1.) Der von mir geschätzte Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen hat heute in der „Zeit“ einen medienkritik-kritischen Essay unter dem Titel „Das gefährliche Raunen“ publiziert (http://www.zeit.de/kultur/2017-10/medienkritik-ideologie-journalismus-gesellschaft, Aufruf am 1.11.2017, 20.30 Uhr). Seine Kernthese mit Blick auf die Mediennutzer hierzulande: „Der Verdacht, von den öffentlich-rechtlichen Medien und vermeintlich übermächtigen Journalisten manipuliert zu werden, ist gewandert – vom rechten Rand bis in die Mitte der Gesellschaft.“ Pörksens Fazit: „Die gegenwärtig kursierenden Theorien der Entmündigung und der Manipulation, Chiffren eines antiliberalen Denkens und einer heimlichen Sehnsucht nach der Revolte, helfen niemand (-em, SeK). Und sie ruinieren das Vertrauensklima, das guter Journalismus bräuchte, gerade jetzt und gerade heute.“ Das finde ich in wichtigen Aspekten doch erstaunlich oberflächlich: Natürlich (sic!) manipulieren alle Medien und alle Journalisten, im Sinne von: Sie greifen ein, bewusst oder auch routiniert, sie haben und sie vertreten Interessen, sie schaffen (natürlich kaum willkürlich) Medien-Realitäten, die den anderen Realitäten mehr oder weniger entsprechen (sollten). Es wäre doch ein Zeichen wachsender Medienkompetenz, wenn diese Erkenntnis weiter wüchse. Und warum „die liberale Mitte“ der aufgeklärtere, ja bessere Teil der Gesellschaft sein soll, womöglich gar ihr „unideologischer“, erschließt sich mir ebenfalls nicht. Dass in unserer Gesellschaft insgesamt „Vertrauensklima“ nicht gerade Konjunktur hat, liegt vielleicht auch im Abschmelzen der „Mitte der Gesellschaft“ durch Sozialabbau und ähnliche allgemeine Krisenerscheinungen. Wenn diese Probleme nicht autoritär oder gar faschistisch gelöst werden sollen, dann haben (wir) Journalistinnen und Journalisten viel zu tun im Sinne der kulturellen Aufgaben öffentlicher Medien zur modernen Demokratisierung von Gesellschaften (wie das schon 1990 ähnlich mein späterer Doktorvater Hans-Peter Krüger mit Bezug auf Bertolt Brecht formulierte). Brecht hatte seinerzeit zwei kluge Vorschläge gemacht: den viel zitierten und dennoch heute aktueller denn je wirkenden Vorschlag, den Rundfunk aus einem Distributionsapparat in einen Kommunikationsapparat zu verwandeln, also mit Perspektivenwechseln und Rückkopplungen vielfältig auf ganz neuem Niveau. Und seine weniger bekannte Offerte, Volksherrschaft als Herrschaft der Argumente zu begreifen. Das bedeutet meines Erachtens die Modellierung von Demokratie als einer informationell aufgeklärten gesamtgesellschaftlichen Verkehrsweise, die in ihren Kognitionen, Kommunikationen und Kooperationen argumentatives Niveau erreicht, also möglichst zwanglos überzeugendes.
2) Sprachkritisch bemerkenswert: „Der ZDF-Komiker Jan Böhmermann sorgte vergangene Woche mit einer 20-minütigen Wutrede gegen die Millennial-Website Bento, ein Ableger von Spiegel Online, für Aufsehen.“ Das schreibt Stefan Winterbauer von der dortigen Chefredaktion im Branchendienst „meedia“. (http://meedia.de/2017/11/01/nach-der-boehmermann-wutrede-warum-der-digitale-boulevard-von-bento-watson-vice-co-besser-ist-als-sein-ruf/?utm_campaign=NEWSLETTER_MITTAG&utm_source=newsletter&utm_medium=email, Aufruf am 1.11.2017, 21.12 Uhr). Es sollte sicher und besser heißen: “ (…) gegen die Millennial-Website Bento, EINEN Ableger von Spiegel Online (… )“. Nur, weil manche Millenials wie auch Andere mit der Kongruenz Probleme haben – also mit der Übereinstimmung von einander entsprechen sollenden Satzteilen in wichtigen Eigenschaften wie hier dem korrekten Fall -, muss man ihnen zumindest in dieser Hinsicht ja nicht nach dem Munde schreiben.