Mit oder mit ohne Hunger auf den alten Hut „Jugendkanal“?

Von Sebastian Köhler

1.) Es ist schwer zu begreifen, dass es in Deutschland zum Beispiel weder ein öffentlich-rechtliches „Familienradio“ gibt noch eine entsprechende multimediale Plattform (ich sage bewusst nicht: „Sender“) für Jugendliche. In Berlin bietet seit August 2013 die Plattform „joiz“ vom Ostbahnhof aus TV-ähnliche, betont interaktive Offerten, als Social-TV-„Sender“, und ab Ende Oktober 2014 soll von Adlershof aus „doppio TV“ als Online-TV-Channel zu Themen wie Lifestyle, Luxus und Reisen zu erleben sein.

Wieder wollten am 16.10. 2014 die Regierungschefs der Bundesländer über den von ARD und ZDF seit Jahren (gefühlt: Jahrzehnten) diskutierten „Jugendkanal“ beraten (http://kress.de/mail/alle/detail/beitrag/128272-swr-intendant-appelliert-an-regierungschefs-junge-brauchen-mehr-als-trash-tv-und-katzenfilmchen.html, Aufruf am 15.10.2014, 21.10 Uhr). SWR-Intendant Peter Boudgoust richtete kurz vor der Entscheidung in einem dpa-Gespräch einen Appell an die Ministerpräsidenten: „Sollen junge Menschen nur die Wahl haben zwischen Brutalo-Videos und Katzenfilmchen auf YouTube und Billig-Trash bei privaten Fernsehsendern? Soll so die mediale Sozialisation zukünftiger Generationen aussehen? Sicher nicht, das kann die Politik nicht wollen.“

Die Regierungschefs der Länder hatten ihre Entscheidung im März vertagt, weil es aus den unionsgeführten Ländern Bayern, Hessen und Sachsen noch Widerstände gab. Zuletzt hatte Sachsen seine Bedenken erneuert. „Ein überzeugendes Konzept liegt aus unserer Sicht noch nicht vor. Auch sind Fragen zum Finanzierungskonzept nach wie offen“, hatte der sächsische Medienminister Johannes Beermann (CDU) laut Medienberichten gesagt.

Boudgoust widersprach dem Minister: „Die Finanzierung für das Jugendangebot steht, bis auf den letzten Cent wird alles aus dem Bestand gestemmt“, unterstrich er gegenüber dpa. Die ARD will 30 Millionen Euro übernehmen, das ZDF 15 Millionen Euro. Auch das fertige Konzept liege längst auf dem Tisch. Die Öffentlich-Rechtlichen wollten mit dem Jugendangebot etwas Neues schaffen, das es so noch nicht gebe: „Ein umfassendes Angebot speziell für Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 29 Jahren, abrufbar auf Smartphone, Tablet und PC und im klassischen Fernsehen, eng verzahnt mit den jungen Radiowellen.“ Es reiche einfach nicht mehr aus, das Hauptprogramm hie und da mit jugendlichen Einsprengseln zu spicken, erklärte Boudgoust. Es sei eine Illusion zu glauben, junge Menschen suchten nach geeigneten Sendungen. „Hier gilt allein das Motto: Wenn das Programm mich nicht findet, kann es nicht interessant für mich sein.“

2.) Sprachkritisch fiel mir folgende Überschrift in der Märkischen Allgemeinen, Lokalseite 15 vom 27.9., auf: „Nie mehr ohne Hunger“. Im Artikel ging es um Frühstück für alle Oberschüler, spendiert von einer Stiftung. Die Überschrift würde aber ziemlich exakt das Gegenteil bedeuten – „Immer mit Hunger“, sofern die Negation der Negation oft die Position bedeutet. Also – warum eine relativ einfache Überschrift wie „Satte Spende gegen Hunger“ oder eben „Nie mehr hungrig“ (bzw. „Nie mehr mit Hunger in der Schule“) oder Ähnliches anbieten, wenn es so schön (falsch und) kompliziert geht.

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