1.) Die Auseinandersetzung zwischen ARD und ZDF auf der einen Seite und acht großen deutschen Print-Verlagen auf der anderen Seite geht in die nächste Runde – es dreht sich weiter um die Rechtmäßigkeit der Tagesschau-App für viele Smartphones und Tablet-PCs. Diese ist bisher dank der Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Anstalten ohne weitere Kosten von jedem herunterzuladen. Das stört die Print-Verleger angesichts ihrer extra kostenpflichtigen Angebote – sie argumentieren, die App sei „presseähnlich“, da sie in beträchtlichem Umfange auch Texte enthalte und nicht nur Videos. Das verstoße gegen gesetzliche Vorgaben. Deshalb läuft vor dem Landgericht Köln ein Verfahren zwischen beiden Parteien. Die Chance einer außergerichtlichen Einigung haben ARD und ZDF nun platzen lassen, anscheinend, weil sie sich in Apps wie jener aktuellen der Tagesschau nicht auf fast reine Bewegtbild-Kommunikation beschränken lassen wollen (vgl. BLZ 2.5.2012, Seite 30). Der Hintergrund scheint mir spannend: Solche Apps sind für ARD und ZDF einer der ganz wenigen erfolgversprechenden Wege, an jüngere Leute (also unter 60 Jahre, oder noch besser, unter 40 Jahren) heranzukommen. Dass sie dennoch auch auf einen gewissen Textanteil setzen angesichts der Anziehungskräfte von Video-Material, finde ich im Sinne der Vielfalt und weiter Spektra der gesellschaftlichen Kommunikation sinnvoll und dennoch gewagt – junge Menschen schauen wohl viel lieber, als sie lesen. Für ARD und ZDF wäre es daher sicher sowohl gegenüber der Jugend im Lande als auch gegenüber den Verlegern viel einfacher, weitgehend auf Texte in den Apps zu verzichten. Dass die Öffentlich-Rechtlichen nicht diese Wege des geringsten Widerstandes gehen, mag mancher als Dinosaurierverhalten belächeln – ich tue das nicht. Lächerlich finde ich eher die Argumente von Verleger-Vertretern wie Helmut Heinen oder Franz Sommerfeld, die zahlungspflichtige Apps als „Signal für Qualitätsjournalismus“ verstanden wissen wollen. Nach dem Motto – nur, wofür man (extra) zahlt, das schätzt man wert und das ist dann auch gut. Vielleicht könnten ja von den seit einigen Jahren zumindest von den ganz großen Verlagen immer wieder offiziell vermeldeten Rekordumsätzen oder -gewinnen einige Gelder (mehr als bisher) in den „Qualitätsjournalismus“ gesteckt werden – damit auch dieser weiße Schimmel endlich beerdigt werden könnte. Denn gäbe es einen Journalismus ohne Qualität und Qualitäten? Da tun sich auch ohne Smartphones und Internet ganz alte Abgründe auf, oder eben „App-Gründe“.
2.) Marktbeherrschung und Leistungsschutzrecht – Marcel Weiß geht davon aus (vgl. Freitag, 12/2012, S.11), dass die großen Medienkonzerne versuchten, die digitale Konkurrenz unter Kontrolle zu bekommen. Am Beispiel der sehr wirksamen Zusammenarbeit auf der Internetplattform „Guttenplag“ lässt sich Weiß zufolge erkennen, dass diese kollaborativen Akteure kaum Besitz- oder Verwertungsansprüche für die Ergebnisse ihrer Kooperationen stellten, sondern einfach auf das Zusammenspiel und Zusammenwirken aus seien – wie auch die Netzwerke der Linux-Entwickler etc. Hier geht es, so Yochai Benkler („The Wealth of Networks), um „commons based peerproduction“, also um gemeinschaftsbasierte Zusammenarbeit von sich ähnelnden Individuen und Gruppen. Patent- oder Besitzrechte stören dabei – wenn diese ausgedehnt werden, gewinnen vor allem die großen Konzerne, deren Geschäfte nicht zuletzt auf der Anhäufung von Rechten beruhen.
Bestimmte Ergebnise solcher gemeinschaftlichen Plattformen wie „Guttenplag“ werden von etablierten Medienunternehmen gerne und „kostenlos“ genutzt, aber natürlich auch von neuen wie Google News, jeweils, um selber Umsatz und Gewinn zu machen. Spannend erscheint nun das Verhältnis zwischen alten und neuen Medienunternehmen: Google News und ähnliche Plattformen aggregieren Medieninhalte zu einer neuen Art von „Presseschau“, freilich schneller und weiträumiger als jene: Die Unternehmen werten Inhalte vieler anderer Angebote aus (sowohl kommerzieller als auch nicht-kommerzieller), verbinden Inhalte verschiedener Anbieter zum gleichen Thema, ordnen ein und gewichten. Weiß sieht dies als Schaffung von relativ neutralen Überblicken, die zugleich den Webauftritten der tradierten Konzerne durch die Funktionalitätt als „Trafficlieferant“ Nutzer und Clicks bringe. Doch für dieses Geben und Nehmen wollten im Frühjahr 2012 tradierte Medien-Konzerne wie in Deutschland vor allem Springer per Leistungsschutzrecht (noch mehr) Geld – Springer hatte gerade erst für das Geschäftsjahr 2011 Rekordgewinne gemeldet. Weiß sieht dadurch tendenziell die Vielfalt der neuen Akteure im Journalismus gefährdet – Google kann diese Forderungen so oder so aushalten, aber mittlere und kleinere Akteure würden verschwinden. Den Verlagen wie Springer gehe es darum, Neuerungen, die nicht aus ihren Häusern kommen, „im Keim zu ersticken“. Viele Formen der Informationsaufbereitung und -verbreitung, welche die „Presse“ tangierten, würden durch ein solches Leistungsschutzrecht zumindest erheblich erschwert – ohne dass bei den Journalisten selbst viel ankäme von etwaigen Schutzgeldern.
3.) In der Zeitung „Potsdam am Sonntag“ hieß es am 25.3.2012 auf Seite 1 unter der Überschrift „Zehntausend gegen Fluglärm“ mit Bezug auf dapd: „Der Landtag in Potsdam hatte eine entsprechende Volksinitiative abgelehnt, laut Schubert werde inzwischen ein Volksbegehren vorbereitet.“ Immerhin ist im Text die Quelle angegeben, aber der Satz stimmt zitationstechnisch dennoch nicht. Wie ginge es besser?
Das ist ziemlich dichter Stoff zum Lesen. Aber ich finde es interessant.
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