalisten weiter geschrumpft ist, wovon insbesondere hauptberufliche freie Journalisten betroffen sind. Zudem steige das Durchschnittsalter deutscher Journalisten weiter. Politisch stünden die Befragten weiterhin eher im linksliberalen Spektrum und offenbar vor allem den Bündnisgrünen nahe. Die Akademisierung des Berufs schreite fort. Der Anteil von Journalistinnen sei im Zeitvergleich weiter angestiegen, wobei in höheren Positionen immer noch weniger Frauen anzutreffen seien. Die professionelle Autonomie sei in der Selbstwahrnehmung weiterhin sehr hoch. Nach wie vor sei das berufliche Selbstverständnis dominiert von einer neutralen Vermittlerrolle; diese Sicht habe während der vergangenen 20 Jahre sogar an Bedeutung gewonnen. Wichtiger geworden seien in den Augen der Journalisten auch die Bedürfnisse des Publikums sowie die Unterhaltungsrolle. Die Autoren gehen von einem hohen Anpassungsdruck auf die JournalistInnen vor allem im jüngsten Jahrzehnt aus, vor alle durch Ökonomisierung und Digitalisierung (404). JournalistInnen richteten an neuen Logiken der Auswahl, der Interpretation und der Inszenierung aus (406). Anhand von Definitionen von „Journalist“ (mindestens 50 Prozent des Einkommens aus diesem Feld) und von „Redaktion“ (eigenständige Produktion journalistischer Inhalte) bestimmten die Forscher eine Grundgesamtheit von ca. 41.250 Journalisten in Deutschland (411), davon rund 9600 Freie.
Einige konkrete Ergebnisse: Frauenanteil 40 Prozent (2005: 37 Prozent), die politische Einstellung wurde leider nicht mit Parteinähe abgefragt, sondern als Links-Rechts-Skala, dort lag der Mittelwert mit 3,96 näher am linken Pol und darf als Fortschreibung der strukturellen Nähe vor allem zu den Bündnisgrünen interpretiert werden (414). 75,5 Prozent haben studiert, das sind fast sieben Prozentpunkte mehr als 2005. Bei den Freien verfügen sogar 82 Prozent über einen akademischen Abschluss. Die relativ meisten Befragten (fast ein Viertel) bekommen monatlich zwischen 1801 und 2400 Euro (415). Etwas mehr als ein Viertel der JournalistInnen arbeitet multimedial, ist also für mehr als eine Mediengattung tätig (417). Die Artikulationsaufgabe der journalistischen Medien als wichtiger Aspekt ihrer öffentlichen Funktion (siehe Landespressegesetze) wird anscheinend noch immer unterschätzt: In einer aktuellen Studie (420) gaben nur 46,9 Prozent der (2014/2015 befragten) JournalistInnen in Deutschland, es extrem wichtig oder sehr wichtig zu finden, dass sie „den Menschen die Möglichkeit geben, ihre Ansichten zu artikulieren“. Frauen sagten diese immerhin zu 48,9 Prozent, während es bei den Freien sogar nur 37,5 Prozent waren. Das mag darauf hindeuten, dass Redaktionen für feedbackoffenes Arbeiten eher mehr als weniger Ressourcen benötigen.

(STEINDL 2017 – Steindl, Nina; Lauerer, Corinna, Hanitzsch, Thomas: Journalismus in Deutschland. Aktuelle Befunde zu Kontinuität und Wandel im deutschen Journalismus. In: Publizistik, Heft 4/2017, Seite 401-423)

2.) In den ZDF-Nachrichten hieß es am 21.11. um 7.30 Uhr: „Nach Angaben der US-Regierung hätte sich die Lage nach dem schweren Erdbeben auf Haiti 2010 so weit stabilisiert, dass die Menschen zurückkehren könnten.“ Das ist „doppelt gemoppelt“, um die Version der US-Regierung als solche kenntlich zu machen. Wenn die Quelle im Hauptsatz gemeinsam mit dem indirekten Zitat genannt wird, dann sollte in der Wirklichkeitsform, also im Indikativ, getextet werden.

Zum Beispiel: „Laut eigenen Angaben wird sich die SPD Gesprächen nicht verweigern“.

Das sieht auch die Gesellschaft für deutsche Sprache so: Bei Redewiedergaben, die nicht als Redeeinleitung und Rede in einer Hauptsatz-/Nebensatzkonstruktion auftreten, sondern die eine präpositionale Quellenangabe wie z. B. laut, zufolge oder nach enthalten,
heute noch regnen. Nach neuesten Meldungen drohen neue Streiks. Diese Konkurrenzformen der indirekten Rede hört und liest man häufig in Nachrichten oder Zeitungsartikeln, und zum Teil wird hier auch der Konjunktiv gebraucht. In der Fachliteratur besteht aber die Ansicht, dass bei dieser Konkurrenzform der Sprecher lediglich übermittelt, was ein Dritter gesagt hat. Er gibt tatsächlich Geäußertes wieder und bringt nicht seine Haltung zum Gesagten ein. Hierbei handelt es sich formal wie inhaltlich nicht um indirekte Rede, und deshalb ist in Sätzen, die eine präpositionale Quellenangabe verwenden, der Indikativ die zu wählende Form (vgl. Laila Carlsen: Redewiedergebende Sätze mit präpositionalen Quellenangaben. In: Neuphilologische Mitteilungen 95 (1994), S. 467–492; Duden Richtiges und gutes Deutsch, Mannheim 2007, S. 472).

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