1.) Der Philosoph Guillaume Paoli bestimmt in seinem sehr lesenswerten Buch „Die lange Nacht der Metamorphose. Über die Gentrifizierung der Kultur“ (Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2017) auf Seite 84 Plattformen wie Facebook, Instagram etc. als „asoziale Netzwerke“. Das scheint mir auf jeden Fall erklärungskräftiger als das Nachplappern der PR-Selbstdarstellung der Konzerne als „soziale Netzwerke“ oder „soziale Medien“. Paoli begründet seinen Sprachgebrauch mit Blick auf jene zahllosen Communitys, die kaum etwas miteinander teilten: Diese spiegelten eine wachsende Segmentierung wider, die sowohl in Arbeitsprozessen als auch im Konsum vorherrsche.
2.) Eine Prise aktuelle Sprachkritik: Im Potsdamer Ableger des „Tagesspiegel“, der „PNN“, schreibt Henri Kramer über den Stichwahlkampf im Oberbürgermeisterrennen in Potsdam (https://www.pnn.de/potsdam/potsdam-vor-der-stichwahl-potsdamer-ob-kandidaten-gehen-in-die-offensive/23154974.html, Aufruf am 7.10.2018, 12.20 Uhr). Es geht um die Wahl zwischen Mike Schubert (SPD) und Martina Trauth (parteilos, für die Linke“): Kramer im Wortlaut:
„Auch hätte die SPD die Stadt und die Mieter „an Spekulanten ausgeliefert“, so Trauth. Sie fordert einen Mietenstopp bei der kommunalen Bauholding Pro Potsdam.“
Ein Fehler und eine Fragwürdigkeit: „Hätte“ ist in einem informationsbetont sein sollenden Beitrag falsch, weil es die Form des Konjunktiv II ist. Damit drückt der Autor maximale Distanz zum Zitat aus. Er sieht das offenbar anders, glaubt es nicht, weiß es besser. „Hätte“ wirkt hier als Kommentar. Richtig ist an der Stelle der Konjunktiv I, die Form der relativ neutralen Wiedergabe von Gesagtem: „Auch habe die SPD die Stadt und die Mieter „an Spekulante ausgeliefert“, so Trauth“.
„So“ würde wiederum Wolf Schneider kritisieren, weil es kein Verb ist. „So“ hat meines Erachtens jedoch die Vorteile, dass es kurz und relativ neutral ist. Aber wir können statt dessen auch „sagen“ oder „äußern“ verwenden, beides ebenfalls kurz, zudem relativ neutral (im Gegensatz zu „beweisen“ oder aber „lügen“), und vor allem: beides Verben, die wir aktiv verwenden können.