Ressourcen für Journalismus – auch für die feinen Unterschiede zwischen „drohen“ und „warnen“

1.) Journalismus als moderne Erscheinung dürfte meist beides (gewesen) sein – Ware und Kulturgut. Oft war oder ist er vor allem Mittel zum Zweck, zahlkräftige Publika (mit-) zu beschaffen, für Werbe-, PR- oder Marketingbotschaften, oder auch für politische bzw. anderweitige Propaganda. Doch diese tradierten Bindungen sind längst prekär, und die Suche nach neuen (Wegen zu alten) Ressourcen läuft auf Hochtouren. Ich finde dieses Suchen auch deshalb wichtig, weil Journalismus bei allen Risiken vielleicht mehr denn je Chancen hat, selbst zum Zweck zu werden, als nicht zuletzt Mittel zu Zwecken wie Geld- oder Machterwerb zu bleiben.
Welche Wege werden sichtbar, um Ressourcen für Journalismus zu gewinnen?
Zunächst zu Varianten von marktgängigem Journalismus: Die bekannte Querfinanzierung über Werbemärkte bleibt weiterhin ein Weg. Siehe die Werbevideos vor journalistischen Videos auf Webseiten etc. (vgl. auch Matthias Kurp: Die Finanzierungslücke. In: MenschenMachenMedien, Berlin, Heft 1/2016, Seite 6ff.). Im Netz wird längst versucht, Inhalte direkter zu verwerten. Mit „closed paywalls“ oder mit Mischsystemen für Paid Content, hierbei mit „Freemium“-Modellen (nur ein Teil des Gesamtangebotes ist gratis nutzbar) oder auch mit „Metered Models“, bei denen eine bestimmte Anzahl von Beitragen frei nutzbar ist.
Inwiefern sollten Redaktionen mit großen Intermediären wie Facebook und Google zusammenarbeiten? Wichtige Verlage (SPON, SZ, FAZ, ZEIT etc.) beteiligten sich an der „Digital News Initiative“ von Google, um an Geld und Know How zu kommen. Der Springer-Verlag entwickelte mit Samsung die Nachrichtenapp Upday.
Facebook hatte mit seinen „Instant Articles“ ein Erfolgsrezept für sich gefunden: Nutzer konnten auf der Plattform bleiben und Beiträge von Bild oder Spiegel dort lesen. Google und Apple entwickelten Ähnliches – sie alle lockten die Verlage mit größerer Reichweite, Werbeeinahmen und Nutzerdaten. Problem dabei: Die Intermediäre bauen ihren Stellungen aus.
Springer und New York Times investierten Millionen, um am Digital-Kiosk Blendle beteiligt zu sein. Diese Kioske wie auch Pocketstory oder Newscase hießen nun News-Aggregatoren – es ging um entbündelte Vermarktung einzelner Beiträge. Problem hier: Häppchen-Journalismus statt Vielfalt.
„Social publishing“ schien ein weiterer Weg: werbefinanzierte Online-Angebote nach dem Vorbild von BuzzFeed. 2015 hatten u.a. Zeit (ze.tt), Spiegel (bento) und Bild (BYou) neue Portale für junge Nutzer gestartet. Bunte Geschichten, auch in Verbindung mit „Native Advertising“, also Werbung, die wie redaktioneller Inhalt wirkt. Nutzer sollten per App oder Social Media noch personalisierter angesprochen werden.
Journalismus gilt weiterhin als „meritorisches Gut“: die zahlungskräftige Nachfrage privater Nutzer bleibt hinter dem sozial erwünschten Ausmaß in demokratisch verfassten, wirtschaftlich kapitalistischen Gesellschaften zurück.
Was tun? Aus den USA sind Stiftungsmodelle bekannt. Wichtiges Beispiel war die gemeinnützige Organisation ProPublica, die vom Milliardär Herbert M. Sandler finanziell gestartet wurde. Auch in Deutschland gab es 2016 Ansätze für Stiftungen, allerdings mehr aus der Politik, u.a. in NRW und Hessen. Problem hier: eher Zusatz- als Grundversorgung.
Die Gesellschaft könnte Journalismus noch mehr fördern, direkt durch finanzielle Zuwendungen oder indirekt durch Steuernachlässe. Forscher wie Marie-Luise Kiefer entwickelten Modelle in Richtung möglichst markt- und machtferner Selbstorganisation von Journalisten, die auch selbst über die genauen Bedarfe und die Ressourcenaufteilung entscheiden sollten. Problem: Schnell wird der Staat als Machtapparat wirksam (siehe die Abhängígkeiten der öffentlich-rechtlichen Anstalten in Deutschland).
Alternativer Vorschlag hier: Journalismus sei gemeinnützig und somit von Abgaben zu befreien. 2014 wurde Deutschlands erstes gemeinnütziges Recherchebüro gestartet – Correctiv. Der Redaktion standen für die ersten drei Jahre von der Brost-Stiftung drei Millionen Euro zur Verfügung. Andere Stifter und Spender kamen hinzu, der Milliardär George Soros spendete im April 2017 100.000 Euro an Correctiv – Perspektive soll sein, dass aus dem Stiftungs- ein Community-Modell wird.
Gemeinschaftsmodelle per Mitgliedschaft wie „Crowdfunding“ versuchen auch Medien wie Krautreporter, Prenzlauer-Berg-Nachrichten oder der Guardian: Im Jahr 2015 führte der Guardian ein Mitgliedsschaftssystem ein. Unterstützer zahlten 5 £ im Monat, Partner 15 £ und Patrone 60 £ im Monat. Sie sollten profitieren durch Vorteile wie Vorrang bei Buchungen und Rabatte bei Veranstaltungen. Im Februar 2017 gab es 200.000 Unterstützer, der Guardian strebte bis zum Jahr 2019 an, diese auf eine Million zu erhöhen. Dadurch solle eine Paywall vermieden werden.
Auch Genossenschaften sind ein ähnliches Modell: Die „taz“ und die „junge Welt“ in Berlin haben als Tageszeitungen Genossenschaften im Rücken – die taz mit ca. 15.000 Mitgliedern, die jW mit mehr als 2000 Mitgliedern, mit jeweils 500 Euro pro Anteil.
Insgesamt zeigen sich hier viele, ja vielfältige Möglichkeiten, um Ressourcen für Journalismus zu erschließen – wenn wir sie nur entdecken und entfalten (können) und nicht von Markt- oder Machtfetischisten daran gehindert werden.

2.) Zur Sprach- und Stilkritik: Die Rheinische Post schrieb wie viele andere: „Nordkorea droht trotz Warnung der USA mit „wöchentlichen“ Raketen-Tests“ (http://www.rp-online.de/politik/ausland/nordkorea-droht-trotz-warnung-der-usa-mit-woechentlichen-raketen-tests-aid-1.6761407, Aufruf am 18.4.2017, 19.57 Uhr). Die einen drohen, die anderen warnen. Dem jüngst verstorbenen Publizisten Eckart Spoo (1936 bis 2016) verdanke ich den Hinweis, hier genauer hinzuschauen. Denn in der Sache meinen die beiden Verben Ähnliches: Ich fordere jemanden auf, etwas mir Unpassendes nicht zu tun. Falls doch, würde ich dieses Verhalten bestrafen. Freilich macht auch hier der Ton die Musik: „warnen“ klingt neutral bis positiv, „drohen“ hingegen klar negativ. Und sieh einer an – die „Guten“ warnen, und die Bösen „drohen“. Sprache sagt über die Sprechenden anscheinend mindestens so viel aus wie über das Besprochene.

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