Hölle und Hellseherei auf Erden

Von Sebastian Köhler

1.) Den Negativ-Preis „Höllische Redaktion des Jahres“ des Verbandes „Freischreiber“ für besonders unfairen Umgang mit der wachsenden „Randbelegschaft“ erhielt 2013 der renommierte „Bonner Generalanzeiger“ (http://www.freischreiber.de/aktuelle/hollische-redaktion-2013-der-bonner-generalanzeiger/, http://meedia.de/print/huffpost-fuer-hoelle-preis-nominiert/2013/11/11.html, Aufruf am 21.11.2013, 20.12 Uhr). Der Generalanzeiger zahlt deutlich unter den gewerkschaftlich ausgehandelten Vergütungsregeln. Gegen die Dumping-Honorare klagten rückwirkend zwei langjährige freie Mitarbeiter. Das Landgericht Köln hielt die gezahlten Vergütungen in Höhe von 21 beziehungsweise 25 Cent pro Standard-Zeile für „unangemessen niedrig“ und verurteilte den Verlag zur Nachzahlung von immerhin 40.000 und 10.000 Euro. Ausgerechnet ein Haus, dessen Autoren regelmäßig mit renommierten Journalistenpreisen bedacht werden, weigert sich laut „Freischreiber“ besonders eklatant, langjährige Schreiber angemessen zu bezahlen. Nominiert war auch u.a. neben der öffentlich-rechtlichen „Deutschen Welle“ (Freie müssten ihre Urheber- und Verwertungsrechte dort sehr weitgehend abtreten) die gerade erst gestartete deutsche Ausgabe der Online-Plattform „Huffington Post“ (Focus/Burda): Vor allem die fehlenden Honorare und die Knebelverträge regen die Interessenvertreter auf. O-Ton der Freischreiber in ihrer Nominierungs-Begründung: „So ein Abendkleid von Valentino, wie es die Chefin der Huffington Post gern trägt, das kostet gut und gerne 8000 Euro. Das kann man umso besser hinblättern, wenn man sein Vermögen damit macht, dass man andere für kein Geld schuften lässt.“
2.) Sprachkritisch gesehen und gehört diesmal der erste Meldungs-Satz der Hauptausgabe der Tagesschau im „Ersten“ vom 14.11: „Sigmar Gabriel bleibt für weitere zwei Jahre SPD-Vorsitzender“. Gewiss – kürzer und einfacher geht es kaum, aber geht es vielleicht „richtiger“? Oder anders gefragt – sind bei der Tagesschau jetzt Hellseher am Werk? Der Mann kann morgen oder in einem Jahr, aus absehbaren oder auch aus noch nicht absehbaren Gründen, durchaus nicht mehr SPD-Chef sein – alles mehr als nur denkbar. Warum dann diese Übervereinfachung in einer der sonst exaktesten Nachrichten-Sendungen? Oder fragen wir (zu) einfach zurück: Bleibt ARD-aktuell für weitere zwei Jahre eine der seriösesten Redaktionen hierzulande?

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